Hochspannung in der Energiebranche beim Kartellrechtlichen Schadensersatz – Bußgelder für Hersteller von HS-Kabeln

(c) BBH
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Die Europäische Kommission hat am 2.4.2014 erneut eine Bußgeldentscheidung gegen ein Kartell verhängt, von der zahlreiche Unternehmen der Energiebranche betroffen sein dürften. Es handelt sich um das sog. Hochspannungs-Energiekabelkartell, an dem nach den Feststellungen der Kommission die weltweit größten Hersteller von Hochspannungs-Energiekabeln –  sechs europäische, drei japanische und zwei koreanische Unternehmen – beteiligt waren (vollständige Liste der bebußten Unternehmen). Der Kommission zufolge bestand das Kartell von 1999 bis Januar 2009 und hatte Markt und Kunden weltweit unter sich aufgeteilt. Die Absprachen, auf die sich der Bußgeldbescheid bezieht, dürften nur Erd- und Unterwasserkabel betroffen haben, denn das EuG hatte in den Rechtssachen T-135/09 und T-140/09 die Nachprüfungsentscheidung der Kommission gegenüber zwei der Kartellbeteiligten insoweit für nichtig erklärt, als sie andere als Hochspannungssee- bzw. Hochspannungsenergiekabel betraf. Auch in der Pressemitteilung der Kommission vom 2.4.2014 ist nur von Erd- und Unterwasserkabeln die Rede. Wie weit die Bußgeldentscheidung im Einzelnen reicht, kann man aber erst sagen, wenn die Kommission sie veröffentlicht.

Das Hochspannungskabelkartell ist nicht das erste, das zahlreichen Unternehmen der Energiebranche hohe Geldbußen eingebracht hat. Im Jahre 2009 verhängte die Europäische Kommission Geldbußen von insgesamt 67,6 Mio. Euro gegen das so genannte Transformatorenkartell, an dem sieben europäische und japanische Transformatorenhersteller beteiligt waren. Das nationale Leistungstransformatorenkartell bebußte das Bundeskartellamt (BKartA) im Jahre 2012, und zwar mit insgesamt 24,3 Mio. Euro (wir berichteten). Diesem Verfahren ging wiederum ein Kartellverfahren des BKartA gegen Hersteller von Großdampferzeugern für Braunkohlekraftwerke (Geldbuße i.H.v. 91 Mio. Euro; im Jahre 2011 korrigiert auf 42 Mio. Euro) voraus.

Dass immer mehr Kartelle auf den Energiemärkten aufgedeckt und sanktioniert werden, führt dazu, dass die ohnehin für die Effektivität der Kartellrechtsdurchsetzung zunehmend relevanten kartellrechtlichen Schadensersatzklagen (sog. Private Enforcement) nunmehr auch speziell im Bereich der Energiewirtschaft häufiger werden dürften. Diese erhöhte Relevanz spiegelt sich darin, dass der europäische Gesetzgeber und die nationale Rechtsprechung anstreben, die Stellung der Geschädigten zu stärken und damit Kartellrechtsabsprachen von vornherein unattraktiv zu machen. Im Juni 2013 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über kartellrechtliche Schadensersatzklagen veröffentlicht (wir berichteten), mit dem sie unter anderem das Ziel verfolgt, neben der Erhaltung eines hohen Schutzes der Kronzeugenprogramme gleichzeitig den Kartellgeschädigten die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu erleichtern. Das Europäische Parlament hat den Vorschlag inzwischen – am 17.4.2014 – mit Änderungen angenommen. Die Zustimmung des Rates ist in Kürze zu erwarten, da bereits vor der Abstimmung im Parlament ein institutioneller Kompromiss der Europäischen Organe gefunden worden ist. Mit der in diesem Jahr dann noch zu erwartenden Veröffentlichung beginnt die Umsetzungsfrist bis zum Jahre 2016 (zwei Jahre nach Erlass) zu laufen.

Die Entwicklungen in der Rechtsprechung zeigen sogar noch stärkere Tendenzen, die Geschädigten gegenüber den Kartellbeteiligten besser aufzustellen. Über die gesetzlichen Nachweiserleichterungen (vgl. nur § 33 Abs. 4 GWB, welcher die Bindungswirkung der Feststellung eines Kartellrechtsverstoßes durch eine Kartellbehörde für Zivilgerichte statuiert) hinaus werden weitere entwickelt (vgl. z.B. das Urteil des OLG Karlsruhe vom 31.7.2013, Az. 6 U 51/12 (Kart.) zum Anscheinsbeweis der konkreten Betroffenheit und zur Angemessenheit einer schadenspauschalierenden Klausel). Die ablehnende Haltung der Kartellbehörden und Gerichte hinsichtlich der Gewährung von Akteneinsicht in Kronzeugenunterlagen wird zunehmend in Zweifel gezogen (siehe OLG Hamm, Beschluss vom 23.11.2013, Az. 1 VAs 116/13 – 120/13 und 122/13 und Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss v. 6.3.2014, Az. 1 BvR 3541/13).

Auch wenn es auch so noch schwierig genug bleibt, Schadensersatzansprüche geltend zu machen: die Stellung der Geschädigten ist oft viel vorteilhafter, als sie selbst ahnen. Nicht nur sind sie gesellschaftsrechtlich bzw. nach kommunalem Haushaltsrecht verpflichtet, kartellrechtliche Schadensersatzansprüche sorgfältig zu prüfen und ggf. durchzusetzen. Auch finanziell lohnt es sich oft, zu klagen, zumal ein Kompromiss oft außerhalb des Gerichtssaals im Verhandlungswege gefunden wird. Dies zeigen zum Beispiel die auf großes Medieninteresse gestoßenen außergerichtlichen Vergleiche der Deutschen Bahn mit zwei Beteiligten des Schienenkartells (Voestalpine und Thyssen Krupp) (wir berichteten) oder die erfolgreichen Verhandlungen der geschädigten Kommunen mit den Beteiligten des Feuerwehrkartells. Beide Beispiele können auch der sich immer häufiger in der Geschädigtenrolle befindenden Energiebranche als Vorbild dienen. 

Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Anna Lesinska-Adamson

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