Ein wichtiger Schritt in Richtung flächendeckende Ladeinfrastruktur: Bundesrat stimmt Ladesäulenverordnung zu

emobilität elektro auto ladesäule
© BBH

Deutschland ist dem Ziel einer öffentlichen flächendeckenden Ladeinfrastruktur für Elektro-Fahrzeuge einen Schritt näher gekommen: Am 26.2.2016 hat der Bundesrat der Ladesäulenverordnung (LSV) des Bundeswirtschaftsministeriums im Prinzip zugestimmt. Allerdings hat die Länderkammer ihren Segen an zwei Maßgaben geknüpft, die die bestehende Kritik an der LSV allerdings nicht ausräumen. Ein kleiner Schritt ist somit getan, aber viele weitere Schritte werden notwendig bleiben.

Was regelt die LSV?

Die LSV geht auf die EU-Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe vom 22.10.2014 zurück. Diese gibt den Mitgliedsstaaten auf, einen nationalen Strategierahmen zu gestalten und damit bis zum 18.11.2016 einen einheitlichen technischen Standard für Ladeeinrichtungen zu schaffen. Zum anderen hat er die Vorgaben für die öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur (z.B. intelligente Zähler, punktuelles Aufladen, Diskriminierungsfreiheit) zu regeln. Ziel ist es, europaweit betreiberübergreifendes Laden an öffentlichen Ladeeinrichtungen zu ermöglichen. Ein gemeinsamer Standard ist Grundvoraussetzung, damit die Bundesregierung ihr Ziel erreichen kann, bis 2020 1 Mio. Elektrofahrzeuge auf den Straßen zu haben. Auf europäischer Ebene stehen die Reduzierung des CO2-Austoßes und damit die europaweite Klimapolitik im Fokus.

Die LSV setzt, entsprechend den Vorgaben aus Europa, Mindestanforderungen zum Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektrofahrzeuge sowie verbindliche Regelungen für Steckdosen und Fahrzeugkupplungen für das Laden von Elektromobilen. Zudem regelt die Verordnung, dass die Betreiber öffentlich zugänglicher Ladepunkte deren Aufbau sowie Außerbetriebnahme der Bundesnetzagentur (BNetzA) anzeigen müssen. Auch die Einhaltung der technischen Anforderungen müssen sie beim Betrieb von Schnellladepunkten, also bei Ladepunkten mit mehr als 22 kW Leistung, regelmäßig gegenüber der BNetzA nachweisen.

Kritik an der LSV

Der Entwurf der LSV wird von den Verbänden der Energiewirtschaft weitgehend als „Bürokratiemonster“ kritisiert. Zum einen, so die Kritik, treiben die regulierungsbehördlichen Melde- und Überwachungspflichten Aufwand und Kosten in die Höhe. Zum anderen sei der Anwendungsbereich zu weit gefasst, da alle „öffentlich zugänglichen Ladepunkte“ in den Anwendungsbereich fallen.

Nach der Definition des Begriffs „öffentlich zugänglich“ in § 2 Nr. 9 LSV sind nämlich nicht nur alle Ladepunkte erfasst, die von einem unbestimmten Personenkreis, sondern auch solche, die von einem nach „allgemeinen Merkmalen bestimmbaren Personenkreis“ befahren werden können. Diese Begriffsdefinition ist dabei unbestimmt und in ihrer Unbestimmtheit nahezu uferlos. Das in der Begründung zum Entwurf der LSV genannte Ziel, den Anwendungsbereich dort auszunehmen, wo „der Zugang dagegen nur einer von vornherein bestimmten oder bestimmbaren Personengruppe eingeräumt wird“, erreicht der missverständliche Wortlaut jedenfalls nicht. Auch Low-Budget-Lösungen wie z.B. die Laternenlösung oder halb öffentliche Räume wie Parkhäuser oder Kunden- und Mitarbeiterparkplätze unterfallen grundsätzlich der Regulierung nach der LSV, da diese Ladepunkte von einem „nach allgemeinen Merkmalen bestimmbaren Personenkreis“ genutzt werden.

Maßgaben des Bundesrates und Kritik

Der Bundesrat hat dem Entwurf der LSV nunmehr zugestimmt. Allerdings steht die Zustimmung unter der Maßgabe von zwei Änderungen. Diese beseitigen allerdings weder die geäußerte Kritik noch führen sie zu einer sinnvollen Klarstellung des Begriffs „öffentlich zugänglich“.

