Kein Anschluss unter dieser Nummer? Hotspot Telekommunikation

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Darf ein Telekommunikationsanbieter auf Routern, die er seinen Kunden zur Verfügung stellt, ohne deren ausdrückliche Zustimmung einen teilöffentlichen WLAN-Hotspot einrichten? Diese Frage beschäftigte zerst das Landgericht (LG) Köln (Urt. v. 9.5.2017, Az. 31 O 227/16), dann das Oberlandesgericht (OLG) Köln (Urt. v. 2.2.2018, Az. 6 U 85/17) und schließlich den Bundesgerichtshof (BGH). Dieser hat nun abschließend festgestellt (Urt. v. 25.4.2019, Az. I ZR 23/18), dass das Vorgehen von Unitymedia rechtmäßig ist. Ein Widerspruchsrecht der Kunden reiche an dieser Stelle aus.

Unitymedia möchte für ihre Kunden ein möglichst flächendeckendes WiFi-Netz für unterwegs anbieten. Hierfür greift das Unternehmen auf die Router seiner Kunden zurück, die ein zweites, von dem privaten WLAN-Zugang unabhängiges und (für Unitymedia-Kunden) öffentlich zugängliches WLAN-Signal aussenden. Dass diese Router-„Zweitverwertung“ ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden passiert, dagegen hatte die Verbraucherschutzzentrale NRW geklagt – vergeblich.

Dies belästige die Kunden nicht unzumutbar (§ 7 Abs. 1  Satz 1  UWG), wenn ihnen ein  Widerspruchsrecht zusteht, die Aktivierung des zweiten WLAN-Signals ihren Internetzugang nicht beeinträchtigt und sie auch sonst keine Nachteile, insbesondere keine Sicherheits- und Haftungsrisiken oder Mehrkosten zu tragen haben, so das Urteil des BGH. Die Aktivierung eines zweiten WLAN-Signals sei keine Vertragsverletzung, denn der Zugang zum Internet wird durch das zweite Signal ja nicht beeinträchtigt. Deshalb sei auch die Möglichkeit zum Widerspruch ausreichend. Außerdem besitzen die Kunden grundsätzlich kein ausschließliches Nutzungsrecht an den Routern, die Unitymedia zur Verfügung stellt und die sich weiterhin in deren Eigentum befinden. Da nicht der Kunde, der im Besitz des Routers ist, das zweite WLAN-Signal anbietet, sondern der Versorger selbst, trägt Unitymedia das Haftungsrisiko allein. An dieser Stelle bestehe demnach keine Gefahr einer Inanspruchnahme des Kunden.

Damit darf Unitymedia ihr Projekt eines flächendeckenden WLAN-Hotspot-Netzes für ihre Kunden weiterverfolgen. „Flächendeckend“, das ist auch das Stichwort für die geplante Fusion von Unitymedia und Vodafone. Im Mai 2018 hatte Vodafone bekannt gegeben, Unitymedia – und damit auch die Kabelnetze in Baden-Württemberg, Hessen und NRW – übernehmen zu wollen. Damit lägen alle großen Kabelnetze in Deutschland in einer Hand. Aktuell liegt das Vorhaben zur Prüfung bei der EU-Kommission, die ernste Zweifel daran hegt, ob dieser Zusammenschluss verträglich für den Wettbewerb wäre, und deshalb am 11.12.2018 in das Hauptprüfverfahren im Rahmen der Fusionskontrolle eingestiegen ist. Das Übernahmevorhaben betrifft dabei nicht nur den deutschen Markt, sondern auch die Unternehmenstätigkeiten der Unity-Muttergesellschaft Liberty Global in Tschechien, Ungarn und Rumänien. Die GD Wettbewerb befürchtet durch die Fusion nicht nur höhere Preise auf dem deutschen und tschechischen Telekommunikationsmarkt, sondern auch weniger Auswahl und eine eingeschränkte Innovation bei Telekommunikations- und TV-Diensten.

Die Kommission will über die Fusion – nach mehrfacher Verlängerung der Prüffrist – voraussichtlich am 23.7.2019 entscheiden. Einstweilen haben Vodafone und Unitymedia Nachbesserungen angeboten, was die Details des Deals anbelangt. Vor kurzem gab Vodafone bekannt, ihre Netze für den Konkurrenten Telefónica Deutschland (O2) öffnen zu wollen – allerdings nur für diesen und nur für eine Geschwindigkeit von bis zu 300 Megabit pro Sekunde, was wenig zukunftsgerichtet ist.

Bleibt also abzuwarten, ob die EU-Kommission den Plänen einer flächendeckenden Erschließung der Kunden mit Kabel- und Internetprodukten auch an dieser Stelle grünes Licht erteilt.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Axel Kafka/Dr. Tigran Heymann

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