Energieregulierer veröffentlichen ersten gemeinsamen Bericht zum Monitoring der europäischen Energiemärkte

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Nach der EU-Kommission (wir berichteten) kommen nun auch die europäischen Energieregulierer zu dem Schluss, dass der Energiebinnenmarkt (noch) nicht reibungslos funktioniert. Das ist die Quintessenz eines Berichts, den die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und der Rat der europäischen Regulierer (CEER) gemeinsam am 29.11.2012 veröffentlicht haben. Der Bericht enthält die Ergebnisse des Monitorings der europäischen Strom- und Gasmärkte. Er ist der erste seiner Art und soll künftig jährlich erstellt werden.

In dem Bericht analysieren die Regulierer, wie die Entwicklung liquider Großhandelsmärkte vorankommt, wie mehr Wettbewerb in die Endkundenmärkte der EU einzieht, und was sich in Sachen Verbraucherschutz und Zugang zu den Strom- und Gasnetzen tut. Er soll nicht nur zeigen, welche Konzepte sich in der Praxis bewährt haben und welche Erfahrungen gewonnen wurden, sondern auch, durch welche Maßnahmen die Märkte besser funktionieren können.

Was die Endkundenpreise betrifft, so kommen die Regulierer – im Gleichklang mit der Europäischen Kommission –  zu dem Schluss, dass die Mitgliedstaaten die Preisregulierung in Bezug auf Endkunden für Strom und Gas beenden und durch eine marktbasierte Preisbildung ersetzen sollten. Noch im Jahr 2011 regulierte eine Mehrheit der Mitgliedstaaten sowohl im Strom- als auch im Gasbereich die Energiepreise für Endkunden, oft mit dem Ergebnis eines enormen Defizits, wie das Beispiel des krisengeschüttelten Spanien anschaulich belegt. Dort hat sich über die Jahre, in denen der vorgeschriebene – regulierte – Strompreis nicht ausreichte, um die Kosten des Systems zu decken, ein Minus von mehr als 24 Milliarden Euro angesammelt.

Die Energieregulierer halten Preisregulierungen für bedenklich, da keine sinnvollen Preissignale entstehen und wirklicher Preiswettbewerb behindert wird – eine Einschätzung, die sich nahezu wörtlich in der Kommissionsmitteilung findet.

Auch auf den Energiegroßhandelsmärkten läuft noch nicht alles so, wie es sein sollte. Zwar haben sich die Großhandelspreise für Strom in 2011 infolge der zunehmenden Kopplung nationaler Strommärkte stark angenähert. So ist z. B. in der Region Zentralwesteuropa (dazu gehören neben Deutschland auch Frankreich und die Benelux-Staaten) die Anzahl der Stunden, in denen die Preise an der deutsch-niederländischen Grenze identisch waren, von 12 Prozent in 2010 auf 87 Prozent gestiegen. In anderen Regionen besteht aber noch großes Potenzial für eine stärkere Marktintegration. ACER und CEER schlagen genau wie die Europäische Kommission vor, die kurz- und langfristigen Großhandelsmärkte (inbesondere Day-Ahead-Markt, Intraday-Markt und die Märkte für Ausgleichs- und Hilfsdienste) weiter auszubauen. Dies soll geschehen, indem man Netzkodizes verabschiedet und in regionalen Initiativen zusammenarbeitet. Im Zusammenhang mit den Problemen grenzüberschreitender Marktintegration analysieren die Energieregulierer auch das Phänomen ungeplanter Stromflüsse (loop flows) und schlagen eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten vor, zu denen neben der besseren Koordination der Übertragungsnetzbetreiber die Einführung eines Engpasssmanagements und eines Anreizsystems zur Kompensation der Netzbetreiber zählen.

Auch die fortschreitende Penetration erneuerbarer Energien in den Energiemarkt beschäftigt die Regulierer. Allein im Zeitraum zwischen 2008 und 2011 stieg die Produktion von Solarstrom EU-weit von 7,4 TWh auf 41,5 TWh. Adäquate Regelungen zum Netzanschluss und -ausbau und die Schaffung von Kapazitätszuteilungs- und Engpassregelungen sollen beim Übergang in das Erneuerbaren-Zeitalter helfen. Netzkodizes soll auch in diesem Bereich die größte Bedeutung zukommen.

Insgesamt fällt auf, dass sich die Empfehlungen der Energieregulierer mit den Handlungsprioritäten decken, die die Europäische Kommission in ihrer Energiebinnenmarkt-Mitteilung aufgezeigt hat. Die Hauptempfehlungen – Umsetzung des Dritten Energiebinnenmarktpakets, Stärkung des Verbraucherschutzes und Verabschiedung von Netzkodizes – sind sogar identisch. Dies verwundert nicht, denn die europäischen Regulierungsinstanzen arbeiten seit langem eng zusammen, um das Ziel eines funktionierenden Energiebinnenmarkts zu erreichen. Der Weg dorthin ist aber noch lang. Dies zeigt nicht zuletzt dieser gemeinsame Bericht von ACER und CEER.

Ansprechpartner: Dr. Dörte Fouquet/Prof. Christian Held

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