Die Mehr- und Mindermengenabrechnung wird erwachsen

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Auf die Netzbetreiber kommt im nächsten Jahr einiges an Arbeit zu. Ab dem 1.4.2016 werden die Prozesse, in denen Mehr- und Mindermengen an geliefertem Strom und Gas im Vergleich zum Standardlastprofil (SLP) abgerechnet werden, standardisiert. Zentrale Forderung ist die lieferstellenscharfe Abrechnung im Rahmen vorgegebener Fristen. Das will vorbereitet sein.

Die Mehr- und Mindermengenabrechnung (MMMA) war schon immer integraler Bestandteil der Liberalisierung. Wenn Energielieferanten Strom oder Gas in die Netze einspeisen, bekommen sie vielfach ihr Geld zunächst auf Basis einer vorläufiger Verbrauchsprognose, wie sie durch Standardlastprofile ermöglicht wird. Dabei ergeben sich natürlich ständig Abweichungen zwischen dieser Prognose und dem, was Haushalte und Unternehmen am Ende tatsächlich verbraucht haben. Diese Differenzen müssen irgendwann glatt gezogen werden.

In der Praxis wurde das aber vor allem im Strombereich oft lange vernachlässigt, den Netzverordnungen zum Trotz. So überrascht es kaum, dass sich heute noch Lieferanten bzw. mittlerweile ihr Insolvenzverwalter wegen Forderungen aus Zeiträumen ab dem Jahr ab 2007 melden …

Jetzt liegt der Leitfaden, wie die Abrechnung genau abläuft, in einer finalen Fassung vor. Neu ist insofern vor allem, dass anstelle der eigentlich notwendigen Abrechnung gegenüber den Lieferanten nunmehr jede Entnahmestelle separat betrachtet werden soll. Eine aggregierte Betrachtung ist dann nicht mehr zulässig. Damit bekommen die Prozesse der MMMA denselben Stellenwert wie etwa die Netznutzungsabrechnung, die als Annex in die Festlegungen GPKE und GeLi Gas geregelt ist. Schließlich muss die MMMA massengeschäftstauglich – d.h. automatisiert und im Zusammenspiel verschiedener IT-Systeme (über die technischen Probleme berichteten wir bereits) – umgesetzt werden.

Um nach dem 1.4.2016 (Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Prozesse) eine lieferstellenscharfe, elektronische MMMA versenden zu können, müssen die dazu erforderlichen Bilanzierungsdaten für den gesamten Abrechnungszeitraum zur Verfügung stehen. Wer bislang Zähler zu einem Stichtag abgelesen und zu diesem auch die MMMA durchgeführt hat, dem bleiben noch einige Monate Zeit. Wer aber rollierend abliest und im Monatsverfahren abrechnet, muss sein Energiedatenmanagement gegebenenfalls bereits zum Februar 2015 ertüchtigen. Ohnehin, auch schon vor der neuen MMMA, müssen Netzbetreiber den Lieferanten ihre Bilanzierungsdaten im Abo-Modell (Gas: „Lieferstellenscharfe Allokationsliste“) zukommen lassen.

In der Vergangenheit standen beim Netzzugang stets andere Prozesse im Fokus. Seien wir ehrlich – die Betreiber des Ausspeisenetzes hatten andere Prioritäten. Ihre Einkommensquelle, die Abrechnung der Netznutzung, beruhte schon immer auf tatsächlich abgelesenen Messwerten. Während aber im Bereich Gas, wegen der täglich wechselnden Allokationsgrundlagen, die MMMA bereits als Pflichtaufgabe in den Köpfen angekommen war, erschien dieselbe im Strom vielfach noch als Kür. Dies rächt sich nun, haben doch nunmehr mehrere Gerichte entschieden, dass ohne Abrechnung der Mengen die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnt. Was bedeutet, dass die MMMA unter Umstanden für alle Zeiträume nachzuholen ist. Entstehen daraus Ansprüche des Netzbetreibers (bei Mindermengen), kann dieser nur hoffen, dass der Lieferant heute (noch) zahlungsfähig ist.

Die Prozesse im Einzelnen und die praktischen Probleme zu beschreiben, würde den Rahmen hier sprengen. Klar ist jedoch: Das Jahr 2015 wird für Netzbetreiber ein Jahr mit Handlungsbedarf!

Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Klaus-Peter Schönrock/Johannes Nohl

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