NRW verankert Klimaschutzziele durch Gesetz

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Als zweites Bundesland nach der Freien und Hansestadt Hamburg hat Nordrhein-Westfalen ein Klimaschutzgesetz verabschiedet. Am 23.1.2013 hat der nordrhein-westfälische Landtag in zweiter Lesung das „Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen” mit den Stimmen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und den Piraten verabschiedet. Darin verpflichtet sich NRW verbindlich zu Klimaschutzmaßnahmen: Die Treibhausgasemissionen in NRW sollen bis 2020 um 20 Prozent, bis 2050 um 80 Prozent reduziert werden (Referenzwert zu 1990). Das Gesetz richtet sich dabei vornehmlich an „öffentliche Stellen“, nämlich Landesregierung, Bezirksregierungen, Behörden, aber auch Gemeinden und Gemeindeverbände.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 fallen auch juristische Personen des Privatrechts, bei denen ein „bestimmender Einfluss“ einer der oben genannten „öffentlichen Stellen“ besteht, in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Damit gelten die Vorgaben des Gesetzes insbesondere auch für Stadtwerke, Verkehrsbetriebe und andere kommunale Unternehmen. Darüber hinaus wird das Klimaschutzgesetz (mittelbar) auch Auswirkungen auf Wirtschaft und Verbraucher in Nordrhein-Westfalen haben.

Klimaschutzkonzepte

Eine Vielzahl an Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen haben bereits eigene, kommunale Klimaschutzkonzepte erstellt oder sind gerade dabei diese aufzustellen. Mit § 5 Abs. 1 Satz 2 des Klimaschutzgesetzes wird die Erstellung solcher kommunalen Klimaschutzkonzepte erstmals eine Pflichtaufgabe der Kommunen. Die Landesregierung wird ermächtigt, in einer Rechtsverordnung die Anforderungen an Klimaschutzkonzepte zu konkretisieren und auch kommunale Unternehmen zur Erstellung solcher Klimaschutzkonzepte zu verpflichten.

Für Gemeinden und kommunale Unternehmen greift diese Verpflichtung allerdings erst zwei Jahre nach Erlass dieser Rechtsverordnung (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2). Während das Gesetz für Gemeinden und Gemeindeverbände aufgrund des Konnexitätsprinzips des Art. 78 Abs. 3 der nordrhein-westfälischen Landesverfassung noch einen finanziellen Belastungsausgleich in der zu beschließenden Rechtsverordnung für die verpflichtende Erstellung von Klimaschutzkonzepten vorsieht, findet sich für betroffene kommunale Unternehmen jedoch keine vergleichbare Regelung. Warum kommunale Unternehmen die durch die Erstellung von Klimaschutzkonzepten entstehenden Mehrkosten ohne finanziellen Ausgleich tragen sollen, ist nicht ersichtlich.

Klimaschutzplan zu Maßnahmen, Umsetzung und Zeiträumen

Eine weitere zentrale Vorschrift des Gesetzes ist der Klimaschutzplan nach § 6 Abs. 1. Dieser soll von der Landesregierung erstellt und durch den Landtag – wohl in Form einer Rechtsverordnung – im Laufe des Jahres beschlossen werden. Er soll den Weg Nordrhein-Westfalens zu den gesetzlichen Klimaschutzzielen konkretisieren und so Vorgaben zu Klimaschutzmaßnahmen, Umsetzungsmethoden, anvisierten Zeiträumen usw. machen. Konkret kann der Klimaschutzplan laut Gesetz Ziele für den Ausbau Erneuerbarer Energien, die Steigerung der Ressourcen- und Energieeffizienz sowie der Energieeinsparung oder die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen umfassen.

Die Inhalte des Klimaschutzplans sind vor allem deshalb von Bedeutung, da die Landesregierung in dem Gesetz ermächtigt wird, Vorgaben des Klimaschutzplans per Rechtsverordnung für öffentliche Stellen – zu denen der Gesetzesbegründung zufolge hier auch kommunale Unternehmen zählen – für verbindlich zu erklären.

