emir-Pflichten für CO2-Termingeschäfte schon ab Sommer 2014?

(c) BBH
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Die EMIR-Meldungen laufen seit Februar 2014 (wir berichteten), aber auch ansonsten halten uns EMIR & Co. immer noch auf Trab (wir berichteten). Nun sieht es sogar so aus als ob die EMIR-Pflichten schneller als erwartet auch den CO2-Zertifikateterminmarkt erreichen.

Aber von Anfang an: Bekanntlich ist die EMIR (European Market Infrastructure Regulation – Verordnung über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister) seit August 2012 in Kraft. Die hieraus resultierenden Meldepflichten gelten seit dem 12.2.2014 und die Risikominderungstechniken bereits seit 2013.

Was gilt als Derivat?

Die Pflichten aus der EMIR gelten dann, wenn Derivate eingesetzt werden. Die EMIR selbst sagt nicht, welche Geschäfte als Derivate gelten, sondern verweist hierzu auf den Text der MiFID (Markets in Financial Instruments Directive – Finanzmarktrichtlinie). Dort gibt es eine Auflistung der möglichen Derivate. Das sind immer Termingeschäfte mit Bezug auf einen Basiswert wie Aktien, Zinshöhen oder auch die Preise von Waren.

Bei Waren – ebenso wie bei CO2-Zertifikaten – sind aber nicht alle Termingeschäfte von der MiFID erfasst. Hier muss bislang dazukommen, dass das Geschäft entweder finanziell erfüllbar ist oder über eine Börse oder eine Multilaterale Handelsplattform (MTF – Multilateral Trading Facility) geschlossen wird. Dies sind im Energiebereich jedenfalls heute typischerweise Gas-Preis-Swaps, ein an der EEX erworbener „Future“ oder auch ein an einer großen MTF-Brokerplattform (zum Beispiel ICAP, GFI) erworbenes Stromband. Aufgrund einer neuen Entwicklung bieten die großen Brokerplattformen seit kurzem zwei parallele Märkte an: eine „MTF“-Plattform und eine „Non-MTF“-Plattform. Wenn ein Kunde sich explizit für die „Non-MTF“-Funktionalität entscheidet, wird sein Termingeschäft nicht zu einem Derivat im Sinne der MiFID.

Änderung/Erweiterung des Derivatebegriffs durch die MiFID II

Der Kreis der Finanzinstrumente und damit der Derivate wird allerdings durch die aktuelle Überarbeitung der MiFID (sog. MiFID II) erweitert. Die MiFID II sieht unter anderem vor, dass Emissionsberechtigungen künftig in jedem Fall als sog. Finanzinstrumente (und damit analog zum Beispiel zu einer Aktie) eingestuft werden, und zwar unabhängig davon, wo sie erworben bzw. gehandelt werden (auch am Spotmarkt!). Damit wird dann auch jedes Termingeschäft auf Emissionsberechtigungen zum Derivat – ohne dass es auf die besagten zusätzlichen Voraussetzungen noch ankäme.

Ab wann wird diese Definition der MiFID II gelten? Für die Antwort sind zwei Zeitpunkte zu unterscheiden:

  • Die MiFID II wird am 20. Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten. Dies wird wahrscheinlich im Frühsommer 2014 sein.
  • Für deutsche Bürger und Unternehmen wird die MiFID II voraussichtlich aber erst ab Mitte bzw. sogar Ende 2016 gelten. Denn anders als die EMIR, die als europäische Verordnung unmittelbare Geltung beansprucht, richtet sich die MiFID II als Richtlinie in erster Linie an die Mitgliedstaaten, die diese wiederum in nationales Recht umsetzen müssen. Dafür räumt die MiFID II zwei Jahre ab Inkrafttreten ein. Und dann gibt es noch ein Bonus-Halbjahr, bis die Regeln dann auch für Bürger und Unternehmen gelten sollen.

Ab wann gilt denn der neue Derivatebegriff der MiFID II für die EMIR?

Wie eingangs erwähnt, enthält die EMIR in ihrem Text einen direkten Verweis auf die Definitionen in der MiFID. Dieser Verweis ist (unglücklicherweise) dynamisch ausgestaltet; er richtet sich damit immer auf die jeweils aktuelle Fassung der MiFID. Die MiFID II, frisch vom Europäischen Parlament abgesegnet, sieht vor, dass frühere Verweise auf die MiFID I künftig auf die MiFID II laufen sollen. Das ist natürlich vernünftig. Nimmt man das aber alles ernst und wörtlich, bedeutete es, dass auf die MiFID II abgestellt werden muss, sobald diese in Kraft ist. Und das wird sie bereits in diesem Sommer sein. Denn die EMIR verweist ja gerade nicht auf die nationalen Umsetzungen der MiFID (die natürlich erst zwei Jahre später in Kraft treten).

Eine Übergangsfrist sieht die MiFID bislang auch nur für Termingeschäfte auf Kohle und Öl vor, nicht aber für Emissionsberechtigungen. Es gibt auch eine Regelung, nach der die MiFID I außer Kraft tritt, wenn die MiFID II national umgesetzt ist – es wird aber nicht gesagt, dass die Definitionen der MiFID II vorher nicht gelten dürfen. Denn mehr als zwei Jahre werden MiFID I und MiFID II nebeneinander existieren …

Sofern dies im endgültigen und im Amtsblatt veröffentlichten Text der MiFID II nicht korrigiert oder eine Übergangsregelung geschaffen wird, dürften sämtliche Termingeschäfte auf Emissionsberechtigungen voraussichtlich ab Sommer 2014 als Derivate im Sinne der EMIR mit der Folge zu werten sein, dass für diese Geschäfte auch die EMIR-Pflichten gelten.

Das würde für alle betroffenen Unternehmen bedeuten, dass sie die EMIR-Anforderungen erfüllen müssen:

  • Die Derivategeschäfte sind an sog. Trade Repositories (TR) zu melden. Hierzu ist es erforderlich, sich bei einem TR zuzulassen. Neben der Jahresgebühr (etwa 4.000 bis 5.000 Euro) fällt für jede meldepflichtige Transaktion eine weitere (überschaubare) Gebühr an.
  • Zudem sind für den Kauf/Verkauf von Emissionsberechtigungen bestimmte Risikominderungstechniken (zum Beispiel rechtzeitige Bestätigung, Portfolioabgleich, Streitbeilegung) zu etablieren, zum Beispiel durch den Abschluss des EFET-EMIR-Agreements.

Es gibt durchaus Hinweise, dass es sich bei dem allgemeinen dynamischen Verweis um ein Versehen handelt und vielleicht die MiFID II vor Veröffentlichung noch redaktionell angepasst wird. Das wäre wünschenswert, denn weder Normgeber noch Aufseher könnten hier sinnvollerweise einen „schrittweisen“ Beginn der MiFID II wollen. Wenn aber niemand offiziell etwas ändert oder feststellt, könnte es nötig werden zu handeln.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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