Wenn Vergleiche hinken

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Effizienz ist immer relativ. Deshalb vergleicht die Bundesnetzagentur (BNetzA) vor jeder Regulierungsperiode die Netzbetreiber untereinander, um die individuellen Effizienzwerte zu ermitteln. Wie in der Regulierung üblich, werden komplizierte statistische Methoden angewandt, um möglichst akkurate Werte zu bekommen. Die sind nicht zuletzt deswegen von Bedeutung, weil sich die Effizienz eines Netzbetreibers darauf auswirkt, wie hoch seine Erlöse aus dem Betrieb des Netzes am Ende des Tages sein dürfen. Auch im Wettbewerb um Konzessionen kann der Effizienzwert ein Kriterium sein.

Die richtigen Methoden sind das eine. Möchte man belastbare Ergebnisse haben, kommt es aber auch darauf an, wen man miteinander vergleicht. Genauso wenig Sinn wie Strom- mit Gasnetzbetreibern zu vergleichen macht eine Gegenüberstellung von Verteiler- mit Übertragungsnetzbetreibern bzw. mit Fernleitungsnetzbetreibern. Die BNetzA hat das für die 2. Regulierungsperiode im Gasbereich trotzdem gemacht und fünf regionale Fernleitungsnetzbetreiber in der Effizienzwertermittlung von Gasverteilernetzbetreibern einbezogen – mit negativen Auswirkungen für diese.

Wie kommt man darauf, verschiedene Netzebenen in einen Topf zu werfen?

In der 1. Regulierungsperiode differenzierte die BNetzA noch: regionale Fernleitungsnetzbetreiber wurden getrennt von den Verteilernetzbetreibern betrachtet, auch deshalb, weil regionale Fernleitungsnetzbetreiber eben ganz klar nicht als Verteilernetzbetreiber einzuordnen waren. Durch die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG 2011) änderte der Gesetzgeber die Definition des Fernleitungsnetzbetreibers in § 3 Nr. 5 EnWG, um den regionalen Fernleitungsnetzbetreibern die strengere Entflechtungsvorgaben zu ersparen. Das allein macht aus einem regionalen Fernleitungsnetzbetreiber aber weder objektiv noch rechtlich einen Gasverteilernetzbetreiber. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob diese Netze strukturell und objektiv miteinander vergleichbar sind. Machen wir es kurz: Sie sind es nicht.

Von Äpfeln und Birnen

Da (regionale) Fernleitungsnetzbetreiber keine eigenen Konzessionsgebiete unterhalten, fällt es schwer, sie unter § 3 Nr. 7 EnWG zu subsummieren, der die Wartung und den Ausbau des Verteilernetzes „in einem bestimmten Gebiet“ zu den Aufgaben der Verteilernetzbetreiber zählt. (regionale) Fernleitungsnetzbetreiber verfügen über schlichte Trassenrechte und sollen nach § 15 EnWG die Kapazitätsnachfrage dauerhaft sicherstellen. Eine Netzausbauverpflichtung besteht genauso wenig wie eine Allgemeine Anschlusspflicht, da Fernleitungsnetzbetreiber keine Energieversorgungsnetze der Allgemeinen Versorgung im Sinne von § 3 Nr. 17 EnWG betreiben.

Auch strukturell sind regionale Fernleitungsnetzbetreiber klassischen Fernleitungsnetzbetreibern ähnlicher als den Betreibern von Verteilernetzen: Die weit überwiegende Mehrheit ihrer Leitungen verlaufen im Hochdruckbereich und dienen dem Transport jeweils in ganzen Bundesländern bzw. über Bundeslandgrenzen hinweg. Auch ein Blick auf die Verteilung der Ausspeisepunkte ist erhellend: Während alle regionalen Fernleitungsnetzbetreiber zusammen eine niedrige zweistellige Zahl an Ausspeisepunkten im Mitteldrucknetz und keinen im Niederdrucknetz besitzen, ist dies bei den Verteilernetzbetreibern komplett umgekehrt. Weit überwiegend wird hier im Niederdrucknetz ausgespeist.

Kurzum: Die fünf regionalen Fernleitungsnetzbetreiber weisen zu den Gasnetzverteilernetzbetreibern mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten auf. Beide bei der Ermittlung der Effizienzwerte in einen Topf zu werfen, ist daher weder sachgerecht noch zielführend. Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht das übrigens genauso (wir berichteten).

Ansprechpartner: Prof. Dr. Christian Theobald/Stefan Wollschläger/Stefan Missling

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