Geld zurück für Goldgas? Abwarten…

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Für Gaslieferungen an Sondervertragskunden, deren Preis ein bestimmtes Niveau unterschreitet, werden keine Konzessionsabgaben fällig. So steht es in § 2 Abs. 5 Nr. 2 KAV. Auf diese Regel beruft sich jetzt ein Gaslieferant, die Goldgas SL GmbH: Sie hat zum Jahreswechsel 2011/12 in einem Schreiben an eine Vielzahl von Netzbetreibern behauptet, im Jahr 2009 diesen Grenzpreis unterschritten zu haben, und fordert daher jetzt die in diesem Jahr gezahlten Konzessionsabgaben zurück.

Was ist davon zu halten? Wir raten zur Zurückhaltung: Ob die behauptete Forderung der Goldgas tatsächlich besteht, ist noch längst nicht ausgemacht.

Dem Schreiben beigefügt war eine „Bescheinigung über die Prüfung der Verfahrensbeschreibung Bereitstellung hauptbuchrelevanter Daten für die goldgas SL GmbH / Identifikation KA-rückerstattungsfähiger Zählpunkte“. Als für sie maßgeblichen Grenzpreis betrachtet die Goldgas den Betrag von 4,19 ct/kWh gemäß dem Wert aus der amtlichen Statistik des Statistischen Bundesamtes für 2009, da Goldgas in 2009 die Belieferung von Sondervertragskunden aufgenommen habe. Ein Wirtschaftsprüfertestat, über das die konkrete Darlegung des Anspruches im jeweiligen Einzelfall nachvollzogen werden könnte, war diesem Schreiben hingegen nicht beigefügt.

Der Befreiungstatbestand des § 2 Abs. 5 Nr. 2 KAV sieht eine unternehmensindividuelle Berechnung des Grenzpreises vor, und die ist in dreierlei Hinsicht problematisch:

  1. Unklar ist, auf welches Vertragsverhältnis sich die Formulierung in § 2 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 KAV bezieht. Manche legen die individuellen Lieferverträge zugrunde – dies würde aber diejenigen Lieferanten (regelmäßig Drittlieferanten) privilegieren, die erst in den letzten Jahren mit der Belieferung von Sonderkunden begonnen haben. Denn in der Vergangenheit sind die amtlich festgestellten Durchschnittserlöse im Vergleich zur Ausgangsgröße von 1,50 ct/kWh teilweise erheblich gestiegen. Damit würde eine Grenzpreisunterschreitung wahrscheinlicher, je später ein Lieferant die entsprechende Belieferung aufgenommen hat. Da für diese Benachteiligung kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich ist, steckt in dieser Auslegung ein vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG erhebliches Diskriminierungspotential.
  2. Schwierigkeiten begegnet außerdem die genaue Berechnung des individuellen Grenzpreises. Auch insoweit bedarf der Normtext der Auslegung. Jedenfalls ist aber der vom Statistischen Bundesamt für das jeweilige Jahr veröffentlichte Durchschnittserlös aus allen Gaslieferungen nicht der Grenzpreis im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 KAV. Dieser ist vielmehr nur die Bezugsgröße für die jährliche unternehmensindividuelle Veränderung des Grenzpreises, und auch dies nur für Unternehmen, die vor 1992 keine Sonderverträge vereinbart hatten. Im Übrigen ist anzumerken, dass Goldgas einen falschen Ausgangswert in Höhe von 4,19 ct/kWh ansetzt, da der vom Statistischen Bundesamt für 2009 ermittelte Durchschnittserlös zwischenzeitlich auf 4,18 ct/kWh korrigiert wurde.
  3. Schließlich sind an den Nachweis des Vorliegens einer Grenzpreisunterschreitung nach der Rechtsprechung hohe Anforderungen zu stellen. Wie das OLG Frankfurt mit Beschluss vom 28.11.2008 festgestellt hat, muss ein Netzbetreiber im Falle der Rückforderung gezahlter Konzessionsabgaben prüfen können, in welcher Höhe Konzessionsabgaben geschuldet sind. Diesen Nachweis hat gem. § 2 Abs. 6 Satz 3 KAV der Rückfordernde zu erbringen, zum Beispiel mittels des Testats eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers , damit der Netzbetreiber diese Prüfung durchführen kann. Der erforderliche Nachweis kann im Ergebnis nur durch Beibringung eines Testats erbracht werden, in welchem die Berechnung des individuellen Falles testiert wird. Eine reine Testierung des Verfahrens zur Identifizierung der Verbrauchsstellen, wie sie von der Goldgas vorgelegt wurde, ermöglicht dem Netzbetreiber keine Überprüfung des Anspruchs und ist insofern nicht ausreichend.

Vor dem Hintergrund der doch komplexen, in ihren Voraussetzungen teilweise unklaren und in Ansehung des Diskriminierungsverbotes auch problematischen Regelung des § 2 Abs. 5 Nr. 2 KAV wäre eine konkretere gesetzliche Neuregelung zu befürworten. Hier sind aber die Kommunen gefordert, ggf. über die kommunalen Spitzenverbände eine entsprechende Initiative zu starten.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Christian Theobald/Astrid Meyer-Hetling/Dennis Tischmacher

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