Kraftwerksförderprogramm der Bundesregierung – 5 Prozent sind besser als nichts?

Bau Kran Sonne
© BBH

Für Anhänger mancher Partei sind 5 Prozent ein ordentliches Ergebnis. Nicht berauschend, aber Hauptsache wieder dabei. Für Kraftwerksbetreiber und Unternehmen, die die Errichtung eines neuen Kraftwerks planen, sind 5 Prozent dagegen erstmal eine herbe Enttäuschung.

Worum geht es? Die Investitionsbedingungen auf dem deutschen Stromerzeugungsmarkt sind momentan denkbar schlecht: Die rechtlichen Hürden für den Kraftwerksbau sind hoch, die Strompreise vergleichsweise niedrig, die Einsatzzeiten wiederum zu gering, und durch den gewollten und subventionierten Ausbau der Erneuerbaren Energien wird die Sache auch nicht besser. Trotzdem sollen neue Kraftwerke her. Also müssen Anreize für Investoren geschaffen werden. Und womit hilft der Staat? Mit Geld natürlich, beispielsweise in Form staatlicher Beihilfen.

Der Grundstein für die Gewährung solcher staatlicher Beihilfen für den Kraftwerksbau wurde bereits mit der Richtlinie 2009/29/EG (sog. EHS-Richtlinie) gelegt. Deren Art. 10 Abs. 3 EHS-RL regelt unter anderem, für welche Zwecke die Mitgliedsstaaten Einnahmen aus der Versteigerung von Treibhausemissionszertifikaten verwenden können. Um diese Regelung zu konkretisieren, hatte die Kommission eine Protokollerklärung veröffentlicht. Darin ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten die Versteigerungserlöse von 2013 bis 2016 auch für die Förderung des Baus hocheffizienter CCS-reifer Kraftwerke nutzen und dabei bis zu 15 Prozent der gesamten Investitionskosten fördern können (wir berichteten). Emsige Kraftwerksbauer hatten daher also allen Grund zur Vorfreude.

Vor diesem Hintergrund plant das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) schon seit geraumer Zeit ein Kraftwerksförderprogramm umzusetzen. Ein solches hatte die Bundesregierung bereits im Energiekonzept vom 28.9.2010 angekündigt. Der Haken dabei: Staatliche Beihilfen sind eigentlich europarechtlich verboten. Nur eine Beihilfenfreistellung der EU-Kommission kann hier Abhilfe schaffen. Gleichzeitig gibt sie auch den Rahmen vor, an den sich das nationale Kraftwerksförderprogramm zu halten hat.

Strenge CCS-Vorgaben der EU-Kommission

Nach langer Bedenkzeit – die öffentliche Konsultation des Leitlinien-Entwurfs endete bereits im Januar (wir berichteten) – hat sich die Kommission nun endlich auf verbindliche beihilferechtliche Rahmenbedingungen für die Kraftwerksförderung festgelegt. Wie aber angesichts des Konsultationsentwurfs zu erwarten war, knüpfen die am 22.5.2012 veröffentlichten Leitlinien zur Beihilfenfreistellung die Förderung an strenge Vorgaben. Der Umfang der Förderung staffelt sich demnach wie folgt:

  • Kraftwerke, bei denen die vollständige CCS-Umsetzung vor 2020 beginnt, dürfen eine Beihilfe von maximal 15 Prozent der beihilfefähigen Kosten erhalten.
  • CCS-fähigen Kraftwerken (das heißt solche Anlagen, bei denen nachgewiesen wurde, dass geeignete Speicherstätten vorhanden und Transportvorrichtungen sowie eine Nachrüstung zur CO2-Abscheidung technisch und wirtschaftlich machbar sind), bei denen eine vollständige CCS-Umsetzung nicht vor 2020 beginnen wird, kann – im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens – eine Beihilfe von maximal 10 Prozent der beihilfefähigen Kosten gewährt werden.
  • Sonstige neue Kraftwerke dürfen mit maximal 5 Prozent der beihilfefähigen Kosten gefördert werden.

Die Bundesregierung und Marktbeteiligte hatten diese Verknüpfung zwischen CCS-Förderung und Beihilfenumfang heftig kritisiert. Geholfen hat es nichts.

Zu wenig Investitionsanreize

In Deutschland ist schon aufgrund der politischen Lage kaum an eine CCS-Umsetzung in den nächsten Jahren zu denken (wir berichteten). Eine vollständige CCS-Umsetzung bis 2020 dürfte aber auch unter veränderten politischen Voraussetzungen kaum machbar sein. Der Reifegrad der Technik, notwendige Untersuchungen von Lagerstätten und die fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung machen eine Umsetzung der Technik bis 2020 faktisch unmöglich.

Realistisch betrachtet dürften deutsche Kraftwerksbetreiber daher maximal 5 Prozent der Investitionskosten als Beihilfe erhalten. Damit allein wird sich kaum ein Unternehmen in Deutschland vom Bau eines neuen Kraftwerks überzeugen lassen. Das eigentliche Ziel der Freistellung – die Schaffung von Anreizen für den Bau flexibler, hocheffizienter und damit letztlich umweltfreundlicher Kraftwerke – wird damit schlicht verfehlt.

Andererseits: 5 Prozent sind besser als gar nichts!

Trotz allem Unbehagen über das, was letztlich vom beabsichtigten Förderprogramm noch übrig geblieben ist: Jetzt gilt es für das BMWi, aus den EU-Vorgaben das Beste zu machen, also schnellstmöglich ein nationales Kraftwerkförderprogramm aufzustellen, das – auch wenn eine 15prozentige Förderung zum gegenwärtigen Stand praktisch ausgeschlossen ist – zusätzliche Investitionsanreize schafft. Denn: Auch 5 Prozent sind immer noch mehr als nichts und bedeuten für die Stromerzeuger zusätzliches Kapital – beim teuren Kraftwerksbau ist schließlich jeder Zuschuss willkommen. Vielleicht lässt aber auch die „CCS-Fähigkeit“ für eine 10prozentige Förderung Spielraum zur Ausgestaltung und damit Platz für Phantasien der Kraftwerksbetreiber …

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Olaf Däuper/Dr. Tigran Heymann

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