Wenn der Wind sich dreht: PROKON – Eine missglückte Bürgerbeteiligung

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Die Zeichen stehen auf Sturm. Am 22.1.2013 hat Deutschlands größter Windkraftbetreiber, die PROKON Regenerative Energien GmbH, beim Amtsgericht Itzehoe Insolvenz beantragt. 75.000 Inhaber so genannter Genussrechte, die dem Unternehmen zusammen rund 1,4 Mrd. Euro anvertraut hatten, werden wohl einen Großteil ihrer Anlage „in den Wind schreiben“ müssen. Denn als Eigenkapitalgeber sind sie, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wird, die Letzten in einer langen Schlange von Gläubigern.

Das Beispiel PROKON zeigt: Auch Investitionen in Erneuerbare Energien sind mit Risiken behaftet, die auch zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können. Die Bürger an Investitionen zu beteiligen, die die Energiewende erst ermöglichen werden, ist wünschenswert. Bedeuten die Schwierigkeiten des Unternehmens für diese Bürgerbeteiligung das Ende?

Bürger können sich an einem Projekt als Kapitalgeber oder als Gesellschafter beteiligen. Dabei gilt die Faustregel, dass eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung eher dann infrage kommt, je kleiner der Anlegerkreis und je größer die Investitionssumme pro Anleger ist. In dieser Konstellation ist es auch sinnvoll, einem überschaubaren Gesellschafterkreis Mitspracherechte einzuräumen. Je größer der Kreis der teilnehmenden Bürger ist, desto eher sollte man an eine reine Finanzbeteiligung denken, da es nicht praktikabel wäre, eine sehr große Anzahl von Gesellschaftern gesellschaftsrechtlich zu verbinden. Dies gilt umso mehr, wenn es dem Anleger weniger darum geht, in Einzelprojekten mitreden und mitentscheiden zu können, als vielmehr um die Förderung und Akzeptanz von Energieerzeugungsprojekten und um die Mehrung seines eingesetzten Kapitals. Die Bürgerbeteiligung der PROKON ist daher im Ansatz richtig und nicht die Quelle des Übels.

Genauso unverzichtbar wie die vernünftige, rechtliche Ausgestaltung ist das ausgewogene, wirtschaftliche Konzept. Vor allem muss die Dauer der Finanzanlage auf die Laufzeit des Projektes abgestimmt sein. Je länger die Laufzeit des Projektes ist, desto länger muss auch das Kapital der Anleger gebunden sein. Gerade das Beispiel der PROKON zeigt, wie wichtig dieser Zusammenhang ist. Bei Bürgerbeteiligungsprojekten besteht das Problem, dass relativ schnell ein Wettrennen um die Rückzahlung der Einlagen einsetzen, wenn das Projekt, und sei es auch nur kurzfristig,  in Schieflage zu geraten droht. Müssen zu viele Einlagen zurückgewährt werden, droht auf Grund dieser Kettenreaktion der Unternehmung das Ende.

Neben der Abstimmung Kapital-/Projektlaufzeit muss es außerdem unbedingt einen detaillierten Zahlungsplan geben. Aus ihm muss sich ergeben, woher die liquiden Mittel zu welchem Zeitpunkt kommen, damit auch im schlimmsten Fall die Gesellschaft immer zahlungsfähig bleibt. Die Verzinsung der angelegten Gelder muss so eingestellt werden, dass die Gesellschaft Rücklagen hat, um den Anlegern nach dem Zahlungsplan ihre Einlagen zurückzahlen oder die Rückzahlung zumindest übergangsweise fremdfinanzieren zu können.

Es darf keinesfalls dazu kommen, dass Zins und Tilgung der Einlagen der Bürger mit dem Geld neu hinzutretender Bürger bezahlt wird und im Ergebnis ein unzulässiges Schneeballsystem entsteht.

Werden diese Grundsätze beachtet, lassen sich sehr interessante Bürgerbeteiligungsmodelle entwickeln, die für den Erfolg der Energiewende auch nach der Insolvenz der PROKON unerlässlich sind und die auch ohne schärfere Kontrollregelungen nach bereits geltenden Recht zulässig und kontrollierbar sind. Hierunter fallen die gerade verabschiedeten Regelungen des neuen Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB), das gerade den Schutz des Anlegers vor intransparenten Finanzprodukten bezweckt. Eine gewissenhafte Planung einer Bürgerbeteiligung durch die Initiatoren und eine kritische Prüfung durch den investierenden Bürger wird dieses neue Gesetz allerdings auch nicht ersetzen können.

Ansprechpartner: Wolfram von Blumenthal/Thomas Straßer/Dr. Philipp Bacher

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