Die KWKG-Novelle 2016 – Was bringt das neue Gesetz?

(c) BBH
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Am 23.9.2015 hat die Bundesregierung den Entwurf zum Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz 2016 verabschiedet. Am 6.11.2015 findet die erste Beratung im Bundestag statt. Noch im Laufe dieses Jahres soll das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen und gleichzeitig eine beihilfenrechtliche Überprüfung durch die EU-Kommission durchgeführt werden, damit das neue Gesetz am 1.1.2016 in Kraft treten kann.

Was sind die wesentlichen Neuregelungen des KWKG 2016?

Keine Förderung von KWK-Strom außerhalb eines Netzes der allgemeinen Versorgung (mit wenigen Ausnahmen)

KWK-Strom soll künftig nur noch förderfähig sein, wenn er in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird. Davon sind nach dem Gesetzentwurf nur Anlagen mit einer elektrischen Leistung bis zu 100 kW sowie der Einsatz der KWK-Anlage in stromkostenintensiven Unternehmen ausgenommen. Darüber hinaus soll nicht mehr gefördert werden, wenn der KWK-Strom in ein geschlossenes Verteilernetz oder eine Kundenanlage eingespeist wird. Dezentrale Versorgungskonzepte in der Industrie, im Gewerbe und in der Wohnungswirtschaft werden mangels KWK-Förderung künftig kaum noch umgesetzt werden. Es steht zu befürchten, dass wichtige Wärmesenken und zahlreiche Anwendungsfälle für die KWK wieder mit Heizkesseln versorgt werden. Die Wärmewende ist damit auf dem Weg in eine Sackgasse.

Förderung von neuen, modernisierten und nachgerüsteten KWK-Anlagen

Anlagen, die in ein Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen, werden weiterhin gefördert, wobei die Fördersätze angehoben und die Förderdauer angepasst wird. Neuanlagen mit einer elektrischen Leistung von mehr als 50 kW können eine Förderung über eine Dauer von 30.000 Vollbenutzungsstunden erlangen. Für Neuanlagen mit einer kleineren Leistung sind nur noch 45.000 Vollbenutzungsstunden vorgesehen. Gegenüber der bisherigen Möglichkeit, die Zuschlagszahlungen über 10 Jahre mit teils deutlich mehr als 5.000 Vollbenutzungsstunden pro Jahr zu beanspruchen, schrumpft die Förderung somit nicht unerheblich. Modernisierungen dürfen künftig frühestens 5 bzw. 10 Jahre nach Aufnahme des Dauerbetriebs stattfinden. Gefördert werden kann dann über einen Zeitraum von 15.000 bzw. 30.000 Vollbenutzungsstunden.

Trotz der angehobenen Fördersätze ist bei den derzeitigen Strommarktbedingungen nicht zu erwarten, dass es zu einem nennenswerten Ausbau der KWK kommen wird. Die künftigen Bedingungen entsprechen vielmehr den Verhältnissen in der Vergangenheit, in denen die Förderung die niedrigen Strompreise nicht ausgleichen und damit kein genügender Anreiz für eine Investition in die Kraft-Wärme-Kopplung gesetzt werden konnte.

Einführung einer Bestandsanlagenförderung

Damit nicht hocheffiziente KWK-Anlagen in der öffentlichen Versorgung stillgelegt werden müssen, kann man künftig für Bestandsanlagen eine KWK-Förderung erhalten. Nachdem ein erster Referentenentwurf noch einen Schwellenwert von 10 MWel vorsah, verlangt der Regierungsentwurf nun eine Leistung von mehr als 2 MWel. Bestandsanlagen sind im Übrigen nur förderfähig, wenn der Strom auf Basis von gasförmigen Brennstoffen erzeugt wird und die Anlagen nicht durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)  oder ansonsten nicht mehr durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) gefördert werden.

Anspruch auf die Bestandsanlagenförderung haben danach nicht die „Early Mover“, das heißt Betreiber von KWK-Anlagen, die bereits in den letzten Jahren in ihre Anlagen und damit in eine effizientere Energieerzeugung investiert haben. Obwohl diese Anlagenbetreiber auch von den niedrigen Strompreisen betroffen sind, werden sie gegenüber solchen Betreibern, die bislang abgewartet haben, benachteiligt. Letztere können nämlich ab 2016 die Bestandsanlagenförderung (1,5 Ct/kWh) oder die Förderung von neuen, modernisierten oder nachgerüsteten Anlagen mit den erhöhten Fördersätzen (zum Beispiel für Anlagen bis 50 kW künftig 8 Ct/kWh statt bisher 5,41 Ct/kWh) in Anspruch nehmen. Ein Ausgleich könnte dadurch geschaffen werden, dass lediglich die Inanspruchnahme einer Förderung nach dem neuen KWKG die Bestandsanlagenförderung ausschließt, eine laufende Förderung nach dem KWKG 2012 insoweit aber nicht im Wege steht.

