Neue Börsen-Indizes für den Strommarkt 2.0

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Die Energiewende fordert den Teilnehmern des Energiemarktes eine Menge ab. Sie müssen sich immer flexibler auf neue Entwicklungen am Strommarkt einstellen. So werden Bilanzkreisverantwortliche von der Bundesnetzagentur (BNetzA) immer stärker in die Pflicht genommen ihre Bilanzkreise durch verbesserte Prognosen und kurzfristigen Handel viertelstündlich glattzustellen. Dies führte in den vergangenen Jahren dazu, dass der sehr kurzfristige Intraday-Handel für die Marktteilnehmer immer wichtiger wird.

Einführung der Viertelstundenauktion und Ausbau des Intraday-Handels

Der Börsenplatzbetreiber EPEX SPOT mit Sitz in Paris erkannte die Zeichen der Zeit bereits im vergangenen Jahr und führte am 9.12.2014 eine Viertelstundenauktion ein, die täglich kurz vor Beginn des kontinuierlichen Handels durchgeführt wird. Sie bildet somit nicht nur den Auftakt für den täglichen Kurzfristhandel, sondern eröffnet auch den Marktteilnehmern, die nicht in der Lage sind, einen 24/7-Handelsdesk eigenständig zu betreiben, die Möglichkeit, ihre Bilanzkreise viertelstundenscharf zu bereinigen.

Um den Intraday-Handel zu stärken, hat die EPEX SPOT zudem ihre Indexpalette ausgebaut. Sie führte vor wenigen Wochen (am 16.6.) einen viertelstündlichen Intraday-Index für den kontinuierlichen Intraday-Handel ein, der für jede Viertelstunde eines Tages einen gewichteten mittleren Preis festlegt, auf Basis des gesamten Handelszeitraums. Im gleichen Atemzug wird Intraday-Vorlaufzeit verkürzt und der Handelsschluss auf allen Märkten auf 30 Minuten vor Beginn der Lieferung vorverlegt.

Da ein Großteil des kontinuierlichen Handels aufgrund steigender Qualität von Kurzfristprognosen wenige Stunden vor Beginn der Lieferung stattfindet, scheint es daher nur konsequent zu sein, dass die EPEX SPOT diese Woche (am 6. 7.) auch einen sogenannten ID3-Preisindex veröffentlicht hat. Die Werte des ID3 basieren auf den Handelstransaktionen der letzten drei Stunden vor Beginn einer Lieferung. Somit liefert dieser Index eine genauere monetäre Bewertungsgrundlage für kurzfristige Prognosekorrekturen für die volatile Einspeisung.

Der Mehrwert von Intraday-Indizes für den Markt

Doch was bedeuten diese Intraday-Indizes für den Markt? Denkbar wäre, dass innovative Strombezugs- oder Direktvermarktungsverträge entwickelt werden. Naheliegend wäre beispielsweise, dass beim Strombezug an die Stelle des bewährten Konstrukts „Bandlieferung mit Spot-Mengenausgleich“ zukünftig eine „Bandlieferung mit Intraday-Mengenausgleich“ treten wird. Der Lieferant könnte somit sein Ausgleichsenergierisiko auf den Endverbraucher umlegen, der im Gegenzug hierfür von einem Wegfall etwaiger Risikoaufschläge profitieren könnte.

Vorstellbar wären auch neuartige Vertragskonzepte für Betreiber von Anlagen Erneuerbarer Energien in der Direktvermarktung. Das vom Gesetzgeber im EEG 2012 verankerte Direktvermarktungsmodell sieht eine Referenzierung über den EEX-Day-Ahead-Spotmarkt vor. Um Potentiale für mögliche Mehrerlöse heben zu können, brauchten Anlagenbetreiber bisher einen Zugang zum Intraday-Handel. Mit einer vertraglichen Referenz auf den Intraday-Markt könnten somit Anlagenbetreiber auch über Dienstleister mögliche Zusatzerlöse transparent erzielen.

Intraday-Indizes könnten zukünftig auch für den Gesetzgeber relevant werden. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) will laut seinem letzte Woche veröffentlichten Weißbuch zum Strommarkt 2.0 (wir berichteten) unter anderem den Ausgleichsenergiemechanismus reformieren. Denkbar wäre, die derzeit noch auf stündlichen Intraday-Preisen basierende Preisbegrenzung des viertelstündlichen reBAP auf einen der neuen Indizes anzupassen.

Sich auf die neuen Intraday-Indizes einzustellen, stellt für Börsenbetreiber keinen großen Aufwand dar, öffnet den Marktakteuren jedoch neue Gestaltungsmöglichkeiten. Man darf gespannt sein, in welchem Maße neue Börsenprodukte in zukünftige Vertragsgestaltungen und den Gesetzgebungsprozess künftig integriert werden.

Ansprechpartner BBHC: Marcel Malcher/Matthias Puffe
Ansprechpartner BBH: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

 

 

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