Genussscheine für Windkraftanlagen als Sicherheitsrisiko für Anleger?

(c) Martin Beckmann

Wer Verkaufprospekte gestaltet, braucht viel Fingerspitzengefühl und Augenmaß. Reißerische Werbeslogans bei der Bewerbung von entsprechenden Genussrechten können zwar Verbraucher anlocken, aber rechtlich unzulässig sein. Dies hat jetzt das OLG Schleswig in einer grundlegenden Entscheidung klar gestellt. Dabei ging es um Verkaufsprospekte, mit denen ein Unternehmen der Prokon-Unternehmensgruppe Genussrechte als Geldanlage bewirbt. Das Kapital wird in den Ausbau der Windkraftanlagen der Unternehmensgruppe investiert, ohne dass das werbende Unternehmen diese Anlagen besitzt oder betreibt.

Was sind Genussscheine? Es handelt sich um eine Anlageform, die in der Regel Rechte am Reingewinn einer Gesellschaft übergibt. Die Rendite ist häufig sehr hoch, aber dafür wird die Einlage bei einer Insolvenz der Gesellschaft erst nach vollständiger Befriedigung aller anderen Gläubiger zurückgezahlt. Anleger sollten sich daher immer bewusst sein, dass im schlimmsten Fall der Totalverlust der Einlage möglich ist.

Mit Abschluss des Genussrechtsvertrages verpflichtet sich der Genussrechtsinhaber, dem Emittenten das Genussrechtskapital zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug werden ihm Vermögensrechte gewährt, die in der Regel auch Gesellschaftern des Emittenten zustehen, wie zum Beispiel eine gewinnabhängige Vergütung. Wichtig ist dabei die Verlustbeteiligung. Sie regelt, wie ein etwaiger Jahresfehlbetrag/Bilanzverlust von dem Genusskapital zu tragen ist.

Damit ist bereits für Laien erkennbar, dass Genussrechte wegen der Verlustbeteiligung niemals risikofrei sind. Die Bewerbung der Genussrechte mit Aussagen wie

  • „Maximale Sicherheit zum Anfassen“
  • „Wie bei einer Sparanlage“
  • „Grünes Sparbuch – sicher wie bei einer Sparanlage“
  • „Sicherheit bei steigender Inflation“

ist unzulässig, wie das OLG Schleswig auch feststellt. Es handelt sich um wettbewerbsrechtlich unlautere, da irreführende Angaben über Vorteile und Chancen des beworbenen Produkts, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG. Verbrauchern wird suggeriert, dass diese Geldanlage so sicher sei wie bei einer Bank. Tatsächlich verschweigt die Beklagte, dass der Kauf von Genussscheinen ein hochspekulatives Geschäft ist. Vergleichbare Sicherheit mit gesetzlicher Einlagensicherung wie bei Sparbüchern existiert bei Genussscheinen eben nicht.

Auch schützen die Genussrechte hier nicht vor der Inflation. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Anleger Miteigentümer der Windparkanlagen werden würde. Das die Genussscheine ausgebende Unternehmen legt das damit erworbene Kapital aber in Form von Darlehen an Windparkbetreiber an. Inflationsgeschützt ist hier nur die Bonität der Darlehensnehmer, die die erhaltenen Gelder in den Windkraftanlagen (Sachwert) angelegt haben.

Die Werbung in den Verkaufsprospekten verstößt zudem gegen § 31 WpHG, wonach Werbung für Wertpapierdienstleistungen aussagekräftig, redlich und vor allem eindeutig sein muss. Das war bei den Verkaufsprospekten für Prokon-Beteiligungen an Windkraftanlagen nicht der Fall.

Ansprechpartner: Stefan Wollschläger/Nils Langeloh

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