Gilt für Strom- und Gaskonzessionen künftig das Vergaberecht?

G
Download PDF

Wenn es nach der EU-Kommission geht, soll für Dienstleistungskonzessionen zukünftig das gelten, was bereits für Baukonzessionen der Status quo ist: Grundsätzlich gilt das Vergaberecht. Die Kommission will damit für mehr Transparenz, Rechtssicherheit und Wettbewerb sorgen.

Bislang fallen Dienstleistungskonzessionen nach den einschlägigen europäischen Vergaberichtlinien (2004/17/EG; 2004/18/EG) ausdrücklich nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts. Dies bedeutet aber nicht, dass die Dienstleistungskonzession völlig ungeregelt vergeben werden kann. Der EuGH verlangt, dass die allgemeinen Grundsätze des Vergaberechts (Transparenz, Wettbewerb und Nichtdiskriminierung) auch bei Dienstleistungskonzessionen beachtet werden. Das Verfahren muss somit ebenfalls transparent und nicht diskriminierend sein, aber nicht so streng formalistisch.

Sollte sich die Kommission tatsächlich durchsetzen, würden zukünftig, mangels spezieller Regelungen, Konzessionen auf jeden Fall in den Bereichen der Wasser- und Fernwärmeversorgung, vermutlich aber auch im Bereich des Strom- und Gasnetzbetriebs, dem strengen Vergaberegime unterfallen. Wenn die weiteren Voraussetzungen (öffentlicher Auftraggeber, Erreichen/Überschreiten des einschlägigen Schwellenwertes, kein Ausnahmetatbestand) vorliegen, wäre eine europaweite Ausschreibung durchzuführen.

Nach den Plänen der Kommission soll auch die Rechtsmittelrichtlinie auf die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen anwendbar sein, mit der Folge, dass die Konzessionsverfahren zunächst vor den Vergabekammern und schließlich auch im Wege der sofortigen Beschwerde vor dem zuständigen Oberlandesgericht überprüfbar wären. Es ist auch davon auszugehen, dass zumindest Teile der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A-EG) dann ebenfalls auf die Dienstleistungskonzession Anwendung finden würden, so dass gewisse Verfahrensinhalte und –fristen zu beachten wären.

Konzessionen im Strom- und Gasbereich

Doch was bedeutet die Gesetzesinitiative für Konzessionen der Strom- und Gasversorgung, die bereits heute der § 46 EnWG regelt? Nach § 46 EnWG müssen Gemeinden spätestens zwei Jahre vor Ablauf der Konzession das Vertragsende und einen Hinweis auf die zu veröffentlichenden Daten auf den vorgegebenen Plattformen (Bundesanzeiger oder elektronischer Bundesanzeiger) bekannt machen. In Gemeindegebieten mit mehr als 100.000 Kunden muss sogar eine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgen.

Anders will dies die Initiative der EU-Kommission regeln. Nach Meldungen des Bundesverbands für öffentliche Dienstleistungen plant die Kommission die Einführung eines Schwellenwertes für Dienstleistungskonzessionen in Höhe von 4,8 Mio. Euro. Ab diesem Schwellenwert muss stets, soweit auch die übrigen Voraussetzungen vorliegen, eine europaweite Ausschreibung stattfinden. Diese Schwelle dürfte im Bereich der Strom- und Gaskonzessionen, bei denen langjährige Laufzeiten angesetzt sind, stets erreicht werden. Hier besteht nun ein Spannungsverhältnis zur aktuellen Regelung des § 46 EnWG.

Dieses Spannungsverhältnis ließe sich dann auflösen, wenn die EU-Gesetzesinitiative eine Bereichsausnahme für Konzessionen auf den Gebieten des Strom- und Gasnetzbetriebs vorsieht oder dem nationalen Gesetzgeber genügend Umsetzungsspielräume erhält, sich für eine Differenzierung zwischen dem allgemeinem Vergaberecht und dem Konzessionsrecht zu entscheiden. Sonst müsste § 46 EnWG den vergaberechtlichen Vorgaben angepasst werden.

Bereits heute wird durch das EnWG eine diskriminierungsfreie Vergabe der Konzession geregelt. Weitere strenge Vorgaben durch das Vergaberegime sind nicht zwingend erforderlich und führen nur zu einer Erhöhung der Kosten für die Durchführung des Verfahrens. Auch die Bundesregierung hält eine uneingeschränkte Anwendbarkeit der vergaberechtlichen Regelungen auf die Dienstleistungskonzession nicht für erforderlich oder sinnvoll.

Das für Dienstleistungskonzessionen anwendbare Recht mit dem für Baukonzessionen gleichzustellen, wirkt nur auf den ersten Blick konsequent. Eine Baukonzession ist oft genug als ein Ersatz für einen Bauauftrag anzusehen, so dass eine völlige Ausnahme vom Vergaberecht nicht sinnvoll gewesen wäre. Anders verhält es sich dagegen mit Dienstleistungskonzessionen. Wie gerade der Bereich der Versorgungswirtschaft zeigt, nehmen die Gemeinden zwar bei der Konzessionierung öffentliche Aufgaben wahr. Jedoch erscheint nicht zuletzt eine Konzessionierung nach den Kriterien des „wirtschaftlichsten Angebots“ oder gar des „niedrigsten Preises“ sachfremd.

Kommt es tatsächlich zu einer Umsetzung der Gesetzesinitiative, wäre eine Bereichsausnahme auf den Gebieten der Strom- und Gasversorgung oder zumindest eine eingeschränkte Anwendung der vergaberechtlichen Vorschriften wünschenswert.

Wenn es nach der EU-Kommission geht, soll für Dienstleistungskonzessionen zukünftig das gelten, was bereits für Baukonzessionen der Status quo ist: die grundsätzliche Anwendung des Vergaberechts. Die Kommission will damit für mehr Transparenz, Rechtssicherheit und Wettbewerb sorgen.

Ansprechpartner: Axel Kafka/Dr. Sascha Michaels

Folgen Sie uns auf Twitter

Kategorien

Archive

BBH Almanach

Materialien für Praktiker im
Energie-, Infrastruktur- und öffentlichem Sektor aus Wirtschaft, Recht und Steuern

Veranstaltungskalender