Vorgaben zum Landesplanungsrecht

Das Klimaschutzgesetz ändert schließlich auch das Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalens (LPlG). Bei der Erarbeitung von Raumordnungsplänen sind künftig auch kommunale oder regionale Klimaschutzkonzepte zu berücksichtigen. Dies wird vor allem die durch die zuständigen Bezirksregierungen zu erstellenden Regionalpläne betreffen. Zum anderen sieht § 12 Abs. 6 LPlG n.F. vor, dass Klimaschutzziele im Rahmen der Raumplanung vorrangig als Ziele der Raumordnung oder – falls dies nicht möglich ist – zumindest als Grundsätze der Raumordnung festzulegen sind. Dies soll die Bedeutung des Klimaschutzes auch im Bereich der Raumplanung hervorheben und stärken.

Bislang wenig Konkretes

Das Klimaschutzgesetz bleibt an vielen Stellen leider recht allgemein. Am greifbarsten sind noch die Klimaschutzziele der Landesregierung. Im Übrigen beschränkt sich das Gesetz darauf, Instrumente für die künftige Umsetzung der Klimaschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen festzulegen, wie z.B. den Klimaschutzplan der Landesregierung oder die zu erstellenden Klimaschutzkonzepte.

Dennoch gab es viel Kritik an dem Gesetzgebungsverfahren, und zwar aus ökologischen, ökonomischen und rechtlichen Gründen. Nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die kommunale Seite äußerte Bedenken in punkto Rechts-, Planungs- und Investitionssicherheit, da der Klimaschutzplan, der das Gesetz mit Inhalt erfüllt, erst nach dessen Inkrafttreten beschlossen wird. Angezweifelt wird auch, ob das Land überhaupt die Gesetzgebungskompetenz für diese Materie besitzt. Für kommunale Unternehmen könnten sich Wettbewerbsverzerrungen ergeben, sobald sie anders als private Wettbewerber oder kommunale Unternehmen aus anderen Bundesländern spezifischen Klimaauflagen unterworfen werden. Kommunen (insbesondere solche in der Haushaltssicherung) und kommunale Unternehmen könnten durch klimaschutzbedingte Mehrkosten in Bedrängnis geraten. Es ist nicht nachvollziehbar, warum gerade kommunale Unternehmen bei den in einer Rechtsverordnung festzulegenden finanziellen Ausgleichsmechanismen nach § 5 Abs. 1 Satz 4 und § 6 Abs. 6 Satz 3 außen vor bleiben sollen.

Warten auf den Klimaschutzplan und auf die Rechtsverordnung

Das Klimaschutzgesetz war politisch gewünscht und soll dazu führen, dass Nordrhein-Westfalen bundesweit eine „Vorreiterrolle“ im diesem Bereich einnimmt. So sinnvoll dieses Vorgehen ist, muss dabei beachtet werden, dass das Klimaschutzgesetz nicht dazu führt, dass notwendige Investitionen in Nordrhein-Westfalen unterbleiben oder gar außerhalb des Landes realisiert werden.

Spannend wird, wie die im Gesetz offengelassenen Aspekte in der Rechtsverordnung beziehungsweise im Klimaschutzplan geregelt werden. So wird erst der Klimaschutzplan Angaben zu Klimaschutzpotenzialen und konkreten Beiträgen einzelner Sektoren, zu Ausbauziele für Erneuerbaren Energien oder zu Zielen bei der Erhöhung der Ressourcen- und Energieeffizienz enthalten. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens haben im September 2012 diverse Arbeitsgruppen begonnen, diesen Klimaschutzplan zu erarbeiten. Es bleibt abzuwarten, welche Vorgaben und Inhalte er enthalten wird. Wann mit seinem Beschluss durch den Landtag zu rechnen ist, ist derzeit ebenso wenig absehbar wie Inhalt und Verabschiedung der konkretisierenden Rechtsverordnung.

Ansprechpartner: Axel Kafka/Stefan Missling

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