Nach dem Plenumsbeschluss des EU-Parlaments über die Reform des Emissionshandels: Wie geht es weiter in Sachen Carbon Leakage?

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Der Weg zur Reform des Europäischen Emissionshandels ist frei. Am 6. Februar 2018 hat das EU-Parlament mit großer Mehrheit für eine Reform für die ab 2021 beginnende 4. Emissionshandelsperiode gestimmt. Damit steht nun auch fest, welche Vorgaben die Europäische Kommission bei der Festlegung der abwanderungsbedrohten Sektoren (Stichwort: Carbon Leakage – CL) zu beachten hat. Dabei wurden überwiegend die Kriterien aus dem Vorschlag der Europäischen Kommission (wir berichteten) übernommen: Grundsätzlich kommen die Sektoren auf die CL-Liste, die sowohl CO2-intensiv produzieren als auch eine hohe Außenhandelsintensität haben, da beides zusammen auf einen besonders intensiven internationalen Wettbewerb hinweist.

Dementsprechend wird es bei der Bestimmung der CL-Sektoren auch sehr zahlenlastig:

So sollen zunächst diejenigen Sektoren auf die CL-Liste gesetzt werden, bei denen das Produkt aus der Außenhandelsintensität und der Emissionsintensität, dividiert durch die Bruttowertschöpfung, den Wert 0,2 überschreitet.

Sektoren, die diese Schwelle nicht erreichen, aber einen Wert von 0,15 überschreiten, können sich anhand weiterer qualitativer Kriterien noch für die CL-Liste qualifizieren. Diese sind:

  1. der Umfang, in dem einzelne Anlagen in dem betreffenden Sektor in der Lage sind, ihre Emissionsmengen oder ihren Stromverbrauch zu senken;
  2. die aktuellen und voraussichtlichen Marktbedingungen, einschließlich eines gemeinsamen Referenzpreises
  3. die Gewinnspannen als potentielle Indikatoren für langfristige Investitionen oder Beschlüsse über Standortverlagerungen unter Berücksichtigung der Änderungen der Produktionskosten im Zusammenhang mit Emissionsreduktionen.

Sektoren, die die genannten Schwellenwerte nicht überschreiten, jedoch einen Schwellenwert von 1,5  bei der Division der Emissionsintensität (in kg) durch ihre Bruttowertschöpfung (in Euro) überschreiten, können ebenfalls beantragen, dass ihr CL-Risiko anhand qualitativer Kriterien geprüft oder auf Produktebene anhand der achtstelligen Prodcom-Codes bewertet wird.

Wie geht es weiter?

Die Europäische Kommission hat bis zum 31. Dezember 2019 einen Durchführungsakt zu erlassen, in dem die Sektoren genannt werden, die die oben genannten Kriterien erfüllen (CL-Liste).

Bereits vom 16. Oktober 2017 bis 13. November 2017 fand hierzu ein Konsultationsverfahren statt, bei dem die Kommission nach der Meinung potentiell betroffener Unternehmer gefragt hat. Seit dem 20. November 2017 läuft bis zum 12. Februar 2018 – als zweite Stufe – ein weiteres Konsultationsverfahren. Dort fragt die Europäische Kommission nach der Meinung der beteiligten Akteure und der Bürger/-innen in Bezug auf die methodischen Entscheidungen, die zur Bewertung der Sektoren anhand festgelegter Kriterien getroffen werden müssen, um den in der EU-EHS-Richtlinie bereits vorgegeben Bestimmungen zu folgen.

Welche Sektoren – und ihre jeweiligen Versorger – schlussendlich privilegiert sein werden, lässt sich daher immer noch nicht abschließend sagen. Daher heißt es hier weiter: Abwarten!

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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