Fördern und Marktintegration sind kein Widerspruch

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Viele EU-Mitgliedsstaaten fördern derzeit Energie aus erneuerbaren Quellen und aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) durch Einspeisetarife oder -prämien, da diese Technologien derzeit noch nicht ohne weiteres in den Energiemärkten mit konventionellen Energieträgern konkurrieren können. Dafür gibt es viele Gründe, und nur einige davon liegen in den vergleichsweise hohen Kosten. Großteils sind auch die Bedingungen im Markt selbst nicht Erneuerbaren- bzw. KWK-freundlich.

Vor diesem Hintergrund ist es interessant, was die Europäische Kommission jüngst zu einer Änderung bezüglich der Angebotszeitrahmen im nationalen Markt für Regelenergie in Dänemark entschieden hat (Entscheidung SA.32669 (2013/C) –Dänemark, Beihilfe für KWK-Anlagen und einem Energieversorger, die den Regelenergiemarkt betrifft).

Anfang 2007 hatte der dänische Übertragungsnetzbetreiber Energinet.dk, ein 100-Prozent-Staatsunternehmen, die Ausschreibungsbedingungen für Regelenergie von „monatlich“ auf „stündlich“ umgestellt. Zwei Unternehmen beschwerten sich bei der Kommission: Das dänische Fördersystem für KWK ist als Beihilfe notifiziert und genehmigt – hätte die Verkürzung des Abgabezeitraums für Angebote erneut notifiziert und genehmigt werden müssen?

Die Neuregelung führte dazu, dass  auch KWK-Anlagen am Regelenergie-Markt aktiv  werden und bieten können, in direkter Konkurrenz mit konventionellen Kraftwerken. Die Beschwerdeführer erklärten nun, dass den KWK-Anlagen somit noch weitere finanzielle Gewinne ermöglicht würden, zusätzlich zu dem bestehenden Beihilfenregime.

Die Kommission sah dies jedoch anders. Anders als in anderen entschiedenen Fällen wurde im dänischen System eben keine Ausweitung der geförderten Tätigkeiten bzw. im Endeffekt keine höhere Beihilfeförderung gezahlt; daher handle es sich nicht um eine Änderung bzw. Ausweitung einer bestehenden Beihilfe.

Laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann man obendrein nicht von einer Änderung bzw. Ausweitung einer bestehenden Beihilfe sprechen, wenn die gesetzlichen Bestimmungen, unter denen die Empfänger die Förderung erhalten, nicht geändert werden. Im Falle Dänemarks stellte die Kommission daraufhin fest, dass die Förderung weder erhöht noch ausgeweitet wurde. Auch wurde der gesetzliche Rahmen nicht geändert. Vielmehr werde die Erzeugung von Strom aus KWK unverändert finanziell gefördert, nämlich über ein Einspeisesystem, in dem die Erzeuger entweder einen festen Betrag für den ins Netz eingespeisten Strom oder einen bestimmten Betrag zusätzlich zum erzielten Marktpreis erhalten können sowie über einen Produktionszuschuss. Dies sei jedoch unabhängig davon, in welchem Markt der Strom vermarktet würde, und dass der Zugang zu einem zuvor faktisch nicht zugänglichen Markt erleichtert werde, habe direkt nichts mit dem Fördersystem zu tun. Auch handle es sich übrigens nicht um Missbrauch, denn die finanzielle Förderung des KWK-Stroms ziele immer noch auf den Umweltschutz ab. Dass diese Anlagen nun auch auf den Regelenergiemärkten bieten und somit zur Versorgungssicherheit beitragen könnten, wäre unabhängig von der Beihilfemaßnahme zu sehen  und somit kein Missbrauch.

Für die Zukunft der Förderung der Erneuerbaren Energien und Strom aus KWK ist diese Entscheidung durchaus relevant: In letzter Zeit und unter anderem auch in den im September dieses Jahres erscheinenden Kommunikationen der Europäischen Kommission geht es immer mehr um Marktintegration. Erneuerbare Energien und KWK sind aber in Energiemärkten bisher oft benachteiligt, weswegen sie finanzieller Förderung bedürfen. Beispielsweise sind Märkte mit langen Ausschreibungszeiträumen für Windenergie schwer bis nicht erschließbar, da man zwar für einen Zeitraum von zwei Stunden fast 100-prozentig genaue Prognosen abgeben kann, allerdings nach 24 Stunden die Genauigkeit abbaut. Die Kommission, Generaldirektorat Energie, rät daher die Marktbedingungen dahingehend anzupassen, dass gerade auch die Erneuerbaren diskriminierungsfrei und nach ihren technischen Möglichkeiten teilnehmen können. In solchen Märkten sei dann irgendwann auch eine finanzielle Förderung nicht mehr nötig. Nur sei es bis dahin noch ein weiter Weg. Mit der vorliegenden Entscheidung bestätigt die Kommission, an dieser Stelle die Generaldirektion Wettbewerb, dass auf dem Weg zu einem erneuerbaren- und KWK-freundlicheren Energiemarkt verbesserte Bedingungen nicht notwendigerweise eine (Änderung einer bestehenden) Beihilfe sein müssen. Damit könnte ein wichtiger Schritt in Richtung Marktintegration getan sein, angesichts der Umstände, die eine Qualifikation einer Maßnahme als Beihilfe den Mitgliedstaaten bereiten kann.

Im Übrigen monierten die Beschwerdeführer auch angebliche Beihilfen für den Energieversorger Dong. Die Kommission untersuchte und bewertete beide kritisierten Bereiche (Entscheidung SA.32184 (2013/C) – Dänemark, angebliche Beihilfe für einen Energieversorger) und äußerte sich dabei auch zu einer anderen relevanten Frage: Der Europäische Gerichtshof hatte in der Rechtsache Stardust Marine (Rs. C-482/99) danach gefragt, ob und unter welchen Umständen Aktionen eines öffentlichen Unternehmens dem Staat zugerechnet werden können. Die Kommission bekräftigte, dass dies bei einem öffentliche Übertragungsnetzbetreiber nicht notwendigerweise der Fall sein müsse. Vielmehr könne der Staat zwar einerseits gute Gründe haben, um im streng regulierten Energiemarkt eine gewisse Kontrolle auszuüben, andererseits aber auch gewisse Entscheidungen dem Übertragungsnetzbetreiber selbst überlassen. Hier jedoch fragte die Kommission Dänemark nach spezifischeren Beweisen, dass der Staat  nicht in der Entscheidung beteiligt gewesen sei, die dazu hätte führen können, einem bestimmten Energieunternehmen  (in diesem Falle  dem Energieversorger Dong)  einen Vertrag zu besseren Konditionen als im Markt üblich zu geben. Insoweit leitete die Kommission nunmehr ein förmliches Prüfverfahren ein.

Ansprechpartner: Dr. Dörte Fouquet/Jens Vollprecht

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