Vergleichsportale: Bundeskartellamt rügt Irreführungen und Transparenzverstöße

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So gut wie jeder hat bei der Suche nach Flügen, Hotels, Mietwagen, Angeboten für Strom- und Gasbelieferung, Versicherungen o.ä. im Internet schon einmal eines der gängigen Vergleichsportale besucht, die werbewirksam auch in TV-Spots auf sich aufmerksam machen. Doch vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, dass in den Listings und speziell auf den vorderen Plätzen nicht immer unbedingt das beste oder günstigste Angebot zu finden ist.

Die Objektivität von Vergleichsportalen wurde in der Vergangenheit bereits gelegentlich thematisiert. Aber erst der jetzt vorgelegte Abschlussbericht des Bundeskartellamtes über die „Sektorenuntersuchung Vergleichsportale“ bestätigt „schwarz auf weiß“, dass im Portalmarkt einige grundsätzliche Defizite bestehen, die den Verbraucherinteressen zuwiderlaufen.

Vor allem im Sektor der Energiewirtschaft entscheidet oft die Höhe der Provision über die Position des Angebots im Ranking. Denn ein Vergleichsportal hat selbstverständlich großes Eigeninteresse daran, Angebote mit hohen Provisionen möglichst weit oben zu platzieren.

Einige Portale gehen sogar so weit, dass Anbieter, die keine Provision zahlen, beim Erstranking komplett außen vor gelassen werden. Hinweise über die Provisionshöhe werden meist nur sehr allgemein oder gar versteckt gegeben, sodass Verbraucher leicht in die Irre geführt werden können. Durch zeitlich begrenzte Exklusivangebote werden Verbraucher zusätzlich unter Druck gesetzt.

Weit verbreitet ist auch die sogenannte „Position 0“, bei welcher Angebote gegen Bezahlung vor das eigentliche Ranking gestellt werden, ohne dass dies klar als Werbeanzeige gekennzeichnet wird. Viele Nutzer halten das Angebot dann irrtümlicherweise für einen Teil des objektiven Rankings. So verwundert es nicht, dass etwa ein Viertel der Kunden, die einen Vertrag über ein Vergleichsportal abschließen, sich für eines der Angebote auf „Position 0“ entscheidet. Im Allgemeinen gilt: Wer nicht auf Seite 1 gelistet ist, hat kaum eine Chance, seine Angebote abzusetzen. Ansonsten legen die Portale bei den Kriterien ihrer Rankings bisweilen fast ausschließlich Wert auf den Preis. Zumeist erhöht sich dieser aber nach 12 Monaten Laufzeit, was Verbraucher dazu anhält, ihre Vertragslaufzeiten möglichst kurz zu halten.

Gerade regionale Energieversorger sind aber an langen Vertragslaufzeiten interessiert und definieren sich weniger über den Preis, als über Kriterien wie Ortsnähe, Loyalität zur Region etc. Letztere Kriterien werden auf den Portalen aber de facto überhaupt nicht berücksichtigt. Zur weiteren Irritation des Verbrauchers führt schließlich, dass viele Portale keinen eigenständigen Vergleich erstellen, sondern lediglich auf Datensätze anderer Portale zurückgreifen. Dadurch entsteht eine suggestive Bestätigung auf Grund der Übereinstimmung im Ranking verschiedener, vermeintlich eigenständiger Portale.

Einige Vergleichsportale haben im Zuge der Untersuchung immerhin bereits Änderungen auf ihren Seiten vorgenommen, die den Kritikpunkten des Bundeskartellamtes entgegenwirken. Das Amt selbst äußert, dass es im Bereich Verbraucherschutz zwar Untersuchungen durchführen könne, aber eine Befugnis, etwaige Rechtsverstöße, wie Irreführungen, Transparenzverstöße oder Schleichwerbung, auch per behördlicher Verfügung abzustellen, damit bislang noch nicht verbunden sei. Dementsprechend überrascht es nicht, wenn das Bundeskartellamt für eine punktuelle Ausweitung seiner Kompetenzen plädiert, um nach Untersuchungen ggf. festgestellte Verstöße auch wirksam ahnden zu können.

Bis der Behörde diese Kompetenzen durch den Gesetzgeber zugesprochen werden, liegt es aber weiter am Verbraucher oder an den Marktakteuren selbst, die Ergebnisse von Vergleichsportalen künftig genauer unter die Lupe zu nehmen und etwaige Irreführungen zu verfolgen.

Ansprechpartner Kartellrecht: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Dr.  Holger Hoch

Ansprechpartner Werberecht: Stefan Wollschläger/Nils Langeloh/Kristin Thole

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