Verhandlungen des OLG Düsseldorf zu § 19 StromNEV – Reiseziel ungewiss!

(c) BBH
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Im Oktober ließ das OLG Düsseldorf mit einem lauten Knall die gesamte Energiebranche aufhorchen: In zwei Eilverfahren – es ging um die Festlegung der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur Umlage nach § 19 StromNEV – bezweifelte das Gericht, dass  energieintensive Letztverbraucher zu Recht nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV von Netzentgelten befreit werden können (wir berichteten). Nach (damals vorläufiger) Einschätzung des Gerichts fehlte es für eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten an einer Ermächtigungsgrundlage im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Außerdem hatte das Gericht deutliche Bedenken, ob die Netzentgeltbefreiung – gerade auch mit Blick auf die übrigen Netznutzer – überhaupt noch ein angemessenes Entgelt im Sinne des EnWG darstellen könnte.

Schon damals war zu erahnen, dass die Entscheidungen des OLG Düsseldorf nur Vorbote für stürmische Zeiten sein würden, die auf § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV und damit die betroffenen energieintensiven Letztverbraucher zukommen würden. Genau so kam es auch:

  • Im Dezember 2012 erneuerte zunächst das OLG Düsseldorf seine Kritik an den Netzentgeltbefreiungen. Diesmal erklärte das Gericht – abermals im Rahmen eines Eilverfahrens – die rückwirkende Befreiung von den Netzentgelten für das Jahr 2011 für rechtswidrig.
  • Fast zeitgleich drang durch, dass die Kommission ihre bereits Ende 2011 eingeleiteten informellen Untersuchungen zur beihilferechtlichen Bewertung des § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV nochmals intensivieren würde.
  • Im Februar gab schließlich Bundesumweltminister Peter Altmaier seine Pläne für eine Strompreisbremse bekannt (wir berichteten). Neben weiteren preisdämpfenden Maßnahmen sehen diese vor, die Netzentgeltbefreiungen nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV auf den Stand von 2010 zurückzuführen. Damals kam die Regelung aufgrund der strengeren Voraussetzungen weitaus weniger Unternehmen zu Gute. Auch war keine vollständige Netzentgeltbefreiung vorgesehen, sondern konnten die Netzentgelte für energieintensive Unternehmen auf nicht weniger als 20 Prozent der regulären Netzentgelte abgesenkt werden.

Morgen finden nun endlich die mit großer Spannung erwarteten mündlichen Verhandlungen vor dem OLG Düsseldorf in den Hauptsacheverfahren zu der bereits erwähnten Festlegung der BNetzA bezüglich der § 19 StromNEV-Umlage statt. Im Vordergrund wird dabei weniger stehen, was das Gericht zur Festlegung selbst entscheidet, als vielmehr was es zu § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV zu sagen hat.

Dem Vernehmen nach will die Kommission noch am gleichen Tage das Hauptprüfverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen § 19 StromNEV eröffnen. Wer da eine Kopfschmerzattacke bekommt: Der 6.3.2013 ist auch der 114. Geburtstag von Aspirin – das passt ja schon fast wieder.

Zwar lässt sich im Vorfeld noch nicht genau prognostizieren, wohin genau die Reise der Netzentgeltbefreiung für energieintensive Letztverbraucher dann eigentlich gehen wird. Die jüngsten Entwicklungen auf nationaler und europäischer Ebene lassen aber schon jetzt vermuten, dass der deutsche Gesetz- bzw. Verordnungsgeber sich wohl des § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV nochmals annehmen müssen wird. Unions- und SPD-regierte Länder scheinen (mindestens) die Regelung auf den Stand von 2010 zurückführen zu wollen. Da wird man dem Gesetzgeber die Daumen drücken müssen, dass ihm eine rechtskonforme rückwirkende Umsetzung gelingt. Denn eins ist klar: So einfach wie mit dem Fluxkompensator lässt sich in der politischen Realität die Zeit nicht zurückdrehen.

Ansprechpartner, insbes.: Dr. Christian de Wyl/Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Thies Christian Hartmann/Stefan Missling

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