Gasnetzbetreiber: Wettlauf mit der Zeit

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Den Betreibern von Gasverteilnetzen droht ein Rattenrennen um die Kapazitäten der vorgelagerten Fernleitungsnetze. Grund ist die neue Kooperationsvereinbarung IV (KoV IV), die zum Jahreswechsel in Kraft treten wird. Sie führt dazu, dass die Gasverteiler vielfach höhere Mengen als bisher bestellen müssen, um ihre Kunden versorgen zu können. Je eher sie das tun, desto besser stehen die Chancen, dass sie sie auch bekommen.

In der KoV IV regeln die betroffenen Unternehmen, Verbände und Institutionen, wie die 2010 in Kraft getretene Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) im Detail umgesetzt wird. Bis zum 1.7.2011 muss sie fertig sein, zum 1.10.2011 wird sie in Kraft treten. Der Entwurf liegt aber bereits vor, und es ist nicht zu erwarten, dass sich daran noch grundlegend etwas ändern wird.

Zu den Neuerungen des Entwurfs gehört, dass künftig nur noch eine Bestellung auf Basis der linearen Regression entsprechend der letzten drei Jahre möglich ist. Das heißt, dass in der Regel eine höhere Menge als bisher bestellt werden muss. Die Bestellung ist zum 15.7. abzugeben und nicht erst, wie bisher, zum 30.9. – aber auch der 15.7. ist de facto viel zu spät. Tatsächlich sollte jeder Gasverteilnetzbetreiber so bald wie möglich seinen Bestellbedarf prüfen und mit dem vorgelagerten Fernleitungsnetzbetreiber in Kontakt treten.

Eines sollten Gasverteilnetzbetreiber auf keinen Fall tun: sich auf Kapazitätszusagen auf unterbrechbarer Basis einlassen. Da die Fernleitungsnetzbetreiber ab 1.8.2011 ihre Kapazitäten über eine Plattform vermarkten, besteht das Risiko, dass sie bestellten Mehrbedarf lieber anderweitig vermarkten wollen und daher nur eine Zusage auf unterbrechbarer statt auf fester Basis anbieten. Zwar sind sie aus Gründen der Versorgungssicherheit eigentlich verpflichtet, internen Kapazitätsbestellungen Vorrang gegenüber einer externen Vermarktung an Transportkunden einzuräumen. Die KoV IV bewirkt aber, dass man sich darauf besser nicht verlassen sollte.

Kapazitätszusagen auf unterbrechbarer Basis sind rechtlich tückisch. Bei einer Zusage auf fester Basis ist der Netzbetreiber nach § 16, 16a EnWG von der Haftung befreit, wenn es zu einer Versorgungsunterbrechung kommt. Bei einer Zusage auf unterbrechbarer Basis ist das nicht der Fall. Um das Haftungsrisiko auszuschließen, müsste man das Unterbrechungsrisiko vertraglich auf die Verbraucher abwälzen. Das wird jedoch praktisch kaum durchsetzbar sein, zumal ein unterbrechbarer Netzzugang im Verteilnetz nicht vorgesehen ist und es keine ermäßigten Netzentgelte im Verteilnetz für eine unterbrechbare Versorgung gibt.

Netzbetreiber, die im Vergleich zum letzten Jahr für 2012 einen erhöhten Mehrbedarf haben, sollten daher schnellstmöglich ihren Fernleitungsnetzbetreiber kontaktieren und ihn – unter angemessener Fristsetzung von 10 Werktagen – zu einer verbindlichen Bestätigung der gesamten Bestellung für das Jahr 2012 auf fester Basis auffordern. Wenn dieser ablehnt oder auf Zeit spielt, sollte man die Bundesnetzagentur (BNetzA) einschalten. Vor dem 1.7.2011 hat die BNetzA vielleicht noch Gelegenheit, auf die Vorgaben der KoV IV Einfluss zu nehmen. Das wird sie aber nur tun, wenn ihr die praktische Relevanz des Problems mit ganz konkreten Zahlen in zahlreichen Einzelfällen vor Augen geführt wird.

Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Klaus-Peter Schönrock/Manfred Ettinger

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