Endlager Nordsee – Dänemark will CO2 verpressen

(c) BBH

Ohne allzu sehr zu übertreiben, kann man sagen: Carbon Capture and Storage, das kurz CCS genannte Verpressen des Klimagases Kohlendioxid im Erdboden, ist in der Bundesrepublik derzeit vom Tisch. Zu groß die Widerstände von Anwohnern, zu groß auch die Angst von Kommunal- und Landespolitikern vor der Wut der Wähler. Entsprechend hat Niedersachsens Landesregierung am 21.8.2012 einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, der in Ausnutzung der „Länderklausel“ im CCSG die einzelnen Bundesländern ermächtigt, CCS auf ihrem Landesgebiet auszuschließen; Schleswig-Holstein will folgen. Von dem vor einigen Jahren publizierten Plan von RWE, ein großes CO2-Lager in der salinen Aquifere vor Sylt in der Nordsee zu installieren, ist schon deswegen wohl endgültig nicht mehr die Rede.

Norddeutschland, so schien es bis vor wenigen Tagen, durfte sich sicher fühlen vor den Gefahren des im Untergrund verpressten CO2. Auf einmal aber sieht die Sache wieder anders aus: Die dänische Energiebehörde (Energi Styrelsen) plant, CO2 in fast ausgeförderten Erdgas- und Erdölstätten in der Nordsee zu speichern. Von dort bis zur deutschen Küste ist es nicht weit.

Im vor allem betroffenen Landkreis Nordfriesland schlagen die Wellen hoch. Hier ist man sich durchweg einig, dass ein CCS-Lager durch die dänische Hintertür entschieden abzulehnen ist. Schließlich waren die Nordfriesen nicht erbitterte Gegner eines deutschen CO2-Lagers im Meeresboden, damit nun die Dänen die umstrittene Technik auf ihrem Grund und Boden umsetzen. Denn die Auswirkungen, vor denen sich die Bürger Schleswig-Holsteins fürchten, wären nicht territorial begrenzt.

Glücklicherweise lässt die Europäisierung des Umweltrechts die Betroffenen nicht ganz allein: Die UVP-Richtlinie zwingt die europäischen Mitgliedstaaten, auch die Bürger anderer, möglicherweise territorial betroffene Mitgliedstaaten anzuhören. Damit können die betroffenen Deutschen immerhin noch bis Mitte September zu den Plänen Dänemarks Stellung nehmen.

Viele hoffen nun, dass auch in Dänemark nicht so heiß gegessen wie gekocht wird. Denn trotz der Pläne der staatlichen Behörden, CO2 im Untergrund zu verpressen, ist noch nicht gesagt, dass es wirklich so kommt. Denn die Energiebehörde würde auch bei positivem Ausgang des Anhörungs- und Prüfungsverfahrens für ein Endlager nicht selbst aktiv. Stattdessen sollten private Unternehmen die Speicherung von CO2 aufnehmen. Hier gibt es aber offenbar bis jetzt noch keinen konkreten Interessenten. Angesichts des derzeit niedrigen Kurses für Emissionsberechtigungen und der Unsicherheiten bei der künftigen Preisentwicklung ist es ja möglicherweise gar nicht mehr so attraktiv, für viel Geld CO2 zu speichern, statt am Markt schlicht Emissionsberechtigungen für die Entlassung von CO2 in die Atmosphäre zu kaufen.

Überdies finden die aufgebrachten Friesen möglicherweise auch auf der anderen Seite der Grenze noch Verbündete. Schließlich gab es auch bereits in der Vergangenheit Pläne, in Dänemark CCS auszuprobieren: 2009 wollte Vattenfall in Jütland eine CO2-Lagerstätte errichten. Damals hat die entschiedene Protesthaltung der Bevölkerung der weiteren Entwicklung dieser Pläne ein Ende gesetzt. Es mag sein, dass auch diesmal die Betroffenen auf beiden Seiten der Grenze im hohen Norden eine CO2-Lagerstätte in der Nordsee letztlich verhindern.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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