Einigung im Trilog-Verfahren (Teil 1): Wie die EU die Emissionen außerhalb des EU-Emissionshandelssystems reduzieren will

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Am 21.12.2017 haben sich das Europäische Parlament und Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft auf eine Lastenteilung bei der Reduzierung von Emissionen verständigt. Damit ist klar, wie die EU ihr Ziel erreichen will, bis 2030 die EU-internen Emissionen von 30 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 in den Nicht-EHS-Sektoren zu reduzieren. Die Beiträge der einzelnen Mitgliedstaaten errechnen sich dabei aus dem relativen Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner. Für Deutschland soll sich daraus bis 2030 eine Reduktionspflicht in Höhe von 38 Prozent ergeben. In unserem heutigen ersten Teil berichten wir zunächst über die Hintergründe und Inhalte der Verständigung. In Teil 2 geht es um die Vereinbarkeit mit den deutschen Klimazielen und Umsetzung auf nationaler Ebene.

Worum geht es?

Das Ziel als solches ist bereits mehrere Jahre alt: 2014 hat sich die Europäische Union verpflichtet, die EU-internen Emissionen von Treibhausgasen (THG) in den Sektoren, die nicht am EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) teilnehmen, bis 2030 um 30 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 zu reduzieren. 2016 wurde ein entsprechender Vorschlag für eine Lastenteilungsverordnung herausgegeben. Nach der Durchführung von Trilog-Verhandlungen wurde nun eine Einigung erzielt, die vom Rat und Parlament noch förmlich bestätigt werden muss.

Hintergrund ist die Verpflichtung der EU zur Emissionsreduzierung aus dem Klimaübereinkommen von Paris. Das Übereinkommen legt eine Reduzierung von EU-internen Emissionen bis 2030 von mindestens 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 fest. Die EU und ihre Mitgliedstaaten setzen das Übereinkommen von Paris gemeinsam um. Da das Ziel von den Mitgliedstaaten allein nicht ausreichend verwirklicht werden kann, ist eine Koordinierung auf europäischer Ebene erforderlich.

Dabei müssen auch die Sektoren, die nicht am EU-EHS teilnehmen, ihren Beitrag leisten. Dazu zählen die Bereiche Abfall- und Landwirtschaft, Gebäude, Verkehr und Industrie. Davon ausgenommen sind der Luft- und der Seeverkehr. Der Luftverkehr, beschränkt auf Flüge innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), ist seit 2012 in den Europäischen Emissionshandel einbezogen (wir berichteten). Für den Seeverkehr bestehen bislang keine internationalen Vereinbarungen über verbindliche Minderungsziele und Maßnahmen (wir berichten). In beiden Sektoren dauern die Verhandlungen über eine globale, mit dem europäischen Emissionshandel vergleichbare Lösung innerhalb der jeweiligen Organisation der UN (ICAO und IMO) an.

Was genau wurde vereinbart?

Die Einigung auf EU-Ebene sieht neben generellen Reduktionsvorgaben zwei neue Möglichkeiten vor, wie die Mitgliedsstaaten ihre Klimaziele auf flexiblere Weise erfüllen können:

  • Für einige Mitgliedstaaten besteht die Möglichkeit, EHS-Zertifikate bis zu einer festgelegten Höchstmenge zu löschen. Zur Löschung berechtigt sind Belgien (mit bis zu 2 Prozent), Dänemark (2 Prozent), Irland (4 Prozent), Luxemburg (4 Prozent), Malta (2 Prozent), Niederlande (2 Prozent), Österreich (2 Prozent), Finnland (2 Prozent) und Schweden (2 Prozent). Voraussetzung dafür ist, dass die nationalen Emissionsreduktionsziele dieser Mitgliedstaaten erheblich über dem EU-Durchschnitt sowie über ihrem Reduktionspotential liegen oder dass sie im Jahr 2013 keine kostenlose Zuteilung von Zertifikaten für Industrieanlagen erhalten haben. Die Mitgliedstaaten müssen bis zum 31.12.2019 entscheiden, ob sie von der Möglichkeit, sich Zertifikate anrechnen zu lassen, Gebrauch machen wollen. Sobald die Entscheidung getroffen ist, handelt es sich um einen unumkehrbaren einmaligen Transfer, der die Zuteilung von Zertifikaten im EHS im Zeitraum 2021-2030 verringert.
  • Eine weitere Flexibilitätsmöglichkeit soll darin bestehen, dass die Mitgliedstaaten, die ihre jährliche Emissionszuteilung überschreiten, den Abbau von Treibhausgasen aus der Landnutzung, der Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft zur Erfüllung ihrer Reduzierungsziele im begrenzten Umfang anrechnen können. Die anzurechnende Summe entspricht dabei der maximalen Summe des Gesamtnettoabbaus und der Gesamtnettoemissionen von Treibhausgasen. Voraussetzung ist, dass die angerechnete Menge für alle Jahre des Zeitraumes 2021-2030 eine bestimmte Obergrenze nicht überschreitet. Für Deutschland liegt diese Obergrenze bei 22,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.

Zudem wurde eine Verständigung über eine Sicherheitsreserve mit einem Umfang von 105 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent erreicht. Diese soll ab 2032 weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten bei Schwierigkeiten helfen, ihre Reduzierungsziele bis 2030 zu erreichen. Voraussetzung dafür ist, dass die Mitgliedstaaten Ihre Zielvorgaben im Zeitraum von 2013-2020 überschritten haben und die EU insgesamt ihr Ziel bis 2030 erreicht.

Um Emissionen kontinuierlich abzubauen, sollen auch weiterhin jährliche Emissionsmengen anhand einer linear verlaufenden Kurve festgelegt werden. Die Kurve basiert auf den durchschnittlichen THG-Emissionen im Zeitraum von 2016-2018. Die Kurvenberechnung beginnt mit dem Jahr 2020 und endet mit der entsprechenden Obergrenze des Mitgliedstaates im Jahr 2030.

Im Zeitraum von 2021 bis 2030 sollen zwei Compliance-Kontrollen stattfinden. Die Kontrollen finden dann nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle fünf Jahre – 2027 (für die Jahre 2021-2025) und 2032 (für die Jahre 2026-2030) – statt. Die bisherigen Bestimmungen zur Berichterstattung und Bewertung bleiben erhalten.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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