Noch mehr Gegenwind für TenneT: Bundesnetzagentur verweigert Zertifizierung

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Alle kriegen die Zertifizierung, nur einer nicht: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 9.11.2012 bekanntgegeben, dass sie die Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz Transmission GmbH und Amprion GmbH sowie die Fernleitungsnetzbetreiber bayernets GmbH, GRTgaz Deutschland GmbH, terranets bw GmbH, Nowega GmbH, jordgasTransport GmbH und Fluxys TENP GmbH zertifiziert. Dagegen wurde dem deutsch-niederländischen Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO GmbH die Zertifizierung wegen fehlender Finanzmittel verweigert (wir berichteten). Die BNetzA geht damit auf Konfrontationskurs zur Europäischen Kommission.

Hinter dem Konflikt steckt das Streitthema Offshore-Windparks: Die TenneT TSO GmbH, eine deutsche Tochter des niederländischen Stromnetzbetreibers TenneT, betreibt in Deutschland ein Höchstspannungsnetz mit einer Gesamtlänge von 10.000 Kilometern, vorwiegend in den Ländern Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie in Teilen Nordrhein-Westfalens. Das Unternehmen nimmt daher eine Schlüsselstellung bei der Umsetzung der Energiewende ein: Es ist verantwortlich für die Anbindung von Offshore-Windparks in der Nordsee an das Übertragungsnetz und für den Abtransport des Stroms in Richtung der Verbrauchszentren in Süddeutschland. TenneT wird in der Energiewelt zumindest ein Teil der Verantwortung dafür zugeschrieben, dass der Ausbau der Offshore-Windkraft nicht wie geplant voranschreitet. Nach Unternehmensangaben sind neben den bereits investierten 5,5 Milliarden Euro weitere 15 Milliarden Euro nötig, um die Netzanbindung der Windparks mit dem Festland herzustellen. TenneT sieht sich außerstande, diesen Betrag aufzubringen.

Schon im Sommer 2012 hatte sich angedeutet, dass die BNetzA die Zertifizierung von TenneT wegen fehlender Finanzmittel verweigern will. Einen entsprechenden Entscheidungsentwurf übersandte sie der Kommission zur Stellungnahme. Diese teilte die Bedenken nicht und forderte die BNetzA auf, genauer zu prüfen, ob die Zertifizierungsvoraussetzungen vorliegen. Mit ihrer Entscheidung, TenneT nicht zu zertifizieren, setzt sich die Bonner Behörde über das Votum der Kommission hinweg. Sie bleibt bei ihrer Einschätzung, TenneT habe nicht ausreichend nachgewiesen, dass sie über die erforderlichen finanziellen Mittel zur Erfüllung der gesetzlichen Netzbetriebs- und Netzausbaupflichten verfügt.

Die Entscheidung kommt insofern überraschend, als die BNetzA keinen Gebrauch von der ihr eingeräumten Möglichkeit macht, die Zertifizierung mit Auflagen zu verbinden. Das Signal der BNetzA ist somit eindeutig: Eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Übertragungsnetzbetreiber ist unerlässlich, damit die Energiewende gelingt.

Die unmittelbaren Folgen für TenneT dürften sich zwar auf den ersten Blick in Grenzen halten. Denn das Unternehmen darf sein Übertragungsnetz auch ohne Zertifizierung weiter betreiben, wie Jochen Homann, Präsident der BNetzA, selbst hervorhob. Der Betrieb eines solchen Netzes ohne Zertifizierung stellt lediglich eine Ordnungswidrigkeit dar, die in einem separaten Verfahren festzustellen ist. Im schlimmsten Fall droht TenneT eine Geldbuße bis zu 1 Million Euro (§ 95 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Satz 1 EnWG). Vielleicht ist die Entscheidung der BNetzA Warnung genug, damit TenneT seine finanzielle Ausstattung verbessert.

Für die Energiewende sind dies allemal keine gute Nachrichten: Die Lücke zwischen eigener Finanzausstattung und den Investitionsnotwendigkeiten scheinen bei TenneT derart signifikant zu sein, dass es für TenneT nicht einfach sein dürfte, zusätzliche Finanzierungsquellen zu erschließen, zumal zeitgleich die Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz Transmission und Amprion zertifiziert worden sind. Hinter dem für die Energiewende erforderlichen Aus- und Neubau von Übertragungsnetzen steht damit (weiterhin) ein großes Fragezeichen.

Ansprechpartner: Dr. Dörte Fouquet

Ansprechpartner Regulierung: Prof. Dr. Christian Theobald/Prof. Dr. Ines Zenke/u.a.

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