Begrenzung der EEG-Umlage für stromkostenintensive Unternehmen: Jetzt geht’s ans Zurückzahlen

(c) BBH
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Über ein Jahr lang hing es wie ein Damoklesschwert über der stromkostenintensiven Industrie – das Beihilfeverfahren der EU-Kommission zum EEG 2012 (wir berichteten). Es ging um ihre weitgehende Befreiung von der EEG-Umlage in den Jahren 2013 und 2014 im Rahmen der so genannten besonderen Ausgleichsregelung. Enorme Nachzahlungen drohten. Jetzt hat die Kommission am 25.11.2014 das Verfahren abgeschlossen – die befürchteten Nachzahlungen sind nicht ausgeblieben, halten sich aber in vergleichsweise moderatem Rahmen.

Sie erinnern sich?

Die Kommission sieht die Förderung der Erneuerbaren Energien nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG 2012) als staatliche Beihilfe an, hält sie aber grundsätzlich für vereinbar mit dem europäischen Beihilfenrecht. Dass die stromkostenintensiven Unternehmen die EEG-Umlage nur begrenzt zahlen müssen, sieht die Kommission indessen als Beihilfe, die teilweise rechtswidrig ist. Über die Einschätzung der Europäischen Kommission kann man trefflich streiten (das Bundeswirtschaftsministerium zum Beispiel sieht das in ihrem Infopapier weiter anders), und gestritten wurde darüber in 2014 auch zu Genüge (wir berichteten). Der Streit wurde im letzten Sommer nicht rechtlich, sondern politisch entschieden (wir berichteten), was angesichts der durchschnittlichen Verfahrensdauern an den europäischen Gerichten das einzig Richtige war. Dass jetzt das Beihilfeverfahren am 25.11.2014 auch formell abgeschlossen wurde, kam nicht unerwartet, wurde in Berlin aber dennoch erleichtert zur Kenntnis genommen.

Umsetzung, aber pronto

Nachdem somit das Drama auf der europäischen Bühne beendet ist, hat nun das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) begonnen, Bescheide an eine Reihe von Unternehmen zu versenden, die in den Jahren 2013 und 2014 von der Begrenzung der EEG-Umlage profitiert haben. Das BAFA hebt hierin die Begrenzungsbescheide für die Jahre 2013 und 2014 teilweise auf und ordnet eine entsprechende Nachzahlung unmittelbar an den jeweils regelungszuständigen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) an. Mancher war verblüfft, wie schnell das BAFA auf den Kommissionsbeschluss reagierte. Daran gibt es nichts auszusetzen, auch im Interesse der Unternehmen nicht: Denn das BAFA kann nach eigenem Bekunden über die Begrenzungsanträge für das Jahr 2015 erst entscheiden, wenn der geschuldete Betrag bezahlt ist. Dem Ziel, die Kommissionsentscheidung möglichst schnell abzuwickeln, ordnet sich auch unter, dass die Elektrizitätsversorger, die die EEG-Umlage eigentlich an die ÜNB abführen müssten, dabei außen vor bleiben und auch nicht wie sonst eine Zweitschrift des Bescheides erhalten.

Was muss nun rückabgewickelt werden?

Bundesregierung und Kommission haben sich darauf geeinigt, dass Unternehmen, deren Begrenzung der EEG-Umlage über das nach den Energie- und Umweltbeihilfeleitlinien zulässige Maß hinausgeht, nachzahlen müssen. Das Infopapier des BMWi erklärt das Verfahren folgendermaßen: „Um den Rückzahlungsprozess zügig abzuwickeln, geht das BAFA in zwei Schritten vor.

