Tauziehen um Kraftwerk Datteln geht weiter

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Seit Jahren tobt zwischen dem Energiekonzern E.ON und Anwohner- und Umweltvereinen ein heißer Kampf um den Neubau eines Steinkohlekraftwerks in Datteln am Ruhr-Ems-Kanal. Und es sieht nicht so aus, als ob dieser so bald zu Ende geht. Zwar hat der Regionalverband Ruhr jetzt seine Hilfe zugesagt und E.ON damit zu einem wichtigen Etappensieg verholfen. Aber dass damit tatsächlich alle planungsrechtlichen Hindernisse für die Fertigstellung des Mega-Projekts beseitigt sind, ist damit noch lange nicht gesagt.

Bisher hatte der Stromriese E.ON nichts als Niederlagen zu verzeichnen. Schon 2009 hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster den Bebauungsplan, der für den Kraftwerkstandort erlassen worden war, für nichtig erklärt. Diese Entscheidung hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Folgejahr bestätigt. Da es mangels Bebauungsplan an einer planerischen Grundlage für die Großanlage fehlte, hob das OVG Münster 2012 in einem erneuten Klageverfahren dann den Genehmigungsvorbescheid auf. Dabei stützte sich das OVG nicht nur auf den fehlenden Bebauungsplan. Es sei auch keine ordnungsgemäße FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Mit anderen Worten: Die Eingriffe in Natur und Landschaft wurden nicht hinreichend untersucht.

Gegen diese Entscheidung der Münsteraner Richter zog E.ON erneut nach Leipzig vors höchste deutsche Verwaltungsgericht. Doch auch diesmal erteilten die Richter des 7. Senats des BVerwG E.ON eine Absage und nahmen die Revision nicht zur Entscheidung an: Weder sei die Angelegenheit rechtsgrundsätzlich bedeutsam noch drang E.ON hinsichtlich seiner anderen Bedenken durch. Die umfangreichen Rügen, die Entscheidung des OVG sei von grundsätzlichem rechtlichem Interesse und weiche zudem von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, haben das BVerwG ebenso wenig überzeugt wie das Vorbringen der Anwälte von E.ON, hier liege eine so genannte Überraschungsentscheidung vor, also eine Entscheidung, mit der im Vorfeld niemand rechnen konnte. Damit ist die Aufhebung des Vorbescheids nun nicht mehr weiter angreifbar. E.ON steht also ohne eine rechtliche Grundlage für das bereits so gut wie fertig errichtete Kraftwerk da. Umweltschützer, die die Anlage nicht ohne einen Hauch von Polemik als „Schwarzbau“ bezeichnen, haben also formaljuristisch aktuell Recht.

Bliebe es dabei, so müsste E.ON die Anlage wohl am Ende abreißen. Dies möchte der Regionalverband Ruhr aber verhindern. Mit einem so genannten Zielabweichungsverfahren möchte die Gebietskörperschaft, die für Teile der Planung zuständig ist, das wohl gravierendste Problem in den rechtlichen Grundlagen der Anlage klären – nämlich dass das Kraftwerk nicht da steht, wo in der Planung ein Bauplatz für ein Kraftwerk vorgesehen war. Dies sollen die Richter in einem neuen Verfahren nicht wieder bemängeln können.

Doch ob das reicht? Zwar liegt dem Regionalverband ein Gutachten vor, nach dem ein Zielabweichungsverfahren durchaus erfolgreich die planerischen Mängel im Vorfeld beseitigen kann. Es gibt aber auch andere Stimmen, durchaus von renommierten Experten. Zudem darf der Regionalverband nicht allein beschließen, in einzelnen Punkten von der generellen Planung für die Region abzuweichen. Denn wenn auf diese Weise die Planung relativiert werden soll, hat auch die Düsseldorfer Landesregierung ein entscheidendes Wort mitzureden und hier reden neben der SPD auch die Grünen mit. Und dass diese keinen Finger für das Kraftwerk krumm machen wollen, haben sie sich schon in den Koalitionsvertrag schreiben lassen. Hier steht, dass die Landesregierung Kraftwerke weder baue noch abreiße. Zu Deutsch: Man will der Sache ihren Lauf lassen.

Wird die lange Geschichte um den Monoblock in Datteln noch ein (für E.ON) glückliches Ende nehmen? Wer weiß das schon …

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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