Zukunftsfähige IT-Systeme

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Wie zufrieden sind Kunden aus der Energieversorgung mit ihrer Software? Wo sehen sie Verbesserungspotenziale? Wir sind diesen Fragen jetzt im Detail nachgegangen.

Um Antworten aus der Praxis zu bekommen, verschickten wir an 352 der Mitglieder unseres AK REGTP einen Fragenkatalog mit insgesamt 32 Fragen. 152 Energieversorger aller Größen, und damit etwa 43 %, haben uns die Fragen bislang beantwortet.

Uns ging es vor allem um einen Vergleich und um die Analyse von Problemen bei der Verbrauchsabrechnungs-Software und den anhängenden Softwarepaketen wie dem Energiedatenmanagement (EDM) oder der Zählerfernauslese. Die befragten Stadtwerke sollten beantworten, welche Anwendungsfelder die Software abdeckt, wie flexibel sie einsetzbar ist, wie es um den Service und die Hotlines der Anbieter bestellt ist und vor allem, wie sie das Verhältnis von Kosten und Nutzen einschätzen. Insbesondere bei diesem letzten Punkt und bei der Zufriedenheit spielt auch das „Bauchgefühl“ der Anwender eine große Rolle, zumindest war dies unsere Mutmaßung.

Verbrauchsabrechnung

Die Software, die die meisten Kundendaten bzw. Zählpunkte abrechnet, ist eindeutig IS-U von SAP. Das System muss wegen der großen Datenvolumina besonders leistungsfähig sein, was nach der Untersuchung auch tatsächlich der Fall ist. Dafür schätzen die Nutzer sein Preis-/Leistungsverhältnis am schlechtesten ein.

Die Programme kleiner Hersteller schneiden bei der Kostenfrage oft am besten ab, haben dafür aber nicht so viele und gut ausgebaute Schnittstellen zu anderen Programmen, d.h. es müssen andere Softwarepakete ergänzt werden, die die großen Hersteller bereits in ihrem eigenen Paket integriert haben.

Integrierte Kompromisslösungen existieren aus den Häusern Schleupen, SIV und Wilken. Sie alle haben Stärken und Schwächen, die je nach Unternehmensgröße unterschiedlich wahrgenommen werden, was auch für die Kundenerwartung zum Preis-/Leistungsverhältnis gilt.

Neben der Verbrauchsabrechnung benötigen Energieversorger im heutigen Markt noch zahlreiche weitere Programme. Im Vormarsch sind dabei Systeme für das Auslesen und die Verwaltung der Zählerdaten (Zählerfernauslese) und die Verarbeitung von Zeitreihen (Energiedatenmanagement), welche insbesondere vor dem Hintergrund der MaBiS sehr wichtig wird. Etwa 28 Prozent des EDM-Marktes deckt nach unserer Untersuchung der Anbieter Kisters ab. An zweiter Stelle mit 17 % Marktanteil steht die Thüga Metering Service GmbH, deren EDM-Dienstleistung damit für Stadtwerke eine Alternative zu einer softwaregestützten Lösung ist.

Schnittstellen

EDM-Software und alle anderen eingesetzten Programme müssen über Schnittstellen mit der Verbrauchsabrechnungs-Software verbunden werden. Bei der Programmierung der Schnittstellen haben die Software-Anbieter unterschiedliche Stärken (siehe Grafik), generell gilt aber, dass sich die Integration des EDM-Systems bei allen Herstellern verbessern lässt.

Ebenfalls verbesserungswürdig ist quer durch alle Anbieter die Anbindung einer Reporting-Software. Diese sammelt und verdichtet Daten, die dem Management einen Überblick über das Unternehmen und seine Kunden geben sollen. Beim Erstellen dieser Datensammlungen ist zum einen der Anspruch an die Geschwindigkeit des Systems hoch, zum anderen fehlt ein Standard, welche Daten herangezogen werden und wo genau sie abgelegt sind. Das erklärt die schwachen Noten bei der Reporting-Schnittstelle.

Austausch von Marktdaten

Auch bei dem Austausch der Marktdaten zwischen den Geschäftspartnern gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. Zwar sind alle gesetzlichen Vorgaben mittlerweile zufriedenstellend umgesetzt, doch läuft der Datenaustausch noch nicht überall automatisch (siehe Grafik).

Wir wünschen uns deshalb von den Software-Herstellern, dass sie den Automatisierungsgrad und die Bedienungsqualität erhöhen und die immer komplexeren Marktdatenaustauschprozesse vereinfachen. Hier haben die Energieversorger einen Anspruch auf Automatisierung und hohe Leistungsfähigkeit der IT-Systeme, unabhängig von einzelnen Modulen. Für die Überwachung der zahllosen Meldefristen, die beim Datenaustausch zwischen den Marktpartnern eingehalten werden müssen, empfehlen wir daher den Einsatz einer übergreifenden Lösung, die die Daten nach Terminplänen sortiert und die Abgabefristen überwacht.

Schlechte Noten für Callcenter

Neben der Zufriedenheit der Kunden mit ihrer Software (siehe Grafik) fragten wir auch nach der Kundenzufriedenheit von Dienstleistungen rund um die Verbrauchsabrechnung. Im Mittel recht gut (Note 2,5) schnitten die Software-Berater (oder Implementierungspartner) ab. Deutlich schlechter (Note 3,4) kamen die Hotlines (Call-Center) der Hersteller davon, die bei Problemen kontaktiert werden. Hier besteht Verbesserungsbedarf, denn der Kunde bzw. das Stadtwerk orientiert sich auch schon einmal um und wechselt im Zweifelsfall den Anbieter (siehe Grafik).

Einige Empfehlungen lassen sich aus der Umfrage ableiten:

  • Der Anspruch der EVUs aus den Softwarewartungsverträgen auf gesetzliche Änderungen lässt sich nur dann ableiten, wenn der Vertrag mit Fachleuten abgeschlossen wurde, die energiewirtschaftliches Know-How haben und Service Level Agreements zu vereinbaren wissen.
  • Entscheiden Sie sich für eine unternehmensweite Software erst nach einer kompetenten und professionellen Auswahl.
  • Nutzen Sie ein erfahrenes Team von Projektmitarbeitern für das Projekt- und Integrations-Management. Lassen Sie sich nur von energiewirtschaftlich erfahrenen Beratern unterstützen.

Ansprechpartner BBH Consulting AG: Dr. Andreas Lied
Ansprechpartner für den AK REGTP: Prof. Dr. Christian Theobald/Prof. Dr. Ines Zenke

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