Stromintensive Unternehmen und EEG-Umlagereduzierung: Die neue Durchschnittsstrompreis-Verordnung des BMWi

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Stromkostenintensive Unternehmen aus bestimmten Branchen können bekanntlich von der Verringerung der EEG-Umlage (Besondere Ausgleichsregelung) profitieren. Nach dem Willen der EU-Kommission soll sich die Stromkostenintensität nicht länger nach den unternehmensspezifischen, tatsächlichen Stromkosten bestimmen, sondern nach Durchschnittsstrompreisen. Dies soll durch eine Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) umgesetzt werden.

Den Entwurf einer solchen Durchschnittsstrompreis-Verordnung (VO-Entwurf) hat das BMWi nun zugänglich gemacht und Gelegenheit gegeben, dazu bis zum 25.1.2016, 10:00 Uhr Stellung zu nehmen. Hierin ist bestimmt, wie ab dem Antragsjahr 2016 die durchschnittlichen Strompreise ermittelt werden sollen.

Auswirkungen hat die Verordnung allein auf die im Antragsverfahren zu berücksichtigenden Stromkosten, nicht aber auf die Bruttowertschöpfung des Unternehmens. Der VO- Entwurf nennt keine konkreten Durchschnittsstrompreise, deren Veröffentlichung ist aber in § 4 Abs. 2 des VO-Entwurfs für Ende Februar – dann auf den Internetseiten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) – angekündigt.

Was ändert sich im Vergleich zu bisher?

Grundlage für die Ermittlung der durchschnittlichen Stromkosten sollen künftig nicht nur die vom Unternehmen selbst verbrauchten Strommengen sein, sondern auch diejenigen Strommengen, die das Unternehmen an Dritte weitergeleitet hat (vgl. § 2 Nr. 5 VO‑Entwurf). Dabei werden auch die Vollbenutzungsstunden berücksichtigt (vgl. § 2 Nr. 7 VO-Entwurf). Aus der Entwurfsbegründung geht hervor, dass der Begriff „Vollbenutzungsstunden“ dem in § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV verwendeten Begriff der „Benutzungsstundenzahl“ entsprechen soll.

Die Berechnungsmethodik für die künftig zu berücksichtigenden durchschnittlichen Strompreise ist in § 3 VO‑Entwurf geregelt. Zentral werden künftig folgende drei Unternehmensangaben sein:

  1. Die Angabe der bezogenen Strommengen im jeweils letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr – unabhängig davon, ob sie an einer begünstigten Abnahmestelle oder anderenorts bezogen werden und unabhängig davon, ob sie an Dritte weitergeleitet werden. Nicht berücksichtigt wird hingegen der eigenerzeugte, selbstverbrauchte Strom.
  2. Die Angabe der Strombezugskosten – ebenfalls für den Strombezug in allen Abnahmestellen. Zu den Strombezugskosten gehören zum einen neben den Stromlieferkosten auch die Netzentgelte, die Steuern und eventuelle Systemdienstleistungskosten. Abzuziehen sind hierbei allerdings Stromsteuerentlastungen (wie beantragt), Netzentgelterstattungen (wie vereinbart) und die Umsatzsteuer. Zum anderen sind die tatsächlichen und die fiktiven EEG-Kosten explizit auszuweisen (weil sie als eigener „Kostenblock“ bei der Ermittlung der Durchschnittsstrompreise zunächst ausgeklammert werden).
  3. Die Angabe der Vollbenutzungsstunden – allerdings insoweit nur in Bezug auf die beantragten Abnahmestellen. Für jede Untergruppe wird gesondert ein durchschnittlicher Strompreis aus dem arithmetischen Mittel innerhalb der jeweiligen Gruppe errechnet. Gewichtungen nach den Strommengen und dergleichen mehr sind nicht vorgesehen. Auf den durchschnittlichen Strompreis wird dann die volle EEG-Umlage des dem Antragsjahr vorangegangenen Kalenderjahres addiert. Das Ergebnis soll folgendermaßen untergliedert werden:

Anhand der Angaben zur Strommenge und den Strombezugskosten ermittelt das BAFA zunächst einen unternehmensspezifischen Strompreis, der die EEG-Kosten (tatsächlich oder fiktiv) ausnimmt. Dabei soll die Behörde die Möglichkeit haben, nicht plausible Angaben unberücksichtigt zu lassen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 VO‑Entwurf). Danach bildet die Behörde acht in etwa gleich große Gruppen mit jeweils ähnlichem Strombezug. Jede dieser Gruppen wird nochmals unterteilt nach der Zahl der Vollbenutzungsstunden. Hierbei sollen Unternehmen mit mindestens 7.000 Vollbenutzungsstunden in einer Untergruppe zusammengefasst werden, wenn diese Untergruppe mindestens 20 Unternehmen umfasst (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 3 VO‑Entwurf).

