BGH erlaubt Verlustausgleich für defizitäre kommunale Kliniken

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Operation_arztSind Zuschüsse, die Kommunen ihren defizitären Krankenhäusern gewähren, wettbewerbsverzerrende und damit verbotene Subventionen? Zu dieser umstrittenen Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 24.3.2016 ein in der Fachwelt mit Spannung erwartetes Urteil (Az. I ZR 263/14) gefällt. Die Antwort: Kommunale Krankenhäuser zu bezuschussen, um ihre Verluste auszugleichen, ist im Regelfall kein Verstoß gegen das EU-Beihilfenrecht.

Geklagt hatte der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK), der mehr als 1.000 private Krankenhäuser vertritt, gegen den Landkreis Calw. Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass die Zuschussgewährung beihilferechtlich akzeptabel ist, sofern es sich bei den medizinischen Versorgungsleistungen der Krankenhäuser um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (sog. DAWI-Leistungen) handelt und der entsprechende Betrauungsakt den von der EU-Kommission mit Feststellungsentscheidung 2005/842/EG vorgegebenen Transparenzanforderungen entspricht. Der entsprechende Nachweis der DAWI-Leistung ergab sich durch die Aufnahme des Krankenhauses in den Landeskrankenhausplan des Landes Baden-Württemberg zur notwendigen bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung. Denn als Landkreis hat dieser als Träger des Krankenhauses den Betrieb des Krankenhauses bzw. die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung des Landeskeises nach § 3 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg sicherzustellen.

Der BGH sendet mit seinem Urteil ein wichtiges Signal an die Kommunalwirtschaft: Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen (Vorliegen eines Betrauungsaktes, Erbringen von DAWI-Leistungen, Einhaltung der Transparenzanforderungen) verstoßen durch den Träger gewährte Zuschüsse nicht gegen das EU-Beihilfenrecht – eine Notifizierungspflicht bei der Europäischen Kommission besteht in diesen Fällen nicht. Auch wenn es im vorliegenden Fall um den Verlustausgleich eines Krankenhauses geht, lässt sich die Argumentation auch auf andere kommunale Institutionen zur Daseinsvorsorge anwenden. So stehen Kommunen oft vor der Herausforderung, auch ihre Parkhäuser und kommunalen Bäderbetriebe wirtschaftlich zu führen. Ein Verlustausgleich wäre also auch hier denkbar.

Alles steht und fällt jedoch mit dem Betrauungsakt: Ist dieser unsauber oder fehlerhaft formuliert, verstößt der Verlustausgleich gegen die EU-Transparenzrichtlinie. Und dann bricht das kommunale Kartenhaus schnell zusammen. Ratsam ist es deshalb, sich den Betrauungsakt sehr gewissenhaft vorzunehmen bzw. bereits bestehende Betrauungsakte vor dem Hintergrund der ergangenen Rechtsprechung nochmals kritisch durchzugehen und gegebenenfalls zu aktualisieren.

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