Vorsicht Schwelle! Neues zum Vergaberecht

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Einen anderen über die Schwelle zu tragen, ist eine schöne Sache im Leben. Im Vergaberecht ist das Ober- und Unterhalb der Schwelle viel interessanter: Gemeint ist die Schwelle des Werts eines öffentlichen Auftrags. Von ihm hängt nämlich ab, welchen Rechtsnormen eine öffentliche Vergabe unterliegt. Die Schwellenwerte sind derzeit auf

  • 5,225 Mio. Euro für Bauaufträge,
  • 209.000 Euro für Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Nichtsektorenbereich bzw.
  • 418.000 Euro im Sektorenbereich sowie
  • 135.000 Euro bei obersten Bundesbehörden

festgesetzt.

Wie öffentliche Aufträge unterhalb dieser EU-Schwellenwerte vergeben werden, regelt zukünftig die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO), die bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen die bisherige Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – Teil A (VOL/A) ersetzt. Zwar ist die UVgO bereits am 7.2.2017 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden, aber noch nicht in Kraft getreten. Da es sich hier nicht um eine Rechtsverordnung, sondern um eine Verfahrensordnung handelt, muss die Regelung zunächst durch Bund und Länder haushaltsrechtlich umgesetzt werden. Dies passiert durch eine Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 55 der Bundeshaushaltsordnung bzw. durch entsprechende landesrechtliche Regelungen.

Flexibler und einfacher sollen die Regeln bei kleineren öffentlichen Aufträgen zukünftig sein. Anwenderfreundlich ist, dass sie sich strukturell an der neuen Vergabeverordnung (VgV) orientieren, die den Oberschwellenbereich regelt (soweit nicht die Versorgungssektoren der Sektorenverordnung (SektVO) betroffen sind). Bürokratie soll abgebaut, gleichzeitig Wettbewerb und Transparenz gestärkt werden, indem die Digitalisierung auch in die öffentliche Auftragsvergabe Einzug erhält. Im Zuge der E-Vergabe müssen Auftraggeber künftig öffentliche Aufträge im Internet bekannt machen und den Unternehmen ermöglichen, die Vergabeunterlagen kostenfrei abzurufen. Ab 2019 soll schließlich auch die Bieterseite digitalisiert werden: Bewerbungen erfolgen dann grundsätzlich nur noch elektronisch.

Aber auch im Bereich oberhalb der Schwellen hat sich einiges getan. Anstelle des ehemaligen 2. Abschnitts VOL/A und der Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen (VOF) wird der Oberschwellenbereich seit dem 18.4.2016 nun einheitlich durch eine neue VgV geregelt, während die SektVO weiter ausdifferenziert wurde. Die Vergaberechtsreform 2016 (wir berichteten) war nicht nur deshalb notwendig gewesen, um unter anderem die EuGH-Rechtsprechung zu In-House-Geschäften oder Vertragsänderungen umzusetzen, sondern auch um die elektronische Vergabe und neue Verfahrensarten zu berücksichtigen.

Auch Konzessionen, namentlich Dienstleistungskonzessionen, sind nunmehr mit der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) umfänglich dem Vergaberecht unterstellt (wir berichteten), wobei es hier eine Reihe von Ausnahmen gibt. Und für unterschwellige Konzessionen gilt die neue UVgO übrigens nicht.

Ansprechpartner: Dr. Roman Ringwald/Dr. Sascha Michaels

PS: Sie interessieren sich für das Thema, dann schauen Sie gern hier und in dieses Fachbuch.

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