Kommission fragt nach Ihrer Meinung zu Beihilfen für Erneuerbare Energien

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Am 31.7.2012 hat die Europäische Kommission eine öffentliche Konsultation zum Thema Beihilfen im Umweltschutz gestartet. Dabei ist ein ganzes Kapitel mit insgesamt vier Fragen der Förderung der Erneuerbaren Energien gewidmet: Können mitgliedstaatliche Förderregelungen, die aus Sicht der Kommission unter den Beihilfebegriff aus Art. 107 AEUV (Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union) fallen, durch den Umweltschutzaspekt gerechtfertigt werden?

Zum Hintergrund: Die Kommission wird 2013 die bestehenden Gemeinschaftsleitlinien für staatliche Beihilfen im Umweltschutz überarbeiten, ebenso die allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung. Letztere kann im Falle von einmaligen Investitionshilfen sogar von der ansonsten für alle staatlichen Beihilfen geltenden Notifizierungspflicht befreien. Bei der Förderung der Erneuerbaren Energien geht es jedoch meist um laufend ausgezahlte Betriebsbeihilfen, beispielsweise in Form von Einspeisetarifen. Dabei geht die Kommission – was freilich umstritten ist, der EuGH hat dies bislang verneint – davon aus, dass Förderregelungen für Erneuerbare Energien auf der Basis von Einspeisetarifen überhaupt unter Umständen unter den Beihilfebegriff fallen können. Investitionsbeihilfen werden generell als weniger wettbewerbsbeschränkend angesehen, da es sich eben um eine einmalige Zahlung handelt und danach die Empfänger sich selbst und dem Markt überlassen werden, wohingegen Betriebsbeihilfen fortlaufend ausgezahlt werden und somit permanent in den Markt eingreifen. Daher gilt auch für Betriebsbeihilfen ein strengeres Regime; sie müssen stets der Kommission notifiziert und von dieser freigegeben werden.

Entsprechend fragt die Kommission im Konsultationspapier dann auch gezielt nach dem Funktionieren der bestehenden Betriebsbeihilfensysteme. Zunächst geht es um die Sonderregelung für Biomasse, die höhere Betriebsbeihilfen erlaubt und damit den höheren Kosten dieser Anlagen Rechnung trägt. Dann wird nach dem Unterschied zwischen Investitions- und Betriebsbeihilfen gefragt und der persönlichen Erfahrung damit. Auch werden die drei verschiedenen Möglichkeiten der Ausgestaltung von Betriebsbeihilfen nach den bestehenden Gemeinschaftsleitfäden hinterfragt.

So ist derzeit ein System möglich, in dem lediglich der Unterschied zwischen den Erzeugungskosten (inklusive Abschreibungen) und dem Marktpreis vergütet wird, jeweils so lange bis die Investition komplett abgeschrieben ist. Dieses Modell, das komplexe Berechungen erfordert, die von der Kommission im Rahmen des Freigabeverfahrens geprüft werden, wird beispielsweise bei Einspeisetarifen, die unter den Beihilfetatbestand fallen, verwendet. Auch können sich die Mitgliedsstaaten für eine Förderung über Marktmechanismen entscheiden, wobei grüne Zertifikate erwähnt werden. Die Idee ist dabei, dass die Höhe der Förderung zumindest einem gewissen Marktrisiko ausgesetzt ist, da sie nicht vorab festgesetzt ist. Des Weiteren ist eine Förderung für einen Zeitraum von maximal 5 Jahren zulässig, bei der die Vergütung der Extrakosten entweder linear sinkt oder aber nicht mehr als 50 Prozent der Extrakosten trägt.

Die Kommission will diesbezüglich wissen, welche Optionen nach eigener Erfahrung am häufigsten genutzt werden und warum. In einer dritten Frage geht es dann um Ausschreibungen und um die Frage, wie diese wettbewerblich, transparent und diskriminierungsfrei gestaltet werden können. Die letzte Frage zielt dann ebenso auf eine marktfreundliche und konkurrenzbetonte Förderung in der Zukunft und fragt ob und wenn ja welche Methoden am besten geeignet seien, um Erneuerbare Energien konkurrenzfähig zu machen und in den Markt zu integrieren.

Alles in allem wird also erneut aus dem Konsultationspapier deutlich, dass die Kommission wohl weg will von einer Ausnahmebehandlung für Erneuerbare Energien. Zwar scheint nicht angedacht zu sein, vollkommen von jeglicher Förderung abzusehen, aber es könnte beispielsweise in der Zukunft die vollkommen „marktfreie“ Förderungsoption, wie beispielsweise bei festen Einspeisetarifen, strengeren Voraussetzungen unterworfen oder gegebenenfalls sogar überhaupt nicht mehr zugelassen werden. Ähnliche Tendenzen, in der Zukunft die Förderung der Erneuerbaren Energien einem Marktrisiko auszusetzen, hatte immerhin kürzlich die Kommission in ihrem Papier zu Erneuerbaren Energien „A major global player“ anklingen lassen.

Die Konsultation steht offen bis zum 23.10.2012. Jeder Interessierte kann im Prinzip teilnehmen und es ist nicht verlangt, dass auf alle Fragen geantwortet wird, das heißt man kann auch nur seine Meinung zu den vier Fragen bezüglich der Erneuerbaren Förderung kund tun.

Ansprechpartner: Dr. Dörte Fouquet/Dr. Christian Jung/Dr. Martin Altrock

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