  • In einem ersten Schritt ermittelt das BAFA auf Basis der erteilten Begrenzungsbescheide und der darin zugrunde gelegten Daten (Bruttowertschöpfung, Stromverbrauch, Stromkosten etc.), in welchem Maße die gewährte Begünstigung die nach den Leitlinien zulässige Begünstigung überstiegen hat. Der so ermittelte, vorläufige Rückzahlungsbetrag muss von den betroffenen Unternehmen unverzüglich gezahlt werden.
  • In einem zweiten Schritt wird das BAFA dann den tatsächlichen Stromverbrauch  in den Jahren 2013 und 2014 heranziehen, um den endgültigen Rückzahlungsbetrag zu ermitteln. Sofern zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen Rückzahlungsbetrag eine Differenz besteht, wird diese dem jeweiligen Unternehmen erstattet bzw. ist von diesem nachzuzahlen.“

Die EEG-Umlage wird jedoch beschränkt nachgefordert. Der Anpassungsplan der Bundesregierung sieht nach dem Infopapier vor: „Der dazu entwickelte Anpassungsplan begrenzt die zu leistende Zahlung auf maximal 125 % (für 2013) bzw. 150 % (für 2014) der nach dem EEG 2012 für 2013 ermittelten EEG-Zahlung. Das bedeutet: Ein Unternehmen muss für 2013 maximal ein Viertel und für 2014 maximal die Hälfte des Betrages nachzahlen, der sich nach dem EEG 2012 für das Jahr 2013 an EEG-Umlage ergibt.“

Nach Informationen des BMWi sind danach insgesamt rund 450 Unternehmen betroffen. Das gesamte Volumen der Rückzahlungen liegt bei etwa 40 Mio. Euro. Gegenüber dem Gesamtumfang der Begrenzungsbescheide für die Jahre 2013 und 2014, der gut 11 Mrd. Euro betrug, bewegen sich die Nachzahlungen zwar in einem vergleichsweise niedrigen Bereich; für Einzelne können sie allerdings dennoch eine nicht unerhebliche Herausforderung sein.

Und nun?

Erfreulich ist, dass – so jedenfalls die Auskunft der Behörde – mittlerweile alle Rücknahmebescheide erlassen sind. Unternehmen, deren Begrenzungsbescheide unberührt geblieben sind, müssen also, wenn sie in den nächsten Tagen keinen Rückforderungsbescheid mehr erhalten, wohl nicht mehr mit einer Zahlungsaufforderung der Behörde rechnen. Das BAFA hat außerdem mitgeteilt, dass Ende diesen beziehungsweise Anfang nächsten Jahres alle nicht betroffenen Unternehmen eine schriftliche Mitteilung bekommen, auf deren Grundlage sie dann ihre bereits gebildeten Rücklagen auflösen können.

Ob ein Widerspruch oder ein gerichtliches Vorgehen gegen die Nachzahlungen erfolgversprechend ist, wird man überlegen müssen. Zunächst ist abzuwarten, was das BAFA im angekündigten zweiten Schritt unternehmen wird. Denn die Praxis zeigt, dass die (angenehme) Eile nicht immer zum richtigen Ergebnis geführt hat. Dass die Widerspruchsfristen zu beachten sind, ist ein zu klärendes MUSS! Einen weiteren Blick verdient die Entscheidung der Kommission. Denn unabhängig von der Frage, ob die Rückforderungsbescheide aus anderen Gründen rechtswidrig sind, ist für die Zahlungspflicht entscheidend, ob die Kommission das EEG zu Recht als Beihilfe eingeordnet hat. Das wird auch die Bundesregierung zu prüfen haben. Der Weg zu dieser Klärung allerdings ist lang und führt zwingend nach Luxemburg (wir berichteten). Der politisch sensibelste Weg ist er auch nicht. Aber das muss nicht das Maß der Dinge sein….

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Jens Vollprecht/Andreas Große/Dr. Markus J. Kachel/Dr. Tigran Heymann

PS:  Sie interessieren sich für die Entscheidungspraxis des EuGH betreffend den Zugang zu nationalen Fördersystemen, insbesondere unter „Åland“? Dann schauen Sie doch einmal hier.

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