Wie geht’s weiter mit den Kapazitätsmärkten? Die Mitteilung der Europäischen Kommission zu staatlichen Interventionen im Energiebereich – Teil 2 Kapazitätsmärkte

(c) BBH
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Brüssel hat ein entscheidendes Wörtchen beim neuen Strommarktdesign in Deutschland mitzureden. Das wurde bereits klar, als Frau Kraft und Herr Altmaier gleich zu Beginn der Koalitionsverhandlungen nach Brüssel reisten. Aber auch in ihrer Mitteilung zum Binnenmarkt Strom und den damit veröffentlichten „Best-Practice“-Leitlinien hat die Kommission erneut klar gemacht, was sie will. Neben Vorgaben für die Förderung von Erneuerbaren Energien (wir berichteten) hat sie dabei auch Überlegungen zur Einführung von Kapazitätsmärkten in den Mitgliedstaaten angestellt.

Wieso interessiert sich die Kommission für das Strommarktdesign?

Bereits seit einiger Zeit ist die Kommission besorgt, dass die Einführung von Kapazitätsmärkten dem Binnenmarkt Strom zuwider laufen kann. Gemeint ist damit ein Markt für konventionelle Back-up-Kapazitäten, die sicherstellen, dass auch dann genügend Energie vorhanden ist, wenn die Erneuerbaren mangels Sonne oder Wind den Bedarf nicht decken. Da der „Energy-only-Markt“ nicht genügend finanzielle Anreize für Betreiber von konventionellen Anlagen schaffe, sollen zusätzliche Kapazitätsprodukte entstehen. Durch zentrale Ausschreibungen von Kraftwerken, eine sog. strategische Reserve oder Leistungszertifikate soll eine zusätzliche Vergütung für Betreiber von konventionellen Back-up-Kapazitäten entstehen (wir berichteten). Einige Mitgliedsstaaten (u.a. Schweden, Finnland, Spanien oder Griechenland) haben derartige Kapazitätsmärkte bereits eingeführt. Andere (darunter England, Frankreich) diskutieren noch, aber haben teilweise bereits die gesetzlichen Grundlagen erlassen.

Welche Vorgaben macht die Kommission für Kapazitätsmärkte?

Die aktuelle Mitteilung und das begleitende Arbeitspaket enthalten keine konkreten Vorschläge zum Umgang mit der Förderung von Back-up-Kapazitäten. Zwar scheint die Kommission eine sog. strategische Reserve vorzuziehen, weil diese den Binnenmarkt Strom (vermeintlich) am wenigsten beeinträchtigt. Im Ergebnis wird den Mitgliedstaaten aber nur eine recht vage Checkliste an die Hand gegeben, anhand derer sie sowohl den Kapazitätsbedarf ermitteln als auch Kapazitätsmärkten einführen müssten. Darin beschränkt sich die Kommission auf allgemeine Hinweise, wonach u.a.

  • bei der Ermittlung des Kapazitätsbedarfs ein vollständiges Bild der      Kapazitätssituation zu zeichnen ist oder
  • Kapazitätsmärkte so binnenmarktfreundlich wie möglich ausgestaltet werden sollen und
  • Kapazitätsmärkte nur nachrangig zu anderen kapazitätsfördernden Maßnahmen (wie z.B. einer Anpassung der EE-Förderhöhen) eingeführt werden dürfen.

Diese allgemeinen Hinweise sind rechtlich unverbindlich. Aber ganz so frei ist die Bundesregierung trotzdem nicht, wenn sie einen Kapazitätsmarkt einführen möchte. Trotz der vagen Vorgaben der Kommission lässt diese nämlich keine Zweifel daran, dass ein Kapazitätsmarkt eine Beihilfe nach EU-Recht darstellen kann. Wenn das so ist, sind solche Beihilfen mit der EU abzustimmen. Das weiß man bereits aus anderem Zusammenhang …

Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Dr. Dörte Fouquet/Prof. Dr. Ines Zenke

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