Strompreisbremse über Projektbremse? Der Gemeinsame Vorschlag von BMU und BMWi zur Dämpfung der Kosten des Ausbaus der Erneuerbaren Energien

(c) BBH
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Die Diskussionen über die Neugestaltung des EEG hat sich in den vergangenen Monaten immer mehr intensiviert. Der jüngste „Beitrag“ datiert vom vergangenen Donnerstag, als sich die Bundesminister Peter Altmaier (Umwelt) und Philipp Rösler (Wirtschaft) zu einem gemeinsamen Vorgehen in Sachen „Strompreisbremse“ zusammengefunden haben. Es findet sich hier ein bunter Strauß von mehr oder weniger einleuchtenden Vorschlägen. Was ist von ihnen zu halten?

Der Reihe nach: Am 11.10. des letzten Jahres veröffentlichte Minister Altmaier einen „Verfahrensvorschlag zur EEG-Reform“, in dem er Punkte benannte, die bei der anstehenden Reform des EEG im Mittelpunkt stehen sollen: So müssten die Ausbauziele im Rahmen einer „Gesamtbetrachtung der Energiewende und ihrer Wirkungszusammenhänge“ politisch und gesetzlich festgelegt, der Ausbau regional koordiniert sowie – vor allem –  die Marktfähigkeit der Erneuerbaren Energien gesteigert werden.

Vier Tage später wurde die EEG-Umlage für das Jahr 2013 veröffentlicht. Seitdem beherrscht die Kostenfrage die öffentliche Debatte: Welchen volkswirtschaftlichen Aufwand wollen wir für die Energiewende betreiben? Wo liegen Belastungsgrenzen insbesondere bei den Letztverbrauchern? In Wahlkampfzeiten finden diese Aspekte – mehr noch als der an sich vielleicht noch wichtigere der Umgestaltung des Fördermechanismus insgesamt – große Aufmerksamkeit.

Am 28.1.2013 folgte dann der sog. „Montags-Vorschlag“ Altmaiers „…zur Einführung einer Strompreis-Sicherung im EEG“, der ein Maßnahmenpaket zur Fixierung der EEG-Umlage darstellt. Dieser Vorschlag wurde nun – nachdem zwischenzeitlich Minister Rösler einbezogen wurde – in einigen Punkten abgeändert zum „Gemeinsamen Vorschlag zur Dämpfung der Kosten des Ausbaus der Erneuerbaren Energien“ beider Bundesministerien. Er sieht vor, das EEG kurzfristig mit Wirkung ab August 2013 an verschiedenen Stellen zu ändern. Im Ergebnis sollen sich dann alle Akteure der Energiewende an der Senkung insbesondere der EEG-Umlage beteiligen.

Dem Vorschlag liegt die Idee zugrunde, die EEG-Umlage nach dem Wortlaut gesetzlich zu begrenzen. 2014 soll die Höhe bei 5,277 Ct/kWh verbleiben. In den folgenden Jahren soll ein Anstieg von jährlich maximal 2,5 Prozent möglich sein. Derzeit berechnen die vier Übertragungsnetzbetreiber die EEG-Umlage u. a. aus der Differenz der ausgezahlten EEG-Vergütungen zum Erlös, den der Verkauf des EEG-Stroms an der Börse einbringt. Ist der Vorschlag beim Wort zu nehmen? Wenn man die Umlage zugunsten der ÜNB gesetzlich fixiert, handelt man sich absehbare u. a. europa- und verfassungsrechtliche Probleme ein. Vor dem Hintergrund ist der Vorschlag wohl anders zu verstehen: Werden die vorgeschlagenen Einsparungen und Kürzungen realisiert und bleiben die übrigen relevanten Größen wie Strompreisniveau und Stromabsatzmenge im erwarteten Rahmen, steigt die Umlage im kommenden Jahr nicht an. Ein Automatismus, dass die EEG-Umlage nicht doch steigt, selbst wenn die Maßnahmen umgesetzt werden und greifen, wäre dann mit der Regelung nicht verbunden.

Welche Maßnahmen werden im Einzelnen vorgeschlagen? Zum einen sollen Neuanlagen – außer Photovoltaik-Anlagen – in den ersten fünf Monaten ab Inbetriebnahme nur in Höhe des Marktwerts des Stroms vergütet werden. Weiterhin sollen für Anlagen, die ab dem 1.8.2013 in Betrieb gehen, die Vergütungssätze (die dann erst ab dem sechsten Monat gezahlt werden) gesenkt werden – für Onshore-Windenergieanlagen auf pauschale 8,0 Ct/kWh Anfangsvergütung, für andere Anlagen um 4 Prozent. Photovoltaik-Anlagen sind im Gemeinsamen Vorschlag ausgenommen: Ihre Vergütung hat bereits durch die „PV-Novelle“ im letzten Jahr einen vom Zubau abhängigen „atmenden“ Deckel erhalten.