Für jede Untergruppe wird gesondert ein durchschnittlicher Strompreis aus dem arithmetischen Mittel innerhalb der jeweiligen Gruppe errechnet. Gewichtungen nach den Strommengen und dergleichen mehr sind nicht vorgesehen. Auf den durchschnittlichen Strompreis wird dann die volle EEG-Umlage des dem Antragsjahr vorangegangenen Kalenderjahres addiert. Das Ergebnis soll folgendermaßen untergliedert werden:
durchschnittsstrompreis

Der Durchschnittsstrompreises soll jahresweise berechnet werden und auf dem (bekannten) Schema „Datenbasis aus dem Nachweisjahr – Berechnungen im Antragsjahr – Berücksichtigung im Begrenzungsjahr“ beruhen. Das BAFA veröffentlicht die durchschnittlichen Stromkosten in diesem Jahr spätestens zum 29.2., in den Folgejahren zum 31.1. unter www.bafa.de (vgl. § 4 VO‑Entwurf).

Was bedeutet dies nun für das anstehende Antragsverfahren?

Ab diesem Jahr soll der vom BAFA ermittelte Durchschnittsstrompreis mit dem arithmetischen Mittel des Stromverbrauchs in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren multipliziert werden. Maßgeblich für den Stromverbrauch sind – wie bisher – die nach §§ 60 und 61 EEG 2014 EEG-umlagepflichtigen, vom Unternehmen selbst verbrauchten Strommengen. Hier sind also an Dritte weitergeleitete Strommengen abzuziehen.

Die Unternehmen müssen deshalb wie bisher ihre Strombezugsmengen bezogen auf das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr nachweisen, ebenso wie die Strombezugskosten durch Stromlieferungsverträge und Stromrechnungen für die beantragten Abnahmestellen. Die Vollbenutzungsstunden müssen über Abrechnungen über die Netznutzung ebenfalls für die beantragten Abnahmestellen im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr nachgewiesen werden. Das arithmetische Mittel des Stromverbrauchs soll durch die Stromlieferungsverträge und die Stromrechnungen aus den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren für die beantragten Abnahmestellen sowie durch Angaben der in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen gelieferten oder vom Unternehmen selbst erzeugten und selbst verbrauchten sowie weitergeleiteten Strommengen nachgewiesen werden. Dabei soll anzugeben sein, welche selbsterzeugten und selbstverbrauchten Strommengen EEG‑umlagepflichtig sind und welche Mengen dies nicht sind. Auf Verlangen des BAFA müssen Nachweise auch für weitere Abnahmestellen vorgelegt werden. Obwohl dies aus dem Verordnungsentwurf nicht hervorgeht (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3 b VO‑Entwurf), sollen nach der Begründung des Verordnungsentwurfs die an Dritte weitergeleiteten Strommengen ebenfalls nachgewiesen werden.

In der Wirtschaftsprüferbescheinigung müssen künftig alle Strombezugsmengen aufgeschlüsselt für alle Abnahmestellen des Unternehmens enthalten sein. In der Ausweisung der Stromkostenbestandteile sind die EEG-Kosten des Unternehmens (tatsächlich wie fiktiv) auszuweisen. Gleiches gilt für die Vollbenutzungsstunden einschließlich der im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr an den beantragten Abnahmestellen jeweils entnommenen elektrischen Arbeit und der jeweiligen höchsten Last der Entnahme. Außerdem soll die Wirtschaftsprüferbescheinigung den für das Unternehmen heranzuziehenden durchschnittlichen Strompreis enthalten. Wie bisher sind die Stromverbrauchsmengen an allen Abnahmestellen eines antragstellenden Unternehmens nach fremdbezogenen und EEG-umlagepflichtigen bzw. nicht EEG-umlagepflichtigen Stromverbrauchsmengen aufzuschlüsseln.

Wie wirkt sich die Durchschnittsstrompreis-Verordnung aus?

Die konkreten Auswirkungen lassen sich erst nach behördlicher Auswertung der an das BAFA im Rahmen der letzten Antragstellung übermittelten Daten beurteilen. Für eine größere Zahl von stromkostenintensiven Unternehmen dürfte sich in Bezug auf die EEG-Umlagebegrenzung nichts Wesentliches ändern. Bei einigen Unternehmen werden die neuen Vorgaben allerdings dazu führen, dass sie die Anforderungen an die Stromkostenintensität aus der Besonderen Ausgleichsregelung nicht mehr erfüllen können. Insbesondere in diesen Fällen wird zu klären sein, ob die Durchschnittsstrompreis-Verordnung einer rechtlichen Überprüfung standhält.

Ansprechpartner: Jens Vollprecht/Andreas Große/Dr. Markus Kachel/Jens Panknin

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