Was machen die da eigentlich mit dem Wahlergebnis?

(c) Martin Beckmann
(c) Martin Beckmann

Die Bundestagswahl (mit den Ergebnissen 41,5 Prozent für CDU/CSU, 25,7 Prozent für SPD, 8,6 Prozent für Die Linke und 8,4 Prozent BÜNDNIS 90/Die Grünen – Sie erinnern sich?) liegt schon einige Zeit zurück. Die Bundeskanzlerin und die Minister haben ihre Entlassungspapiere entgegen genommen und bleiben lediglich noch geschäftsführend im Amt. Und alle warten darauf, was nun eigentlich passiert.

Die Zeitungen sind voll davon: Es wird verhandelt. Erst sprach die CDU/CSU mit Bündnis 90/Die Grünen und mit der SPD, nun nur noch mit der SPD. Diese holte sich auf einem kurzfristig einberufenen kleinen Parteitag von den Delegierten grünes Licht für ihre Koalitionsverhandlungen. Das Ziel: eine Regierungskoalition zu bilden, die für alle Seiten annehmbar ist.

Im Vergleich beinahe lautlos konstituierte sich am 22.10.2013 nach Art. 39 Abs. 2 GG genau 30 Tage nach der Wahl der neue Bundestag. Viele der neu gewählten 631 Abgeordneten beschnupperten sich zu diesem Anlass das erste Mal. Immerhin zieht fast ein Drittel der Abgeordneten neu ins Parlament ein. Darunter sind so viele Abgeordnete mit Migrationshintergrund wie nie – insgesamt fast 6 Prozent. Auch der Anteil der Frauen ist mit 36,3 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren weiter angestiegen. Bemerkenswert auch: mit Matthias Ilgen und Charles M. Huber haben, für Deutschland bislang eher ungewöhnlich, ein Wrestler und ein Schauspieler Einzug ins Parlament gehalten. Für Vielfalt wäre im 18. Deutschen Bundestag damit wohl gesorgt.

Und wie geht`s jetzt mit der Regierungsbildung weiter? Zunächst musste dafür gesorgt werden, dass die richtigen Leute der prospektiven Großkoalitionäre miteinander sprechen, und vor allem über die richtigen Themen. Dafür gibt es diverse Gruppen: Einmal die Verhandlungsführer. Das ist eine bunt gemischte Gruppe aus den Parteivorsitzenden, Parlamentarischen Geschäftsführern, Ministern, Fraktionsvorsitzenden, Ministerpräsidenten und Landesgruppenvorsitzenden von CDU, CSU und SPD – insgesamt 22 Entscheidungsträger der Bundes und Landespolitik kommen hier zusammen. Als wenn das nicht schon eine ziemliche große Gruppe wäre, gibt es noch die „große Verhandlungsgruppe“. Diese besteht insgesamt sogar aus 75 Teilnehmern. Darunter fast alle Ministerpräsidenten der Bundesländer (Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg ist als Grüner naturgemäß nicht involviert). So soll schon frühzeitig dafür gesorgt werden, dass die Länder an Bord sind, auf dass später im Bundesrat nicht unnötige Widerstände entstehen.

Seit heute tagen die eingesetzten Arbeitsgruppen. Zwölf davon gibt es, sowie zusätzlich vier Unterarbeitsgruppen. Jede Arbeitsgruppe hat dabei jeweils einen Vorsitzenden aus dem CDU- und aus dem SPD-Lager. Die Arbeitsgruppen sind deutlich mit Vertretern der Landespolitik besetzt. So leitet Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gemeinsam mit Wolfgang Schäuble (CDU) die Arbeitsgruppe Finanzen. Aber auch Vertreter aus dem Europäischen Parlament sollen ein Wort mitreden dürfen – Herbert Reul, seines Zeichens Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, sowie Martin Schulz (SPD), Präsident des Europäischen Parlaments, sitzen beim Thema Bankenregulierung mit am Tisch.

Eine ganz deutliche Weichenstellung lässt sich aus der Einteilung der Arbeitsgruppen ablesen: Dies sind die ersten Koalitionsverhandlungen, in denen dem Bereich Energie eine eigene Arbeitsgruppe gewidmet wird (wir finden: zu Recht!). Ob sich daraus wirklich ableiten lässt, dass es künftig ein Energieministerium geben wird? Kann sein – aber genauso wahrscheinlich ist, dass die Energieressorts in das Wirtschaftsministerium eingegliedert werden, quasi nach dem Vorbild Bayerns. Oder aber ein Koordinator für Energie im Bundeskanzleramt wird benannt und ein parlamentarischer Ausschuss für Energie im Bundestag gegründet … Die Verhandlungsführung liegt nun in den Händen der Arbeitsgruppenvorsitzenden Peter Altmaier (CDU) und Hannelore Kraft (SPD), die jeweils ihre Duftnoten hinterlassen werden.

Koordiniert werden die Arbeitsgruppen übrigens durch die so genannte Steuerungsgruppe. Diese besteht aus den Generalsekretären der potenziellen Koalitionsparteien (Hermann Gröhe für die CDU, Alexander Dobrindt für die CSU und Andrea Nahles für die SPD) sowie dem Chef des Bundeskanzleramts, Ronald Pofalla und dem SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Ziel von CDU/CSU und SPD ist es, in einer zweitägigen Klausurtagung am 26./27. 11. die Koalitionsverhandlungen zum Abschluss zu bringen und einen tragfähigen Koalitionsvertrag auf die Beine zu stellen, so dass vielleicht schon am 17.12. der Bundeskanzler bzw. natürlich die Bundeskanzlerin gewählt werden kann (früher wird es kaum klappen). Anschließend könnte noch vor Ende des Jahres der Bundespräsident die Minister ernennen. Davor stehen mindestens noch zwei weitere wichtige Termine an: am 14./15.11 der SPD-Parteitag in Leipzig, am 22.11. der CSU-Parteitag in München und vielleicht noch der „kleine Parteitag“ im CDU-Bundesausschuss. Als größte Unbekannte gilt, wie  die 470.000 SPD-Mitglieder über die große Koalition entscheiden.

Schön und gut, werden Sie sich denken: Aber wann können wir denn mit arbeitsfähigen und ansprechbaren Strukturen in der neuen Bundesregierung rechnen? Geduld, Geduld: Bis dahin werden wir wohl das Jahr 2014 schreiben.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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