Adios Heizwertklausel!?!

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Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft der Zukunft
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Die Heizwertklausel wird bald der Vergangenheit angehören. Der deutsche Gesetzgeber hat jetzt auf die Bedenken der EU-Kommission reagiert. Bereits am 2.5.2016 hatte das Bundesumweltministerium (BMUB) den Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) veröffentlicht (wir berichteten in unserem Newsletter zum Abfallrecht). Jetzt hat das Kabinett den entsprechenden Regierungsentwurf beschlossen (BT-Drs. 18/10026).

Aber der Reihe nach: Worum ging es hier noch gleich?

Die europäische Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL, 2008/89/EG) schreibt den EU-Mitgliedstaaten eine fünfstufige „Abfallhierarchie“ vor. Nach dieser stehen die abfallwirtschaftlichen Maßnahmen zur

  • Vermeidung von Abfällen,
  • die Vorbereitung zur Wiederverwendung,
  • das Recycling,
  • die sonstige (thermische) Verwertung und
  • die Beseitigung von Abfällen

in einer grundsätzlichen Prioritätenfolge. Die Reihenfolge findet sich auch in § 6 KrWG wieder. Als das Kreislaufwirtschaftsgesetz am 1.7.2012 in Kraft trat, war es dem Gesetzgeber jedoch noch nicht möglich, für alle relevanten Abfallarten die Vorgaben der Abfallhierarchie zu konkretisieren. Grund war, dass es im Einzelfall überaus komplex war, die Abfallhierarchie anzuwenden und zu bestimmen, welche Verwertung für bestimmte Abfallarten unter Umwelt- und Ressourcenschutzgesichtspunkten am besten ist. Vor allem schien die Konkretisierung hinsichtlich der stofflichen und energetischen Verwertung nicht adäquat möglich, so dass sich der Gesetzgeber eine Auffang- und Übergangsregelung in Form der Heizwertklausel schuf: Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KrWG gilt die energetische und die (eigentlich vorrangige) stoffliche Verwertung als gleichrangig, wenn der Heizwert des einzelnen Abfalls, ohne Vermischung mit anderen Stoffen, mindestens 11.000 Kilojoule pro Kilogramm beträgt. Gleichzeitig ist in der Klausel festgeschrieben, dass die Bundesregierung die Regelung bis zum 31.12.2016 überprüft. Ergebnis der Überprüfung: Die Regelung soll abgeschafft werden.

Die Europäische Kommission hatte bereits seit Längerem verlautbaren lassen, dass diese Regelung ihrer Ansicht nach nicht mit der AbfRRL in Einklang stehe. Sie leitete deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren (Nr. 2014/2003) ein. Die deutsche Seite hielt die Bedenken der EU-Kommission zwar für unbegründet, darauf ankommen lassen wollte man es dann aber wohl doch nicht.

In den Brennkammern deutscher Müllheizkraftwerke (MHKW) dürfte daher zukünftig wohl wieder etwas mehr Platz für anderweitiges Material sein, denn viele der dort bislang verwerteten Abfälle werden in Zukunft für diese Art der Energieerzeugung nicht mehr zur Verfügung stehen. Auswirkungen sieht die Bundesregierung vor allem für folgende Abfallströme: gewerbliche Siedlungsabfälle, nicht mineralische Bau- und Abbruchabfälle, Klärschlämme, Kunststoffabfälle, Altreifen, Sperrmüll und gefährliche Abfälle aus der chemischen Industrie.

Aus Sicht der Betreiber von MHKW und auch der Abfallproduzenten ist der Vorstoß der Bundesregierung wenig erfreulich. Für sie heißt es nun umdenken und nach Alternativen suchen. Im Recyclingbereich hingegen dürften sich neue Möglichkeiten ergeben, denn schließlich verschwindet der betroffene Abfall nicht einfach, sondern muss – ganz entsprechend der Abfallhierarchie – jetzt stofflich verwertet werden. Bleibt also abzuwarten, wie der Markt auf die Gesetzesänderungen reagiert.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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