Verpflichtung zur Direktvermarktung

Ähnlich wie im EEG müssen Betreiber von KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung von mehr als 100 kW den erzeugten KWK-Strom direkt vermarkten oder selbst verbrauchen. Die Möglichkeit, eine kaufmännische Abnahme vom Netzbetreiber zu verlangen, verbleibt nur Betreibern von KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung von bis zu 100 kW.

Für KWK-Anlagen bis 250 kWel gilt die neue Regelung nicht, wenn der Dauerbetrieb bis zum 30.6.2016 aufgenommen wird. Unverständlich ist dagegen, warum auch eine Übergangsregelung für KWK-Anlagen bis 100 kWel, die bis 31.12.2016 in Dauerbetrieb genommen werden, vorgesehen ist, da diese ohnehin von der Verpflichtung zur Direktvermarktung ausgenommen sind.

Kein Zuschlag bei negativem Strompreis

Um einen systemdienlichen Betrieb von KWK-Anlagen sicherzustellen, wird die neue KWK-Förderung nicht mehr für Zeiträume ausgezahlt, in denen der Strompreis negativ ist. Entsprechende Zeiträume sollen zugunsten des Anlagenbetreibers aber nicht auf die Förderdauer angerechnet werden. Anlagenbetreiber sind verpflichtet, die in der betroffenen Zeit eingespeisten Strommengen zu melden. Tun sie das nicht, findet ein pauschaler Abzug vom Förderanspruch statt. Dabei ist unklar, wie sich dies auf die Anzahl der Vollbenutzungsstunden auswirken soll. Besondere Schwierigkeiten dürfte die Abwicklung kleiner Anlagen bereiten, die nicht über RLM-Zähler verfügen und deshalb keine viertelstundengenaue Messung machen können.

Eine entsprechende Vorschrift ist bereits aus dem EEG bekannt. Dort verringert sich die Förderung aber erst, wenn der Strompreis in mindestens sechs aufeinanderfolgenden Stunden negativ ist. Außerdem sind Anlagen unter 500 kWel von der Regelung befreit.

Förderung von Netzen und Speichern

Die Förderung von Wärme- und Kältenetzen sowie Wärme- und Kältespeichern wird nahezu unverändert fortgeführt. Die jeweiligen Förderdeckel je Projekt werden verdoppelt. Die Auszahlung der Förderung erfolgt künftig unmittelbar durch den Übertragungsnetzbetreiber.

KWK-Umlage für Letztverbraucher

Auch weiterhin bleibt es für die Belastung der Letztverbraucher mit der KWK-Umlage dabei, dass größere Stromverbraucher und Unternehmen des produzierenden Gewerbes privilegiert sind. Der Grenzwert wird hierfür jedoch von 100.000 kWh auf 1 GWh erhöht. Im Übrigen wird eine neue Definition der Abnahmestelle in das Gesetz aufgenommen. Danach ist es kaum noch möglich, mehrerer Entnahmepunkte zu einer Abnahmestelle zusammenzufassen, wie etwa die Straßenbeleuchtungsanlagen einer Stadt (vgl. BGH, Urt. v. 24.4.2013, Az. VIII ZR 88/12 – wir berichteten).

Übergangsregelungen

Die Förderung nach dem KWKG 2012, das heißt auch die Förderung von Eigenstrom, gilt für alle KWK-Anlagen, die bis zum 31.12.2015 den Dauerbetrieb aufnehmen. Betreiber von KWK-Anlagen, die bis 30.6.2016 den Dauerbetrieb aufnehmen, können wählen zwischen der Förderung nach dem KWKG 2012 oder KWKG 2016, wenn die KWK-Anlage bis zum 31.12.2015 immissionsschutzrechtlich genehmigt wird oder bis zu diesem Zeitpunkt eine verbindliche Bestellung der Anlage vorliegt.

Wie geht es weiter?

Es ist davon auszugehen, dass einige Regelungen im Gesetzgebungsverfahren noch angepasst werden. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen derzeit die Bestandsanlagenförderung sowie die Förderung von KWK-Strom, der nicht in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird. Die Abgrenzung der Förderung nach Netzen ist nicht sachgerecht. Auch Kraft-Wärme-Kopplung in geschlossenen Verteilernetzen trägt ihren Anteil zur Flexibilität und Effizienz der Stromerzeugung bei. Entscheidend muss sein, ob die Strommenge aus der KWK-Anlage mit der EEG-Umlage belastet ist. Dies richtet sich nicht nach der Nutzung eines Netzes, sondern danach, ob eine „Lieferung“ von Strom vorliegt.

Was bringt nun das Gesetz?

Manche erhalten (zumindest ein wenig) mehr Förderung, wobei aber zweifelhaft ist, ob hierdurch ein ausreichender Anreiz für eine Investition in die Kraft-Wärme-Kopplung geschaffen oder zumindest die Stilllegung von KWK-Anlagen verhindert werden kann. Andere gehen zukünftig gänzlich leer aus und müssen Alternativen für die dezentrale Versorgung mit KWK-Anlagen finden.

Ansprechpartner: Ulf Jacobshagen/Dr. Markus Kachel

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