Bundesregierung stellt Strom- und Energiesteuerentlastung für Produzierendes Gewerbe um

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Die geltenden besonderen Entlastungsmöglichkeiten für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes (UdPG) bei der Strom- und Energiesteuer laufen Ende 2012 aus. Dabei geht es um eine allgemeine Entlastung um 25 Prozent und um den so genannten Spitzenausgleich, der eine weitere Entlastung um bis zu 90 Prozent (abzüglich eines Schwellenwerts) ermöglicht.

Die Bundesregierung hatte bereits Ende 2010 angekündigt, in diesem Jahr eine Nachfolgeregelung zu erarbeiten. Nach einigen Verzögerungen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) jetzt erstmals die Eckpunkte des Referentenentwurfs bekannt gegeben.

Entlastung soll bleiben

Die Regelungen einfach zu verlängern, ist aus Gründen des europäischen Beihilfenrechts nicht möglich: Die Klimaschutzvereinbarung zwischen Deutschland und der deutschen Wirtschaft vom 9. November 2000 läuft ebenfalls zum 31. Dezember 2012 aus und kann damit nicht mehr als Gegenleistung für die Gewährung steuerlicher Begünstigungen dienen. Eine Fortführung dieser Klimaschutzvereinbarung (oder einer neuen vergleichbaren Vereinbarung) ist nicht gewollt. Aus Sicht der Bundesregierung ergäbe sich anderenfalls ein Konflikt mit dem Grundsatz, dass eine beihilfenrechtliche Ausnahme grundsätzlich auf 10 Jahre beschränkt sein müsse. Außerdem bestehe das praktische Problem, welche Branchen von der Vereinbarung umfasst sein sollten.

Bereits in ihrem Energiekonzept vom 28. September 2010 hat die Bundesregierung aber versichert, dass die Entlastungsmöglichkeiten fortgelten und eine Nachfolgeregelung gefunden werden soll. Das Gesamtvolumen der bestehenden Steuervorteile in Höhe von ca. 2,3 Mrd. Euro soll beibehalten werden; dieses Ziel hat das BMF nochmals ausdrücklich bestätigt.

Den rechtlichen Rahmen für die Nachfolgeregelung setzt einerseits das europäische Beihilfenrecht und andererseits – letztlich ausschlaggebend – die so genannte Energiesteuerrichtlinie. Danach können besondere Entlastungen gewährt werden, wenn „gleichwertige Regelungen“ umgesetzt werden, mit denen Umweltschutzziele erreicht oder die Energieeffizienz erhöht wird (Art. 17 Abs. 1 lit. b EnergieStRL). Ob diese Vorgaben eingehalten werden, wird von der Europäischen Kommission überprüft.

Maßstab Effizienzmaßnahmen

Die Neuregelung bedeutet notwendigerweise eine Systemumstellung. Denn die Rechtfertigung für den Spitzenausgleich besteht nicht mehr in einer globalen Vereinbarung, sondern soll in Effizienzmaßnahmen liegen, die von dem jeweiligen begünstigten Unternehmen erbracht werden müssen. Das gilt nicht für die derzeitige allgemeine Steuerentlastung von 25 Prozent. Die soll unverändert bestehen bleiben. Die Neuerungen betreffen daher nur den (neuen) Spitzenausgleich. Sie sehen zwei Stufen vor:

In den Jahren 2013 und 2014 soll die Entlastung grundsätzlich nur noch gewährt werden, wenn das Unternehmen ein zertifiziertes Energiemanagementsystem (EnMS) durchführt. Ebenso wie für den Antrag auf besondere Ausgleichsregelung §§ 40 ff. EEG soll dabei eine Zertifizierung nach EMAS oder DIN EN 16001 erforderlich sein. Bestehende Zertifizierungen werden anerkannt. Für Unternehmen, die bislang keine solche Zertifizierung durchführen, wird grundsätzlich vorausgesetzt, dass sie in 2013 mit der Durchführung beginnen und diese spätestens bis Ende 2014 abgeschlossen haben. Da für kleinere Unternehmen eine Zertifizierung aber unverhältnismäßig teuer sein kann, sollen diese gleichwertige alternative Maßnahmen treffen können. Die Details hierzu wurden allerdings noch nicht festgelegt und sollen Gegenstand einer Verordnung sein, welche im Nachgang zum Gesetz erlassen wird.

Ab dem Jahr 2015 soll die Entlastung nach dem BMF-Vorschlag zusätzlich davon abhängig gemacht werden, dass das Unternehmen ein jährliches Einsparziel von 0,9 Prozent bei Energieerzeugnissen (Erdgas, Heizöl etc.) und bei Strom von 1,2 Prozent erreicht. Die Details für die Berechnung, ob das Einsparziel erreicht wurde und wie dies nachzuweisen ist, sollen ebenfalls noch durch Verordnung konkretisiert werden. Diese soll aber folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Maßstab ist nicht eine Einsparung beim Energieverbrauch in absoluten Zahlen, sondern das Erreichen des Einsparziels im Vorjahresvergleich. Wenn etwa eine Geschäftserweiterung oder Produktionssteigerung zu einem höheren (absoluten) Energieverbrauch führt, soll dies nicht schaden.
  • Berücksichtigt werden sollen nur (neu eingeführte) technische Maßnahmen und nicht Einsparungen, die durch Verhaltensänderung (z. B. durch eine Dienstanweisung an die Mitarbeiter zu stromsparendem Verhalten) erreicht werden.
  • Da die BMF-Vorgaben für die Einsparziele linear auf ein Jahr bezogen sind, Investitionen aber einerseits unregelmäßig vorgenommen werden und andererseits in der Regel jeweils zu höheren Einsparungen als die vorgenannten Zielwerte führen, sollen Übererfüllungen durch eine Maßnahme auf die Folgejahre angerechnet werden können.
  • Der Nachweis der Einsparziele soll durch unabhängige Gutachter bestätigt werden. Nach Auffassung des BMF könnte die behördliche Anerkennung bzw. Überwachung dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übertragen werden. Das BAFA ist derzeit bereits zuständig für die Entscheidung über Anträge auf besondere Ausgleichsregelung nach den §§ 40 ff. EEG und soll demgemäß über die entsprechende Expertise verfügen.

Wie es weitergeht

Bis Jahresende soll die Ressortabstimmung (u. a. BMU und BMWI) abgeschlossen sein. Ende Dezember wird der abgestimmte Entwurf den Verbänden zur Verfügung gestellt, die bis Mitte Januar Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Das Bundeskabinett soll am 15.  Februar 2012 über den Gesetzesvorschlag entscheiden, damit das parlamentarische Verfahren bis zur Sommerpause 2012 abgeschlossen werden kann.

In Kraft treten sollen die neuen Regelungen zum 1. Januar 2013. Nach Abschluss des nationalen Gesetzgebungsverfahrens müssen die Regelungen aber noch notifiziert und durch die Europäische Kommission beihilfenrechtlich genehmigt werden (sofern die Bundesregierung – so wie derzeit vorgesehen – tatsächlich das Notifizierungsverfahren wählt und nicht den Weg über die so genannte allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung [AGVO] geht). Aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit ist nicht zu erwarten, dass die Kommission innerhalb eines halben Jahres bereits ihre Genehmigung erteilen wird. Damit wird voraussichtlich mit dem – vorläufigen – Inkrafttreten der Regelungen Anfang 2013 eine gewisse Rechtsunsicherheit bleiben, dass die Kommission die Regelungen wieder kassiert.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Daniel Schiebold/Andreas Große/Niko Liebheit

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