Der Bundesrat fordert zum einen, die Regelung nach § 1 zum Anwendungsbereich zu ergänzen. Der bestehenden Regelung soll ein Halbsatz hinzugefügt werden, wonach die LSV bis zum 18.11.2016 durch eine Folgeverordnung zu ergänzen ist, die weitere Aspekte des Betriebs von Ladepunkten wie Authentifizierung, Nutzung und Bezahlung regeln soll. Der Bundesrat will damit einer in der Praxis aufkommenden Verunsicherung entgegenwirken. Die Ergänzung sei sachgerecht, da andernfalls in den Märkten weiterhin nur zurückhaltend investiert würde und womöglich keine kundenfreundliche Ladeinfrastruktur für den angestrebten Markthochlauf entstünde. Die vorgegebene Folgeverordnung solle insofern einen abschließenden Regelungsumfang enthalten und so Planungs- und Rechtssicherheit schaffen.

Die zweite Änderung des Bundesrates bezieht sich auf § 2 Nr. 9 der LSV und ist teilweise notwendige Folgeänderung der Ergänzung von § 1 LSV, ohne die erforderliche Klarstellung zu bringen. Der Bundesrat sieht eine Streichung des zweiten Halbsatzes vor, der nach seinem Dafürhalten von der Definition des Begriffs nach der EU-Richtlinie abweicht. Die Definition für „öffentlich zugänglich“ sei zu kleinteilig und führe so zu einer unverhältnismäßig hohen Regelungsdichte. Zudem sei eine Bezugnahme auf unterschiedliche Arten der Benutzung, Authentifizierung und Bezahlung nicht zielführend, solange diese Aspekte in der nunmehr durch § 1 der LSV verbindlich vorgesehenen Folgeverordnung nicht inhaltlich ausgefüllt seien.

Der Bundesrat verzichtet aber bedauerlicherweise darauf, den (auf die EU-Richtlinie zurückgehenden) Begriff „öffentlich zugänglich“ klarer zu definieren und den Anwendungsbereich der LSV klarstellend zu beschränken.

Im Übrigen führt der Bundesrat aus, dass der Entwurf der LSV ein erster Schritt zu einer ordnungsrechtlichen Grundlage für den Auf- und Ausbau der Ladinfrastruktur zur Erreichung eines erfolgreichen Markthochlaufs der Elektromobilität in Deutschland sei.

Wie geht es weiter?

In einem nächsten Schritt muss das Bundeskabinett die vom Bundesrat vorgelegten Maßgaben formal annehmen. Danach kann die Verordnung voraussichtlich noch im März 2016 in Kraft treten. Drei Monate nach Inkrafttreten müssen alle neu zu errichtenden öffentlich zugänglichen Ladesäulen mindestens den europäischen Ladesteckerstandard erfüllen. Bereits bestehende, unveränderte Ladepunkte genießen Bestandsschutz und bleiben von dieser Verpflichtung unberührt. Der Bundesrat führt hierzu aus, dass die Verhandlungen zur nunmehr in § 1 LSV genannten Folgeverordnung schon in den nächsten Wochen beginnen müssten, damit nicht durch inkompatible Authentifizierungs- und Abrechnungssysteme ein Akzeptanzhemmnis auf Seiten der Nutzer aufgebaut werde.

Viele Betreiber von Ladeeinrichtungen, die gegenwärtig planen oder bereits dabei sind, eine Ladeinfrastruktur zu errichten, wissen weiterhin nicht genau, ob die Regelungen der LSV für sie Anwendung finden. Es wäre wünschenswert, dass die angekündigte Folgeverordnung, die Regelungen zur Bestimmung von Authentifizierung, Nutzung und Bezahlung enthält sowie den Begriff „öffentlich zugänglich“ und damit den Anwendungsbereich der LSV einschränkt. Die Folgeverordnung darf daher mit Spannung erwartet werden.

Ansprechpartner: Dr. Christian de Wyl/Jan-Hendrik vom Wege/Dr. Roman Ringwald

Share
Weiterlesen

15 April

Masterplan Geothermie für NRW: Startschuss für Förderprogramm zur Risikoabsicherung hydrothermaler Geothermie

Am 8.4.2024 hat das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW den Masterplan Geothermie für NRW veröffentlicht. Als erste Maßnahme ging zeitgleich ein Förderinstrument zur Absicherung des Fündigkeitsrisiko als zentrales Hemmnis für Vorhaben mitteltiefer und tiefer geothermischer Systeme an...

11 April

Doppelschlag des VG Köln: Rechtswidrige Glasfaser-Zugangsentgelte und sofortiger Zugang zu Kabelkanalanlagen der Telekom

Mit gleich zwei Beschlüssen sorgt das Verwaltungsgericht Köln für Aufmerksamkeit: Zum einen hat es die Entscheidung der Bundesnetzagentur (BNetzA) über Glasfaser-Zugangsentgelte in Fördergebieten für rechtswidrig erklärt und zum anderen die Telekom dazu verpflichtet, sofort Zugang zu ihren Kabelkanalanlagen zu gewähren....