Noch nichts in trockenen Tüchern? Neues zur Novellierung des Spitzenausgleichs

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Nach dem mühsam hergestellten Kompromisstext der Bundesregierung zum neuen Spitzenausgleich sah es bisher so aus, als könnte der am 1.8.2012 vorgelegte Kabinettsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes schnell und ohne große Überarbeitung verabschiedet werden, zumal Ende des Jahres der momentan geltende Spitzenausgleich nach § 55 EnergieStG und § 10 StromStG ausläuft. Nun haben Ausschüsse des Bundesrats (Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Wirtschaftsausschuss) und einzelne Länder doch noch Änderungsvorschläge unterbreitet. Es kann damit nicht ausgeschlossen werden, dass der Gesetzesvorschlag im weiteren Verfahren noch modifiziert wird.

Sicher ist zunächst, dass ab 2013 diejenigen Unternehmen des produzierenden Gewerbes, die den Spitzenausgleich in Anspruch nehmen wollen, ein Energiemanagementsystem (EMS, das den Anforderungen der DIN EN ISO 50001 entspricht) oder Umweltmanagementsystem (UMS, das den Anforderungen der DIN EN ISO 14001 entspricht) einführen müssen. Umweltmanagementsysteme werden nur dann akzeptiert, wenn diese einen entsprechenden Energieteil enthalten (Beispiel: EMAS). Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gelten Sonderregelungen; sie können alternative Systeme zur Verbesserung der Energieeffizienz installieren, die den Anforderungen der DIN EN 16247-1 bzw. einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung genügen müssen. Als KMU gelten Unternehmen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich höchstens auf 43 Mio. Euro beläuft.

In einer ersten Phase (2013 bis 2014) reicht es aus, wenn das Unternehmen nachweist, mit der Einführung eines EMS oder UMS begonnen zu haben. Was dabei genau unter dem Beginn zu verstehen ist, bedarf allerdings noch einer Klärung. In der zweiten Phase (ab 2015) muss das EMS oder UMS dann fertig sein.

Ab dieser zweiten Phase muss auch eine weitere Voraussetzung gegeben sein, deren Erfüllung nicht in der Hand des antragstellenden Unternehmens allein liegt. Die Unternehmen des produzierenden Gewerbes haben sich in einer Vereinbarung mit der Bundesregierung vom 1.8.2012 verpflichtet, Jahr für Jahr ihre Energieintensität zwischen 1,3 Prozent und 1,35 Prozent zu reduzieren (so genannte „Glockenlösung“). Diese Zielwerte bezeichnen den Prozentsatz, um den sich die Energieintensität im Antragsjahr gegenüber dem Basiswert der Energieintensität aus den Jahren 2007 bis 2012 verringert. Nur wenn festgestellt wird, dass mindestens der für das Antragsjahr vorgesehene Zielwert für eine Reduzierung der Energieintensität erreicht ist, können die Unternehmen des produzierenden Gewerbes den vollen Entlastungsbetrag von bis zu 90 Prozent geltend machen („Übererfüllungen“ können daher für die Folgejahre berücksichtigt werden). Wird das Ziel hingegen nicht erreicht, reduziert sich die Entlastung, im schlimmsten Fall auf Null.

Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats haben nunmehr verschiedene Änderungen vorgeschlagen (BR-Drs. 458/1/12). Zum einen sollen die Energiereduktionsziele auf 1,7 Prozent jährlich erhöht werden. Zum zweiten soll auch bei einer Zielerreichung unter 92 Prozent – bei der nach dem bisherigen Entwurf die Entlastung komplett entfallen soll – eine anteilige Steuerentlastung gewährt werden. Zum dritten möchten die Ausschüsse, dass auch Unternehmen des produzierenden Gewerbes bzw. der Land- und Forstwirtschaft nach § 51 EnergieStG und § 9a StromStG nur die Steuerentlastung bekommen, wenn sie die Effizienzanforderungen erfüllen. Der Adressatenkreis für EMS und UMS würde sich danach deutlich ausweiten. Anzumerken ist, dass der Finanzausschuss des Bundesrats keinen Änderungsbedarf gesehen hat. In seiner abschließenden Stellungnahme (BR-Drs. 458/12(B) hat der Bundesrat letztlich von der Forderung einer Verschärfung der Energiereduktionsziele abgesehen. Den Vorschlag, die neuen Energieeffizienzanforderungen auch auf die Tatbestände des § 51 EnergieStG und § 9a StromStG auszuweiten, hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung (BT-Drs. 17/10797) zurückgewiesen. Für eine anteilige Steuerentlastung im Falle einer Zielerreichung von unter 92 Prozent zeigt sie sich hingegen offen.

Überdies hat der Freistaat Bayern einen Antrag auf Änderung des Stromsteuersatzes nach § 3 StromStG von 20,50 Euro pro Megawattstunde (MW) eingebracht (BR-Drs. 458/2/12). Danach solle der Bundesrat einen flexiblen Steuersatz vorschlagen. Steigerungen bei der EEG-Umlage würden danach durch eine „automatische“ Senkung des Stromsteuersatzes ausgeglichen werden. Diesen Vorschlag eines flexiblen Stromsteuertarifs haben die anderen Bundesländer aber nicht aufgegriffen.

Verfahrensrechtlich handelt es sich bei dem Gesetz zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes um ein nicht zustimmungsbedürftiges Gesetz. Der Bundesrat kann zwar den Vermittlungsausschuss anrufen, ein von ihm eingelegter Einspruch gegen das Gesetz kann der Bundestag aber mit der so genannten Kanzlermehrheit zurückweisen. Nur wenn der Bundesrat Einspruch mit einer Zweidrittelmehrheit einlegt, muss der Bundestag wiederum mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mindestens der Mehrheit seiner Mitglieder (doppelt qualifizierte Mehrheit) für das Gesetz stimmen.

Ob es zu solch einem Szenario kommt, ist derzeit offen. Der Bundestag hat sich am 27.9.2012 in erster Lesung mit dem Gesetzentwurf beschäftigt. Der Abschluss des parlamentarischen Verfahrens ist aktuell für Ende November geplant.

Unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens zeigen die verschiedenen Vorschläge, dass die Zukunft der Strom- und Energiesteuer einschließlich der unterschiedlichen Begünstigungen kontrovers diskutiert wird. Es bleibt also spannend.

Grundsätzlich ist die Einführung eines EMS sinnvoll. Sie stellt den Energieverbrauch und die Energiepolitik des Unternehmens in den Mittelpunkt. Geringere Kosten und höhere Energieeffizienz – das ist mit der Einführung eines EMS zu erreichen. Unabhängig von der Größe des Unternehmens oder der Branche. Unternehmen sparen durch effizientes Energiemanagement bares Geld.

Ansprechpartner Strom- und Energiesteuerrecht: Daniel Schiebold/Andreas Große/Niko Liebheit

Ansprechpartner Energiemanagement: Marcel Malcher

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