Unternehmensdurchsuchung – die ersten 30 Minuten sind oft entscheidend

Augen sehen beobachten suchen
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In den letzten Jahren sind einige Fälle durch die Presse gegangen, in denen Ermittlungsbehörden bei größeren Unternehmen Durchsuchungen durchgeführt haben. Für die betroffenen Unternehmen ist das immer unangenehm – denn die Öffentlichkeit nimmt solche Presseberichte über Durchsuchungen meist ohne weitere Reflektion zur Kenntnis. Wie soll man reagieren, wenn die Staatsanwaltschaft vor der Tür steht? Das Richtige zu tun und Schaden vom Unternehmen abzuwenden fällt umso schwerer, je weniger man vorbereitet ist.

Wann dürfen Ermittlungsbehörden eine Durchsuchungsmaßnahme ergreifen?

Viele meinen, dass Durchsuchungen nur bei schweren Straftaten in Betracht kommen – schließlich handelt es sich um eine Ermittlungshandlung mit hoher staatlicher Eingriffsqualität. Tatsächlich sind aber im Gegenteil die Voraussetzungen, unter denen eine Durchsuchung durchgeführt wird, gering: Wenn der Verdacht einer Straftat besteht und zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird, darf sie angeordnet werden. Entscheidend ist dabei das in § 102 StPO enthaltene kleine unscheinbare Wort „verdächtig“. Damit ist der so genannte Anfangsverdacht gemeint. Der ist immer dann gegeben, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat vorhanden sind. Meist bekommen Ermittlungsbehörden solche Anhaltspunkte von anderen Behörden mitgeteilt, oder jemand erstattet bei der Ermittlungsbehörde Strafanzeige und legt seine – einseitige – Sicht der Dinge dar.

Das Gefährliche an beiden Konstellationen ist, dass derjenige, der so in das Visier der Ermittlungsbehörde geraten ist, vor einer Durchsuchungsmaßnahme gar nicht befragt wird, um den Verdacht zu entkräften. Denn dann wüsste der Verdächtige ja Bescheid, dass bei ihm durchsucht werden soll, und könnte in aller Ruhe etwaige Beweismittel beiseiteschaffen und so den Ermittlungserfolg der Durchsuchung gefährden. So kann es dann zu der unschönen Situation kommen, dass selbst hervorragend aufgestellte Unternehmen mit solch einer Maßnahme konfrontiert werden, etwa weil der Verdacht von Korruption oder einer Steuerstraftat – möglicherweise mutwillig platziert – besteht. Wenn das passiert, stellt sich die Frage: Was nun?

Verhalten in Durchsuchungsfällen

Es gibt natürlich kein Patentrezept, wie man sich in einer Durchsuchungssituation verhalten soll bzw. muss. Dies hängt sehr stark vom jeweiligen Einzelfall ab. Gleichwohl gibt es einige Verhaltensregeln. Vor allem auf die ersten Minuten kommt es an. Wichtig ist hier insbesondere, dass vom Pförtner bis hin zum Management jeder Bescheid weiß, was zu tun ist. Dafür muss mit einer Organisationsanweisung gesorgt sein. Der Pförtner muss wissen, wen er benachrichtigt, wenn die Ermittlungsbeamten eintreffen. Es muss jemand geben, der den Durchsuchungsbeschluss prüft – zumindest ein juristisch erfahrener Mitarbeiter, am besten ein Jurist. Denn schon hier stellt man die Weichen, ob und gegebenenfalls wie man die Durchsuchungsmaßnahme dulden muss und wie sich das Ermittlungsverfahren weiter entwickeln wird. Und am Ende muss klar sein, wer das Durchsuchungsprotokoll prüft und gegebenenfalls unterzeichnet.

Fazit

Egal, ob die Staatsanwaltschaft selbst, ein Hauptzollamt in Steuersachen oder eine sonstige Behörde vor der Tür steht: Jedes Unternehmen sollte darauf achten, dass Richtlinien bzw. Verhaltensanweisungen in schriftlicher Form vorliegen, an die entsprechenden Mitarbeiter verteilt und von diesen auch zur Kenntnis genommen worden sind. Zudem bietet es sich an, die Mitarbeiter im Umgang mit solchen Situationen zu schulen bzw. auch aktiv solche Situationen in regelmäßigen Abständen zu simulieren.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke

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