BGH urteilt über die Ausgestaltung von Preisklauseln bei der Fernwärmeversorgung

Wärmelieferanten, die ihre Preise nachträglich anpassen wollen, müssen dafür Vertragsklauseln vereinbaren, die auf transparente Weise an die Entwicklung der Kosten und an die Entwicklung des Marktes anknüpfen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt in zwei Grundsatzurteilen entschieden – wir hatten dazu bereits berichtet. Die Urteilsgründe stehen zwar noch aus, aber auch aus der Pressemitteilung des VIII. Zivilsenats lassen sich erste interessante Rückschlüsse darüber ziehen, wie rechtssichere Preisanpassungsklauseln beschaffen sein müssen.

Wie der BGH zunächst – entgegen einiger erstinstanzlicher Urteile – klarstellt, ist Maßstab für die Kontrolle der Preisanpassungsklauseln § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV, der als Spezialvorschrift den allgemeineren Vorschriften des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vorgeht. Er sieht vor, dass eine Preisanpassungsklausel über ein Kosten- und ein Marktelement verfügen muss.

In dem einen Fall (Az. VIII ZR 273/09) stellte die Klausel auf die Preisentwicklung von leichtem Heizöl (HEL) als einzigem variablen Formelbestandteil ab – obwohl die Wärme durch Erdgas erzeugt wurde und überhaupt nicht ersichtlich war, ob und welche Rolle HEL bei der Entwicklung der Erdgasbezugskosten spielen soll. Dies wertete der BGH als Fehlen des erforderlichen Kostenelementes.

Im anderen Fall (Az. VIII ZR 66/09) beinhaltete die Preisanpassungsklausel zwar ein Kostenelement, allerdings sei dem Kunden nicht offen gelegt worden, wie sich der Preis berechne. Insoweit fehle es an der notwendigen Transparenz.

Beide Klauseln hatten als Marktelement HEL. Dies blieb nach den Ausführungen in der Pressemitteilung unbeanstandet, so dass wohl davon auszugehen ist, dass in der Wärmeversorgung der Wärmemarkt nach wie vor mit HEL abgebildet werden kann.

Klargestellt ist auch, dass es sich bei der Frage, ob das Kostenelement eingehalten wurde, immer um eine Frage des Einzelfalls und letztlich auch der Nachweisführung im Prozess handelt.

Klarheit schafft der BGH schließlich auch in der Frage, ob solche Fehler in der Preisanpassungsklausel den Kunden berechtigen, die Zahlung zurückzuhalten. Prinzipiell geht das nur, wenn die Rechnung offensichtlich falsch ist (§ 30 AVBFernwärmeV). Das schließt nach Meinung des BGH, in Abweichung vom Wortlaut des § 30 AVBFernwärmeV, aber nicht aus, die Rechnung aus Gründen, die in der Vertragsgestaltung liegen, anzuzweifeln. Damit können die Kunden in solchen Fällen die Zahlung des erhöhten Preises verweigern.

Ansprechpartner: Stefan Wollschläger/Ulf Jacobshagen

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