Bundesregierung will Verordnung über abschaltbare Lasten fortentwickeln

(c) BBH
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Flexibilität ist das Zauberwort, wenn es um die Zukunft der Energiewirtschaft geht. Ob beim Strommarktgesetz (wir berichteten) oder bei der Sicherheit von Elektrizitätsversorgungssystemen: Allenthalben liest man, dass „Flexibilitätspotentiale“ an- und ausgereizt werden sollen. Gemeint ist damit schlicht, Erzeugung und Verbrauch von elektrischer Energie aufeinander abzustimmen. Was Großverbraucher anbelangt, funktioniert das hauptsächlich über die Verordnung zu abschaltbaren Lasten (kurz: AbLaV). Zur Erinnerung: Die AbLaV lief ursprünglich bis 31.12.2015 und wurde dann zunächst um ein halbes Jahr bis Ende Juni verlängert (wir berichteten). Jetzt hat die Bundesregierung übergangsweise bis Ende September die nochmalige Fortgeltung der AbLaV beschlossen. Auch der gem. § 13 Abs. 4a  EnWG beteiligte Bundestag hat zwischenzeitlich grünes Licht gegeben. Zwar steht die Neuauflage der AbLaV schon in den Startlöchern, weil aber notwendige Anpassungen im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) noch ausstehen, war eine zweite Verlängerung für den Übergang erforderlich.

Die Geschichte der AbLaV wird nämlich fortgeschrieben: So ist die Neuauflage, die die noch geltende Fassung ersetzen soll, jetzt von der Bundesregierung beschlossen worden. Damit macht die Bundesregierung klar, dass das bisherige System – jedenfalls zunächst bis zum 1.7.2022 – fortgeführt werden soll. Sie stellt sich damit auf einen anderen Standpunkt als die Bundesnetzagentur (BNetzA), die noch im vergangenen September evaluiert hatte, dass „der Ansatz der AbLaV sich in der Praxis nicht bewähren konnte“. Neben den kritischen Stimmen gab es aber auch Einschätzungen, die bei der AbLaV durchaus Entwicklungspotential erkannt haben, wie die der Deutschen Energie-Agentur (dena) im Februar 2015 in ihrem Ergebnispapier Marktentwicklung Lastmanagement in Deutschland.

Verbessern bzw. entwickeln wollte auch die Bundesregierung einiges: Der Ausschreibungsrhythmus wird von monatlich auf wöchentlich verkürzt. Dies soll den Wettbewerb um die ausgeschriebene Abschaltleistung befeuern. Aus diesem Grunde wurde auch beim Leistungspreis nachjustiert: Dieser wird in Zukunft nämlich ebenfalls wettbewerblich nach dem Pay-as-bid-Verfahren ermittelt und ist auf 500 Euro/MW gedeckelt.

Aufhorchen sollten auch kleine Anbieter, denn nach dem Entwurf sollen zukünftig auch Verbraucher mitbieten können, die (nur) an der Mittelspannungsebene angeschlossen sind. Und auch von der Öffnung der Ausschreibungen für kleinere Anbieter ab 10 MW wurde bislang nicht abgerückt. Die hierfür erforderliche Änderung des EnWG muss allerdings noch auf den Weg gebracht werden. Auch die EU-Kommission muss noch ihr „OK“ aus beihilferechtlicher Sicht geben, bevor die neue Verordnung in Kraft treten kann.

Ob sich die AbLaV in ihrer novellierten Fassung in der Praxis bewähren und – wie erhofft – weitere Flexibilitätspotentiale erschließen wird, bleibt abzuwarten. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau/Dr. Tigran Heymann,
 

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