Um das Modell der festen Einspeisevergütungen marktwirtschaftlicher zu gestalten, soll für Anlagen ab einer Größe von 150 kW die Direktvermarktung gem. §§ 33a ff. EEG zur Pflicht gemacht werden. Betreiber solcher Anlagen müssten demnach ihren erzeugten Strom etwa an der Börse vermarkten (lassen) und bekämen eine fixe, anhand der Vergütungssätze zu bestimmende Marktprämie dazu. Die Managementprämie – als Entschädigung für den Vermarktungsmehraufwand gedacht – soll gänzlich abgeschafft werden.

Zudem soll die Privilegierung energieintensiver Unternehmen zurückgefahren werden. So ist angedacht, die Mindestumlage zu erhöhen, die auch privilegierte Unternehmen nach §§ 40, 41 EEG noch zahlen müssen. Branchen, die nicht im „intensiven internationalen Wettbewerb“ stehen, sollen zukünftig nicht mehr privilegiert werden. Dies scheint ein Gruß nach Brüssel zu sein, wo derzeit die Kommission unter anderem die Frage einer Beihilfeerheblichkeit in Bezug auf die Ausnahmen für die stromintensive Industrie prüft. Weiter soll eine EEG-Umlagepflicht für selbst erzeugten und verbrauchten EEG-Strom eingeführt werden. Derzeit ist der Eigenverbrauch selbst erzeugten Stroms gem. §§ 37 Abs. 1, 3 EEG unter bestimmten Voraussetzungen von der EEG-Umlage befreit. Nach dem Gemeinsamen Vorschlag soll eine Befreiung zukünftig nur noch für Anlagen mit einer Leistung von weniger als 2 MW, aber doch weiterhin für alle KWK-Anlagen möglich sein.

Schließlich sollen auch Bestandsanlagen – d. h. Anlagen, die vor dem 1.8.2013 in Betrieb genommen wurden – nicht gänzlich verschont bleiben. Für diese Anlagen soll im Jahr 2014 die Vergütung pauschal um 1,5 Prozent gekürzt werden. Dieser Aspekt ist rechtlich mit Blick auf den Vertrauensschutz verfassungsrechtlich nicht unproblematisch.

Diese Ideen führen direkt wie indirekt dazu, dass die Vergütung sinkt und haben entsprechend heftige Reaktionen ausgelöst. So hört man, dass die Banken auf Finanzierungsanfragen unmittelbar seit dem 28.1. negativ oder zumindest abwartend reagieren.

Müssen sich jetzt also (potentielle) Anlagenbetreiber und andere EEG-Akteure tatsächlich auf härtere Zeiten einstellen? Der Vorschlag sieht vor, dass die notwendigen Änderungen des EEG noch vor der Sommerpause verabschiedet werden und zum 1.8.2013 in Kraft treten sollen. Dazu sollen nun Bund und Länder in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe einen „Bundesrats-festen“ Kompromiss finden. Denn ansonsten könnte der Bundesrat in jedem Fall den Vermittlungsausschuss anrufen, was zur Folge hätte, dass das Gesetzgebungsverfahren vor der Sommerpause wohl nicht mehr abgeschlossen werden könnte. Kommt ein Kompromiss zustande, dürfte sich dieser auf dem kleinsten Nenner bewegen und also wenig Auswirkung auf die EEG-Umlage haben.

Insgesamt wirft der Vorschlag zu Recht die Frage auf, was die Energiewende kostet, wie man die Kosten so niedrig wie möglich hält und wie man alle beteiligten Kreise fair an ihnen beteiligt. Dabei gibt es fachkundige Stimmen, die hier zu einer differenzierten Betrachtung raten: Denn infolge des Zubaus der Erneuerbaren sinken die Strompreise an der Börse kontinuierlich. Dies hat zweierlei zur Folge: Soweit etwa Industrieunternehmen bei ihrem Strombezug wegen einer Koppelung ihres Preises an den Börsenpreis vom gesunkenen Preisniveau profitieren, ist die Erhöhung der Strombezugskosten durch die EEG-Umlage insgesamt doch deutlich gedämpft. Andererseits dürften niedrige Börsenpreise auch Auswirkungen auf die Strombeschaffungskosten der Vertriebe haben. Hier sind aber Auswirkungen auf die Endkundenpreise, also Preisreduktionen im Preisbestandteil Stromgestehung, bislang nicht erkennbar. Der Ansatz, Strom aus neuen EEG-Anlagen  zunächst nicht zu fördern sowie Strom aus Bestandanlagen niedriger zu vergüten, als vom Gesetz bislang garantiert, hat schon als offizieller Ministerialvorschlag und ohne umgesetzt zu sein das Potential zu einer „psychologischen Projektbremse“. Schon damit wird auch der Anstieg der EEG-Umlage in der Tat gebremst. Es bleibt aber zu hoffen, dass damit nicht auch zugleich die Energiewende insgesamt in eine Notbremsung gerät. Das will nach Aussage aller Beteiligten niemand, denn davon würde sich die Energiewende lange nicht erholen.

Ansprechpartner: Dr. Martin Altrock/Dr. Dörte Fouquet/Jens Vollprecht

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