Bundesnetzagentur will Informationen über Vergleichspartner 2006 herausgeben

(c) BBH
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Netzbetreiber, die mit der Bundesnetzagentur (BNetzA) 2006 einen Vergleich geschlossen haben, können dies nicht geheim halten. Auf diesen Standpunkt stellt sich jedenfalls die BNetzA, die sich mit dem Antrag eines Gutachters auseinanderzusetzen hat. Dieser fordert Informationen, wer Vergleiche geschlossen hat und was sie enthalten, und beruft sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Die BNetzA hatte zunächst dem Antragsteller die Vergleichstexte anonymisiert zugesandt, aber der war damit nicht zufrieden und wollte weiter wissen, welche Netzbetreiber genau diesen Vergleich eingegangen waren. Das will ihm die BNetzA jetzt mitteilen.

Hintergrund des Streits ist, dass im Jahr 2006 die BNetzA Daten von Netzbetreibern veröffentlichen wollte, die sie aus dem ihr gemäß §§ 21 Abs. 3 EnWG, 22 StromNEV, 21 GasNEV geführten Vergleichsverfahren hatte. 115 Netzbetreiber beschwerten sich und schlossen schließlich vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf erfolgreich einen (wortgleichen) Vergleich mit der BNetzA. Die BNetzA verpflichtete sich in den Vergleichen nur bestimmte – nicht unternehmensindividuelle – Daten zu veröffentlichen und jegliche weitere Veröffentlichungen zu unterlassen.

In diese Vergleiche fordert besagter Gutachter Einblick. Die Vergleichstexte wurden ihm (anonymisiert) bereits übersandt. Mithin weiß er, was im Vergleich steht. Er möchte aber weiter wissen, welche Unternehmen diese Vergleiche geschlossen haben. Warum er diese Information haben möchte, hat er der BNetzA auch auf deren Nachfrage nicht mitgeteilt.

Die Sicht der BNetzA

Mit Bescheid vom 18.5.2015 hat die BNetzA beschlossen, ihm auch diese Informationen zu geben. Die BNetzA begründet ihre Entscheidung damit, dass es sich bei der Benennung der Unternehmen, die den Vergleich im Jahre 2006 geschlossen haben, nicht um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gemäß § 6 IFG handelt. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind nach Auffassung der BNetzA auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse befassen danach im Wesentlichen technisches Wissen, Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen.

Vor diesem Hintergrund geht die BNetzA davon aus, dass es sich bei der Benennung der Unternehmen, die an den Vergleichen beteiligt waren, lediglich um Geschäftsgeheimnisse handeln könnte. Ein berechtigtes Interesse an deren Nichtverbreitung bestände, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, den Marktkonkurrenten kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Das sei hier nicht der Fall.

Abschließend überzeugend ist diese Argumentation nicht. Bei einem Antrag nach dem IFG kommt es darauf an, ob die Information Rechte Dritter betrifft und deren Interesse an einer Geheimhaltung schutzwürdiger ist als das Informationsinteresse des Antragsstellenden. Was ein Geschäftsgeheimnis ist, steht im IFG selbst nicht drin. Die Gesetzesbegründung verweist auf das Wettbewerbsrecht und auf eine Entscheidung (Urt. v. 10.5.1995, Az. 1 StR 764/94) des Bundesgerichtshofs (BGH) zu § 17 Abs. 2 UWG (BT-Drs. 15/4493, S. 14). Danach sind unter einem Geschäftsgeheimnis Tatsachen zu verstehen, die nach dem erkennbaren Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen, die ferner nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und damit nicht offenkundig sind und inhaltlich der Betriebsinhaber deshalb ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat, weil eine Aufdeckung der Tatsachen geeignet wäre, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.

Der Antragsteller will nicht nur die Firmennamen, sondern hat auch den Vergleichtext schon bekommen. Das lässt die BNetzA außer Betracht, wenn sie lediglich auf die aktuell geforderten Firmennamen abstellt. Für die Einordnung als Geschäftsgeheimnis spricht, dass die Information nicht offenkundig ist (insoweit sieht das die BNetzA noch genauso) und zum anderen Rückschlüsse auf rein interne Angelegenheiten der Unternehmen möglich wären. Der Informationsgehalt dürfte zwar gering sein (z. B. der Netzbetreiber wehrt sich gegen Beschlüsse; der Netzbetreiber ist Vergleichsschlüssen gegenüber offen), kann aber auch (vermeintliche) Rückschlüsse auf das Unternehmen bieten (z. B. fällt negativ im Vergleich auf, sonst wäre der Veröffentlichung sicher nicht entgegen getreten worden).

Was kann man tun?

Die betroffenen Netzbetreiber können jetzt gegen den Bescheid der BNetzA Widerspruch einlegen, innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides. Anders als sonst, wenn man gegen Entscheidungen der BNetzA vorgeht, kommt es nicht zu einem Gerichtsverfahren vor dem OLG, sondern nur zu einem Verfahren vor der Widerspruchsbehörde.

Der Widerspruch hat eine aufschiebende Wirkung. Mithin wird, solange das Widerspruchsverfahren anhängig ist, der Antragsteller den Unternehmensnamen des betreffenden Netzbetreibers nicht erfahren, § 8 Abs. 2 Satz 2 IFG.

Ansprechpartner: Stefan Wollschläger

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