Gasförderung durch Fracking – Hui oder pfui?

(c) BBH
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„Im Übrigen sehe ich auf absehbare Zeit nicht, dass irgendwo in Deutschland Fracking zur Anwendung kommt oder kommen kann“, so Peter Altmaier vor einigen Tagen im Deutschlandfunk. Nun haben Bundesumwelt– und Bundeswirtschaftsministerium gemeinsame Vorschläge vorgelegt, die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Fracking in Deutschland zu ändern. Was ist nun von der Äußerung Altmaiers zu halten?

Zur Vorgeschichte

In den USA hat die Suche nach unkonventionellen Gasvorkommen mittels Fracking einen regelrechten Boom ausgelöst. Die Medien überschlagen sich mit Meldungen über die neue Unabhängigkeit der USA vom Nahen Osten und die dadurch bedingte geopolitische Machtverschiebung. In Deutschland dagegen ist der Durchbruch der Technik fraglich.

Warum verhalten sich die Deutschen so zurückhaltend? Gas weist schließlich eine deutlich bessere CO2-Bilanz als beispielsweise Kohle auf und kann ein weiterer Schritt in Richtung Klimaschutz sein. Zudem besitzt Deutschland entsprechende Vorkommen, und die Industrie würde lieber heute als morgen mit den Bohrungen beginnen. Doch die Wasserwirtschaft, Umweltschützer, Bevölkerung und Teile der Politik scheinen dem Fracking-Boom hierzulande den Wind aus den Segeln nehmen zu wollen: Nachdem zunächst der Bundesrat am 1.2.2013 beschlossen hat, dass es Fracking nur unter deutlichen Einschränkungen in Deutschland geben soll, äußerte sich danach auch Bundesumweltminister Peter Altmaier in Interviews ähnlich kritisch.

Unter Fracking (Bedeutung: hydraulisches Aufbrechen) versteht man eine Fördermethode, bei der unter hohem Druck Wasser, Sand und (teilweise umwelttoxische) Chemikalien in den Untergrund gepresst werden, um in Gesteinsporen festsitzendes Gas zu fördern. Das Gemisch sprengt dieses frei, indem es Risse im Gestein entstehen lässt, die durch den Sand offengehalten werden. Das entströmende Gas wird durch das Bohrloch abgesaugt.

Allein in Deutschland vermutet man rund 1,3 Billionen Kubikmeter an Schiefergas unter der Erde. Die großen Energiekonzerne haben bereits begonnen, sich die vermeintlich lukrativsten Gebiete zu sichern. Mit Verweis auf die USA werden gerne und häufig die positiven, belebenden Effekte des neuen Gaswohlstandes auf die Wirtschaft betont.

Weniger gern sprechen die Unternehmen jedoch darüber, dass Fracking die Umwelt massiv beschädigen und die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden soll. In Deutschland geht es den Kritikern des Fracking dabei insbesondere um den Schutz der Gewässer und des Trinkwassers. Berichte über Kontaminierungen mit gefährlichen Stoffen wie Quecksilber und dem krebserregenden Benzol haben große Skepsis entstehen lassen.

Diese spiegelt sich auch in dem Beschluss des Bundesrates wider. Der verlangt klare Regeln und fordert zunächst ein Moratorium, lehnt also den Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Fracking-Technologie ab, solange die Risiken ungeklärt sind. Ferner verlangt er eine obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung, dass die Öffentlichkeit beteiligt wird, dass zwischen allen Beteiligten ein Dialog stattfindet sowie Forschungsergebnisse systematisiert werden, damit man die Risiken leichter einschätzen kann. Schließlich soll das deutsche Bergschadensrecht dahingehend erweitert werden, dass auch die Gewinnung von Bodenschätzen durch Tiefbohrungen einschließlich des Betriebs von unterirdischen Kavernenspeichern erfasst werden. Dies erleichtert die Beweisführung erheblich bei Ersatzansprüchen bei den sogenannten Bergschäden.

Das Bundesumweltministerium hat bereits im September 2012 eine Studie zu den Umweltauswirkungen des Fracking veröffentlicht, in der zwar kein generelles Verbot empfohlen, aber weitreichende Beschränkungen gefordert wurden: Insbesondere sollten bis zur restlosen Aufklärung der Risiken des Fracking keine Genehmigungen zur Ausbeutung unkonventioneller Gasvorkommen erteilt werden. Um das Trinkwasser zu schützen, sollte die Förderung von Schiefergas in Wasserschutzgebieten grundsätzlich untersagt werden. Dies deckte sich auch mit den jüngsten Äußerungen Altmaiers. Der erklärte, nachdem er zunächst einen anderen Eindruck erweckt hatte, er wolle gerade nicht den Weg für das Fracking ebnen, sondern die bestehende Rechtslage weiter einschränken. Er betonte dabei jedoch gleichzeitig, dass Fracking in Deutschland theoretisch langfristig durchaus eine Perspektive haben könne, falls umweltschonendere Verfahren entwickelt würden.

Nach dem Abschluss der Abstimmungen mit dem Bundeswirtschaftsministerium liegen nun die eingangs erwähnten Änderungsvorschläge vor. Welche von den geforderten Einschränkungen haben ihren Weg dorthin gefunden? Zum einen soll die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) tatsächlich dahingehend geändert werden, dass eine obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung für das Aufsuchen und Gewinnen von Erdgas oder Erdöl durch Aufbrechen von Gestein unter hydraulischem Druck (Fracking) eingeführt wird; ferner soll klargestellt werden, dass Angaben zur Behandlung der eingesetzten Fluide und des Lagerstättenwassers (flow back) gemacht werden müssen. Zum anderen soll das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) geändert werden. Hierbei geht es vor allem um das bundeseinheitliche Verbot der Anwendung der Fracking-Technologie in festgesetzten Gebieten zur Gewinnung von Trink- und Heilquellenwasser, aber auch darum, die Vorschriften zu ergänzen und klar zu stellen, dass die zuständige Wasserbehörde im Falle entsprechender Tiefbohrungen einverstanden sein muss. Ein Moratorium oder Änderungen im Bergschadensrecht sind vorerst nicht erwähnt.

Verkauft werden diese Änderungsvorschläge als deutliche Einschränkung des Fracking, doch sind sie sehr weit entfernt von einem generellen Verbot, wie man es beispielsweise in Frankreich vorfindet und es auch viele Bürgerinitiativen und Umweltschützer fordern. In Deutschland darf man nun vor allem auf die Reaktion des Bundesrates gespannt sein. SPD, Grünen und der Linken dürften – gerade auch vor dem Hintergrund des jüngsten Bundesratsbeschlusses –  die Änderungsvorschläge der beiden Ministerien nicht weit genug gehen.

Somit bleibt weiter ungewiss, ob und wann der Fracking-Boom auch Deutschland erreichen wird. Vor allem, da aus den USA erste Berichte eintreffen, die im dortigen Fracking-Boom eine Blase sehen und sowohl die wirtschaftliche Rentabilität als auch die ökologischen Hoffnungen in Frage stellen.

Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Daniel Schiebold/Dr. Erik Ahnis

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