Erlösobergrenzen: Freundliche Signale vom BGH

In zahlreichen Gerichtsverfahren kämpfen derzeit die Netzbetreiber gegen die festgesetzten Erlösobergrenzen für die erste Regulierungsperiode. Am 30.3.2011 fanden vor dem Kartellsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) erstmals mündliche Verhandlungen dazu statt. So viel lässt sich jetzt schon sagen: Es sieht nicht schlecht aus für die Netzbetreiber.

In beiden vor dem BGH verhandelten Fällen ging es um Stromnetzbetreiber, denen im regulären Verfahren der Anreizregulierung ein Effizienzwert von 100 % zugewiesen worden war. Beiden Rechtsbeschwerdeverfahren war ein erstinstanzlicher Beschluss des OLG Düsseldorf vorangegangen.

Zustimmung ließ der BGH erkennen, was die Position der Netzbetreiber in punkto Anpassung des Ausgangsniveaus (§ 6 Abs. 2 ARegV) betrifft: Die Netzbetreiber hatten argumentiert, dass bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenzen für die erste Regulierungsperiode ein Risikozuschlag auf den sog. Eigenkapitalzinssatz-II, Anlagen im Bau, veränderte Indexreihen für die Tagesneuwerte und eine erhöhte kalkulatorische Gewerbesteuer hätten berücksichtigt werden müssen. Zu dieser Frage gab der BGH seine vorläufige Einschätzung bekannt, wonach er die besseren Argumente bei den Betroffenen, also den Netzbetreibern, sehe.

In der Frage, ob der pauschalierte Investitionszuschlag gem. § 25 ARegV für Teilnehmer des regulären Verfahrens hätte kumuliert berechnet und gewährt werden müssen, hielt sich der BGH dagegen bedeckt. Das Argument der Netzbetreiber, bei der Kapitalkostenbasis, die zur Ermittlung des pauschalierten Investitionszuschlages herangezogen wurde, hätte u.a. ebenfalls ein Risikozuschlag auf den Eigenkapitalzinssatz-II sowie ein erhöhter Eigenkapitalzinssatz-I (Strom) und Anlagen im Bau berücksichtigt werden müssen, fiel dagegen auf fruchtbaren Boden: Der BGH äußerte, dass die Kapitalkostenbasis wohl im Sinne der Netzbetreiber durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) hätte angepasst werden müssen.

Die größte wirtschaftliche Bedeutung dürfte die Frage haben, ob der in § 9 ARegV vorgesehene generelle sektorale Produktivitätsfaktor auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gestützt werden kann. Der BGH bezeichnete diese Frage als einen Schwerpunkt der mündlichen Verhandlung, ließ aber keine Tendenz seiner Rechtsauffassung erkennen.

Zum Thema Erweiterungsfaktor für das Jahr 2009 deutete der Senat an, dass er der Rechtsauffassung der Netzbetreiber zuneige. Danach hätte bereits bei der erstmaligen Festsetzung der Erlösobergrenzen für das Jahr 2009 ein beantragter Erweiterungsfaktor einbezogen werden müssen.

In einem Punkt trat die BNetzA als Rechtsbeschwerdeführerin auf: Das OLG Düsseldorf hatte erstinstanzlich die Härtefallregelung des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ARegV für die Fälle gestiegener Verlustenergiekosten auf Netzbetreiber, die einen Effizienzwert von 100 % aufweisen, für grundsätzlich anwendbar erklärt und daher die Behörde zur erneuten Entscheidung über den Härtefallantrag verpflichtet. Der Senat ließ auch hierzu keine Tendenz seiner Rechtsauffassung erkennen.

Als Fazit lässt sich sagen, dass den Netzbetreibern nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung ein zumindest teilweise erfreuliches Ergebnis winken könnte. Profitieren würden davon diejenigen Netzbetreiber, deren Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren zu den genannten Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind bzw. die über eine entsprechende Gleichbehandlungszusage der für sie zuständigen Regulierungsbehörde verfügen.

Die Beschlüsse in beiden Verfahren werden am 28.6.2011 verkündet. Über die Ergebnisse, die weitere Entwicklung der Rechtsprechung und deren Auswirkungen auf die anstehende Kostenprüfung für die 2. Regulierungsperiode halten wir Sie hier im Blog auf dem Laufenden.

Ansprechpartner: Stefan Missling/Prof. Dr. Christian Theobald/Prof. Dr. Ines Zenke/Sabine Gauggel

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