Fracking doch zulässig? Wirtschafts- und Umweltministerium einigen sich auf Eckpunkte

(c) BBH
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Ist Fracking gefährlich oder die Lösung aller unserer Energieprobleme? Darüber wird auf der ganzen Welt gestritten. Welche Zukunft die umstrittene Technologie in Deutschland hat, darüber haben die Bundesministerien für Wirtschaft (BMWI) und Umwelt (BMUB) jetzt zumindest teilweise Klarheit geschaffen. Am 4.7.2014 haben die beiden Ministerien in einem Schreiben an die Mitglieder der SPD-Fraktion im Bundestag Eckpunkte für ein Fracking-Gesetz vorgestellt.

Fracking bedeutet, Wasser, Sand und unterschiedliche – teilweise toxische – Chemikalien unter hohem Druck in tiefe Gesteinsschichten zu pressen, um im Gestein festsitzende Gase zu Tage zu fördern. Die sog. Frackflüssigkeit wird in ein Bohrloch gepumpt und verdichtet sich in kleinen Gesteinsrissen bzw. sprengt diese frei. Der Sand hält die Risse offen, so dass das Gas durch das Bohrloch gefördert werden kann. In Deutschland gibt es schätzungsweise ca. 2,3 Bill. m3 gewinnbares Schiefergas, womit die Bundesrepublik Deutschland nach unterschiedlichen Schätzungen für 10 oder gar 20 Jahre versorgt wäre. Dieses enorme wirtschaftliche Potential weckt freilich Interesse an der Ausbeutung. Auf der anderen Seite bestehen wegen der gefährlichen Chemikalien viele Ungereimtheiten bezüglich der Risiken für die Natur, insbesondere für das Grundwasser, so dass Kritiker ein Verbot von Fracking fordern (wir berichteten am 4.3. sowie am 10.6.2013).

Das vorgestellte Papier sieht vor, Frackingvorhaben oberhalb von 3.000 m zu verbieten – mit einer Ausnahme: Fracking zu Forschungszwecken. Das bereits seit Mitte der 1960er Jahre eingesetzte Tight-Gas-Fracking (auch konventionelles Fracking) bleibt von den Neuregelungen unberührt. Wassergefährdende Stoffe zu verwenden, wird generell verboten, und innerhalb von Wasserschutzgebieten, Heilquellenschutzgebieten, Einzugsbereichen von Talsperren und Seen, die unmittelbar der Trinkwassergewinnung dienen, ist ohnehin kein Fracking erlaubt. Fracking-Anlagen innerhalb von Naturschutzgebieten sowie Natura-2000-Gebieten zu errichten ist untersagt. Das soll künftig auch für Trinkwassergewinnungsgebiete gelten, wobei den Bundesländern die Möglichkeit weiterer Gebietsausweisungen eingeräumt werden soll. Im Falle von Schäden wird die Beweislast hierfür den Unternehmen zugewiesen, es gilt der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz (Schäden bei Wasserentnahmestellen müssen ausgeschlossen werden).

Neben diesen Maßnahmen sieht der Eckpunkteplan ferner Auflagen für Frackingvorhaben vor. So bedarf es immer einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die auch das Offenlegen der Inhaltsstoffe der Frackflüssigkeit erfordert. Diese Offenlegung im Rahmen der UVP ist seit Jahren Zankapfel, weil hier die Interessen der Firmen (Geschäftsgeheimnisse) tangiert werden. Was das Gesetz genau vorschreiben wird und was alles offengelegt werden muss, ist daher für die Branche von großer Bedeutung. Das gilt auch für den generellen Ablauf der UVP, der in dem Eckpunkteplan noch nicht umrissen ist. Ein Ausgangszustandsbericht sowie Grund- und Oberflächenwassermonitoring sollen vorgeschrieben werden. Rückflüsse sowie die Bohrlochintegrität werden kontinuierlich überprüft. Per Verordnung soll künftig ein öffentliches Stoffregister und eine Berichtspflicht an die zuständige Behörde eingeführt werden. Außerdem soll das Gesetz auch Regelungen bezüglich zurückgeförderter Frackflüssigkeit sowie des Lagerstättenwassers umfassen.

Der Schutz der Gesundheit der Bürger und des Grundwassers steht im Mittelpunkt des vorgestellten Eckpunkteplans und wird in dem Schreiben an die Fraktion als primäres Ziel der Gesetzesinitiative genannt. Es wird aber auch eingeräumt, dass es keine bzw. kaum Erfahrungen mit Schiefer- und Kohleflözfracking gibt, so dass nicht abschätzbar ist, ob und welche negativen Auswirkungen entstehen. Kritisch ist auch, dass der Plan keine Bürgerbeteiligung bei der Genehmigung von Frackingvorhaben vorsieht. Im Ergebnis ist der Eckpunkteplan dennoch zu begrüßen, da die Ministerien hier die Besorgnis der Allgemeinheit ernst genommen und einen Kompromiss zwischen wirtschaftlichen Interessen sowie dem Umwelt- und Gesundheitsschutz gefunden haben. Der Eckpunkteplan ist jedoch sehr vage formuliert, so dass mit Spannung auf den Gesetzesvorschlag (nach der Sommerpause avisiert) gewartet werden kann. Wir werden Sie auch zukünftig auf dem Laufenden halten.

Ansprech­part­ner: Dr. Olaf Däu­per/Daniel Schie­bold/Dr. Erik Ahnis

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