Monopolkommission sieht den Entwurf zum Strommarktgesetz kritisch

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Die Monopolkommission begutachtet regelmäßig, wie gut der Wettbewerb auf den deutschen Strom- und Gasmärkten funktioniert und wie er sich absehbar entwickelt. In ihrem jüngsten Gutachten vom 6.10.2015 hat sich die Monopolkommission eingehend mit dem aktuellen Entwurf (wir berichteten) der Bundesregierung zum Strommarktgesetz auseinandergesetzt. Dazu griff die Monopolkommission auf das Grün– und Weißbuch der Bundesregierung zum Strommarkt 2.0 zurück (wir berichteten). Auch wenn sie grundsätzlich der Entwicklung zu einem wettbewerbsnahen Strommarkt zustimmt, sieht sie einzelne Vorhaben des Strommarktgesetzes äußerst kritisch:

Dies betrifft zum einen die Einführung der Kapazitäts- und Klimareserve. So ist eine Kapazitätsreserve nach Auffassung der Monopolkommission mit einer Reihe von Nachteilen verbunden. Ein Kapazitätsmarkt würde in ihren Augen die Versorgungssicherheit effizienter absichern und könnte das Niveau von Kapazitätsvorhaltung und Versorgungssicherheit zielsicher und verlässlich steuern. Sie empfiehlt daher eine Reserve nur als mögliches Übergangsinstrument einzusetzen, um bestehende Unsicherheiten zu überbrücken, und sie nach spätestens 10 Jahren aufzulösen.

Weiter zweifelt die Monopolkommission daran, dass die Überführung der Braunkohlekraftwerke in eine Kapazitätsreserve umweltpolitisch sinnvoll ist. Stattdessen plädiert sie dafür, das Emissionshandelssystem zu stärken, um den Co2-Ausstoß insgesamt zu reduzieren. Zur Kritik am bestehenden Emissionshandelssystem merkt sie an, dass ein niedriger Zertifikatspreis auch darauf hindeutet, dass die Vermeidung von CO2-Emissionen günstiger geworden ist und deshalb weniger Zertifikate in Anspruch genommen werden.

Die Monopolkommission warnt aber auch davor, dass sich, wenn die Überkapazitäten im Strommarkt in absehbarer Weise wieder sinken, auch wieder höhere Preise am Markt einstellen können. Dies wird nach ihrer Ansicht erhöhte Aufmerksamkeit der Bundesnetzagentur (BNetzA) und des Bundeskartellamtes (BKartA) erfordern, um rein marktmachtbedingte Preiserhöhungen, die rechtlich verfolgt werden können, von anderen zu unterscheiden. Es wäre daher hilfreich für die Unternehmen und ihre Investitionsbereitschaft, wenn die Behörden Maßstäbe und Kriterien in Leitlinien darlegen könnten, nach denen sie das Preissetzungsverhalten von Energieversorgern bewerten. Sie lehnt jedoch den im Strommarktgesetz vorgesehenen Marktmachtbericht ab, da sich ihrer Einschätzung nach die Marktbeherrschung im Großhandelsbereich derzeit nicht beständig feststellen lässt.

Dagegen begrüßt die Monopolkommission die Bemühungen im EEG 2014, die erneuerbaren Energien stärker in den Markt zu integrieren und – damit einhergehend – die Kosten zu senken. Sie warnt jedoch davor, dass der Systemwechsel auch geeignete Rahmenbedingungen vorgeben muss, um wirklich nennenswerte Verbesserungen mit sich zu bringen. Die Förderhöhe sollte deutschlandweit und technologieneutral ausgeschrieben werden. Nur dann sei die Ausschreibung effizient.

Nicht uninteressant ist, dass die Monopolkommission in der Diskussion um eine Spaltung der deutschen Marktgebietszone (wir berichteten) einen eigenen Vorschlag macht. Sie lehnt die Spaltung grundsätzlich ab. Zwar könnten so Produktionsanreize für bestehende Anlagen und Investitionsanreize für Neuanlagen (begrenzt) regional gesteuert werden. Jedoch würden sich die Preisunterschiede aufgrund der Marktgebietsaufteilung auf die Endkundenpreise niederschlagen. Effizienter sei es, ein regional differenziertes, erzeugerseitiges Netzentgelt einzuführen. In diesem sollten Anlagen in Engpassregionen eine niedrigere Komponente zahlen oder sogar eine Prämie erhalten, dadurch zu einer systemdienlichen Standortwahl und einem systemdienlichen Betrieb beitragen und so insgesamt zu einer Entlastung des Netzes beisteuern.

Um Versorgungssicherheit zu erreichen, muss nach Ansicht der Monopolkommission nicht nur die Erzeugung gesteuert, sondern nicht zuletzt auch die Nachfrageseite flexibilisiert werden. Sie begrüßt ausdrücklich die Entwicklung von Demand Side Management bzw. Laststeuerung, die den Netzausbaubedarf grundsätzlich senken können (siehe auch hier).

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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