Born to be complicated – Änderungen im Finanzmarktrecht

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Als Start einer unregelmäßigen Blogreihe „Born to be complicated – Änderungen im Finanzmarktrecht“ wollen wir gleich mit einer Preisfrage beginnen: Was haben Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel wohl mit Emissionsrechten gemeinsam?

A: Gar nichts.

B: Sie alle sind übertragbar und können an Börsen gehandelt werden.

C: Es handelt sich bei allen um Finanzinstrumente.

Die richtige Antwort lautet: B – und C! Was nämlich unter einem Finanzinstrument zu verstehen ist, ergibt sich zum einen aus dem Kreditwesengesetz (KWG) und zum anderen aus dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Die Vorschriften dienen nicht zuletzt der Umsetzung der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Directive, kurz „MiFID“). Mit den tiefgreifenden Änderungen durch die neue Richtlinie 2014/65/EU (besser bekannt als „MiFID II“), die am 3. Januar 2018 wirksam wurden, gelten jetzt auch CO2-Zertifikate unter der Emissionshandelsrichtlinie als Finanzinstrumente. Das ergibt sich bereits aus Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 sowie Anhang I Abschnitt C Abs. 11 der MiFID II und findet sich seit dem 3. Januar 2018 auch in § 1 Abs. 11 Nr. 9 KWG sowie § 2 Abs. 4 Nr. 5 WpHG.

Der europäische Gesetzgeber hat sich zu dieser Zäsur entschieden, um die Integrität der Spot-Sekundärmärkte für Emissionszertifikate zu fördern und deren Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Unseriöse und betrügerische Geschäftspraktiken im Emissionshandel, wie sie 2014 bekannt wurden (wir berichteten), sollen künftig im Keim erstickt werden. Sämtliche Handelsaktivitäten mit Emissionsrechten fallen damit in die Schneise (finanz)aufsichtsrechtlicher Vorgaben aus dem europäischen wie dem nationalen Recht. Und das heißt vor allem: Bestimmte Dienstleistungen in Bezug auf Emissionszertifikaten benötigen eine Erlaubnis der BaFin gemäß § 32 KWG!

Aber nicht den Kopf in den Sand stecken! Blättert man nämlich ein bisschen im neuen KWG, so stößt man noch auf diese oder jene Ausnahme, die dem einen oder anderen wahrscheinlich einen Stein vom Herzen fallen lässt. So benötigen etwa Anlagenbetreiber oder Luftfahrzeugbetreiber, die nur ihre Pflichten nach dem TEHG erfüllen wollen und dazu Eigengeschäfte mit Emissionszertifikaten betreiben, keine Erlaubnis (§ 32 Abs. 1a S. 3 Nr. 2 KWG). Es drängen sich noch zahlreiche weitere Fragen auf: Was müssen Händler für Emissionszertifikate künftig beachten? Wie wird denn nun die sog. „Nebentätigkeitsausnahme“ berechnet? Und stimmt es, dass künftig jeder, der etwas mit Emissionszertifikaten zu tun hat (Anlagenbetreiber, Zertifikatehändler, Beteiligungsgesellschaft…) die umfassenden Pflichten nach dem Geldwäschegesetz erfüllen muss? Bleiben Sie dran!

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau/Dr. Tigran Heymann

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