Welche Aufgaben das Klimapaket der Bundesregierung für den Gesetzgeber bereithält: Vier Fragen an Andreas Kuhlmann (DENA)

(c) DENA

Kaum war das Klimapaket der Bundesregierung festgezurrt, wurde es schon wieder auseinandergenommen. Enttäuschend, mutlos, ohne Wirkungskraft – sagen die Einen. Man muss loslaufen, um anzukommen – meinen die anderen und loben. Um die Klimaziele 2030 zu erreichen, hat die Bundesregierung 66 Einzelmaßnahmen beschlossen. An der Erreichung dieser Ziele wird sich die Durchschlagskraft des Klimapakets schließlich messen lassen müssen. Um aber überhaupt Wirkung entfalten zu können, müssen die Maßnahmen des Klimapakets legislativ umgesetzt werden. Zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Normen müssen angepasst werden, neue Rahmenbedingungen ergänzt und durch den Gesetzgebungsprozess auf den Weg gebracht werden.

Aber welche Normen müssen denn nun überhaupt angefasst werden und wie komplex ist der regulatorische Aufwand bzw. der politische Abstimmungsbedarf? Das hat sich die Deutsche Energie-Agentur (DENA) gefragt und mit Unterstützung von Becker Büttner Held (BBH) eine Kurz-Studie veröffentlicht, die genau diese Fragen beantwortet. Wir haben mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der DENA Andreas Kuhlmann über diese brandaktuelle Studie gesprochen.

BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Kuhlmann, Sie sind – wie auch so manch andere Personen des politischen Lebens – Diplom-Physiker. Wie bewerten Sie als Naturwissenschaftler das Klimapaket der Bundesregierung?

Kuhlmann: Mit Physik und Naturgesetzen lässt sich nicht verhandeln. Der Klimawandel wird weiter voranschreiten, wenn wir nicht genug unternehmen, um ihn zu begrenzen. Das sollten wir auch bei der Umsetzung des Klimapakets vor Augen haben. Es war ein politischer Kraftakt, das Paket auf den Weg zu bringen. Und es wird weiter viel Kraft erfordern, die Umsetzung zu gestalten. Aber wenn es sich zeigt, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, werden wir über weitere Schritte und Anpassungen nachdenken müssen. Immerhin, das Paket bietet viele gute Ansätze und eine große Zahl an Instrumenten, die sich weiterentwickeln lassen. Auch auf die Ausgestaltung des Monitoringmechanismus bin ich gespannt. Die Zweifel, ob alles das aber schon reicht, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen, sind durchaus berechtigt.

BBH-Blog: Sie haben nur wenige Tage nachdem das Klimapaket beschlossen wurde, eine Studie veröffentlicht, in der Sie den legislativen Aufwand der einzelnen Maßnahmen untersuchen. Trauen Sie der Politik nicht zu, selbst einschätzen zu können, was jetzt zu tun ist?

Kuhlmann: Demokratische Politik lebt davon, dass sich alle einbringen können. Gerade bei Energiewende und Klimaschutz ist es wichtig, offen und transparent zu diskutieren. Wir sind bereits mitten drin in der Transformation, aber wir werden in Zukunft noch viel deutlicher spüren, was die Transformation für unser Leben bedeutet. Die Studie bietet allen Interessierten die Möglichhkeit, sich ein Bild von den legislativen Herausforderungen zu machen. Damit wollen wir den Dialog erleichtern und dazu anregen, die Gesetzgebungsprozesse zum Vorteil von Klimaschutz, Verbrauchern und Wirtschaftlichkeit zu nutzen.

BBH-Blog: Wie schätzen Sie generell den zeitlichen Aufwand für die Umsetzung des Klimapakets ein – ist das überhaupt noch in dieser Legislaturperiode zu schaffen?

Kuhlmann: Das ist sicherlich ein sehr ambitioniertes Programm. Das Klimapaket hat eine große Tragweite, größer als in der Debatte bisher wahrgenommen wird. Das macht die Studie sehr deutlich. Die Bundesregierung hat sich sogar vorgenommen, alle gesetzlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Programms noch in diesem Jahr im Bundeskabeinett zu verabschieden. Das wird ein hohes Maß an Konzentration erfordern. Und bei allem Tempo gilt es ja auch, den gesamtgesellschaftlichen Dialog zu stärken. Die dena wird sich jedenfalls dafür einsetzen, dass der Prozess so gut wie möglich abläuft. Die Studie ist ein Beitrag dazu.

BBH-Blog: Welche Maßnahmen haben es Ihrer Einschätzung nach besonders in sich?

Kuhlmann: Das ist angesichts der Fülle der Maßnahmen nicht leicht zu sagen. Selbst eine seit langem bekannte, mehrfach angestoßene und von vielen unterstützte Maßnahme wie die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung ist juristisch und in der Abstimmung anspruchsvoll. Ein Aspekt, den wir in unserer Arbeit immer betonen, ist die Gestaltung des ökonomische Rahmens. Da springt das Paket noch zu kurz, obwohl es wichtige Ansätze aufgreift. Die CO2-Bepreisung wird in der jetzt vorgeschlagenen Fassung zunächst kaum eine Lenkungswirkung entfalten. Gleichzeitig fällt die Senkung der EEG-Umlage sehr gering aus. Würde Politik allein diesen beiden Instrumenten mehr zutrauen, könnte sie deutlich mehr Anreize für klimafreundliche Technologien und Geschäftsmodelle setzen. Aber wie gesagt: Das Paket enthält auch gute Ansätze, die sich in der Ausgestaltung hoffentlich noch weiter verbessern lassen. Es liegt jetzt an allen Akteuren, sich einzubringen und so das beste aus dem Paket herauszuholen. Dann könnte der Einstieg in einen klimapolitischen Kurswechsel gelingen.

BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Kuhlmann, herzlichen Dank für das Gespräch.

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