Eltern haften für ihre Kinder – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

(c) Martin Beckmann

Technik-affine Minderjährige sind oftmals wahre Meister im Raubkopieren urheberrechtlich geschützter Inhalte, insbesondere beim illegalen Herunterladen von Musik. Für Eltern wird es nicht einfacher, ihren Kindern Verhaltensregeln im Umgang mit Urheberrechten Dritter zu vermitteln, wenn immer Raubkopien im Internet ohne großen Aufwand zu bekommen sind. Andererseits sollte die wirksame Abwehr von Urheberrechts-verletzungen Priorität haben und bei Minderjährigen faktisch nicht leer laufen, indem weder Eltern noch Kinder haften.

Deshalb überrascht das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zum Thema Aufsichtspflicht von Eltern für ihre minderjährigen Kinder nach § 832 Abs. 1 BGB. Denn der oberste Gerichtshof entfernt sich weit von den strengen Anforderungen der Oberlandesgerichte und nimmt keine regelmäßige Kontrollpflicht der Eltern an bei der Frage, ob Eltern für Urheberrechtsverletzungen Minderjähriger haften.

Erst kürzlich hatte das OLG Köln in einem Fall illegaler Musikdownloads noch entschieden (Az. 6 U 67/11, 23.03.2012), dass die Aufsichtspflicht der Eltern nicht nur dazu dient, das minderjährige Kind vor Schäden am eigenen Leib zu bewahren, sondern auch dazu, zu verhindern, dass es in altersbedingter Unachtsamkeit oder Unreife in Urheberrechte Dritter eingreift. Daraus leite sich ab, wie weit die Aufsichtspflicht reicht: Eltern, die ihre Kinder das Internet allein ohne ihre Anwesenheit nutzen lassen, müssen sie regelmäßig verschärft beaufsichtigen. Insbesondere müssen die Eltern spezifische Vorkehrungen treffen, um die Teilnahme der Kinder an illegalen Tauschbörsen zu verhindern. Die Installation einer Firewall und eines Passwortes gehören ebenso zu den elterlichen Pflichten wie monatliche stichprobenartige Kontrollen, um der Haftung nach § 832 BGB zu entgehen.

Der BGH hat in der aktuellen Revisionsentscheidung zum Urteil des OLG Köln die Eltern entlastet und erklärt, dass die Eltern ihrer Aufsichtspflicht bereits dadurch genügen, dass sie einem in der Regel gehorsamen Kind das Verbot der rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen erläutern und verständlich machen. Solange keine Anzeichen dafür vorliegen, dass das Kind im Internet Urheberrechte verletzt, müssen Eltern die Internetnutzung ihrer minderjährigen Kinder weder stichprobenartig kontrollieren noch entsprechende Sperrvorrichtungen installieren.

Aus Sicht der Urheber ist diese Entscheidung zu bedauern: Offenbar sollen an sich selbstverständliche Kontrollpflichten der Eltern erst greifen, wenn es bereits zu womöglich massiven Verletzungen von Urheberrechten gekommen ist und somit die Eltern quasi „vorgewarnt“ sind, zukünftig ihre Kinder strenger zu kontrollieren.

Ansprechpartner: Stefan Wollschläger/Nils Langeloh

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