GABi Gas 2.0 – erste Konsultation der BNetzA

(c) BBH
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Das Bilanzierungssystem im Gassektor steht vor einigen tiefgreifenden Änderungen, mit weitreichenden Folgen für Verteilernetzbetreiber und Lieferanten gleichermaßen. Hintergrund ist die voranschreitende Harmonisierung der Marktregeln in Europa. Dazu hat die Europäische Kommission am 26.3.2014 den europäischen Netzkodex Gasbilanzierung verabschiedet.

Um den Netzkodex umzusetzen, hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) am 3.4.2014 das förmliche Festlegungsverfahren „GABi Gas 2.0“ eröffnet (Az. BK7-14-020). Nach der Konsultation der Marktgebietverantwortlichen (MGV)/Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) Anfang des Jahres (wir berichteten) fordert jetzt die BNetzA dazu auf, zu ihren konkreten Umsetzungsvorschlägen Stellung zu nehmen, und zwar bis zum 5.5.2014. Geplant ist, das Verfahren bis Ende 2014 abzuschließen. Die neuen Vorgaben sollen dann im Wesentlichen zum 1.10.2015 in Kraft treten.

Welche Auswirkungen sind aus Vertriebssicht zu erwarten?

Aus Vertriebssicht dürfte vor allem die zukünftige Bepreisung der Ausgleichsenergie relevant sein. Bilanzielle Ungleichgewichte am Ende des Tages sollen nicht mehr mit dem Durchschnittspreis europäischer Handelsplätze abgerechnet werden. Vielmehr soll sich der Ausgleichsenergiepreis nach den tatsächlichen Kosten der eingesetzten Regelenergie richten. Nach dem Vorschlag der BNetzA könnten dann bereits kleine Mengen lokaler Regelenergieprodukte den Ausgleichsenergiepreis bestimmen. Dieser dürfte damit zukünftig volatiler und unangenehmer werden.

Zudem soll für alle RLM-Entnahmestellen zukünftig ein Tagesband allokiert werden. Die gemessenen und ersatz- und brennwertkorrigierten Entnahmewerte werden damit gleichmäßig auf den gesamten Gastag verteilt. Dadurch unterfielen alle RLM-Stellen der Regel- und Ausgleichsenergieumlage, die zukünftig für SLP- und RLM-Mengen über getrennte Umlagekonten abgerechnet werden soll. Bleibt es bei der vorgeschlagenen Bepreisung der Ausgleichsenergie, dürfte es auch zukünftig zu Ausschüttungen der RLM-Regelenergieumlage kommen (wir berichteten).

Die Allokation eines Tagesbandes für RLM-Kunden ist darüber hinaus für das vorgeschlagene untertägige Strukturierungssystem relevant. Neben der Tagesbilanzierung soll es auch weiterhin stündliche Restriktionen geben. Dafür sollen die allokierten Ein- und Ausspeisemengen in jeder Stunde saldiert und die Stundenabweichung über den Gastag kumuliert betrachtet werden. Eine Abweichung über der Toleranz (+/- 7,5 Prozent der Gesamttagesmenge) soll allerdings nur abgerechnet werden, wenn der MGV an einem Gastag sowohl Regelenergie gekauft als auch verkauft hat. Je nach konkretem Bepreisungsverfahren kann das aber zu empfindlichen Preisen erfolgen. Insbesondere Kraftwerken und Großkunden drohen dadurch erhebliche Zusatzkosten. Kann der Einsatz nicht am Vortrag geplant werden oder ändert er sich unvorhergesehen im Laufe des Tages, dürfte die stündliche Toleranz häufig nicht ausreichen. Die Folge wäre, dass man einen Strukturierungsbeitrag (Flexibilitätskostenbeitrag) zahlen muss. Der flexible Einsatz von Gaskraftwerken wäre dadurch wirtschaftlich (noch) schlechter darstellbar.

Welche Auswirkungen sind aus Netzsicht zu erwarten?

Für Netzbetreiber dürfte vor allem die angekündigte tägliche Netzkontoabrechnung für Diskussion sorgen. Prognose-Ungenauigkeiten und der Zeitversatz des analytischen Lastprofilverfahrens könnten dann nicht mehr innerhalb eines Monats ausgeglichen werden. Damit wäre zu befürchten, dass die Netzkonten wesentlich häufiger abgerechnet werden, was die Netzbetreiber viel Geld kosten würde. Entscheidende Fragen wie die nach der operativen Umsetzung, dem abrechnungsrelevanten Schwellenwert und  dem konkreten Umsetzungsdatum (Okt. 2015 /Okt. 2016) sind noch offen.

Die Netzbetreiber müssten auch ihre Systeme anpassen, da die Datenübermittlungspflichten für RLM-Ausspeisemengen verschärft werden. Voraussichtlich ab 1.10.2016 sollen diese zweimal untertätig bereitgestellt werden. Dabei soll der Ausspeisenetzbetreiber die Daten in drei statt wie bisher vier Stunden auslesen, verarbeiten und übermitteln. Die gesamte RLM-Ausspeisemenge des Vortages soll ebenfalls bereits bis 9:00 Uhr an den MGV gemeldet werden.

Erfreulich ist aus Netzsicht, dass die D+1-Allokationsmeldungen nicht – wie noch von den MGV/FNB vorgeschlagen – abrechnungsrelevant sind, sondern ersatz- und brennwertkorrigiert werden sollen. Der Vorschlag der MGV/FNB hätte zu massiven Haftungsfragen der VNB geführt.

Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Klaus-Peter Schönrock/Christian Thole

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