Herausnahme der Wasserversorgung aus der neuen Konzessionsvergaberichtlinie – Fluch oder Segen?

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Das Europaparlament hat die neue Konzessionsvergaberichtlinie verabschiedet. Jetzt fehlt nur noch die formale Zustimmung des Rates, dann tritt sie 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt (voraussichtlich im Februar/März 2014) in Kraft. Danach haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Nach langen politischen Diskussionen ist für die Wasserversorgung mit dem Art. 12 des Richtlinientextes (in der Entwurfsfassung noch Art. 9a) eine Bereichsausnahme geschaffen worden.

Im Grundsatz ist diese Ausnahme für einen Teil des Regelungsrahmens der neuen Richtlinie zu begrüßen. Dies gilt insbesondere für die Verschärfungen bei der Vergabe von Wasserkonzessionsverträgen. Die Anforderungen an das formelle Vergabeverfahren gelten nunmehr künftig – wenn auch nicht im gleichen Maße wie für Bau-, Dienstleistungs- und Lieferaufträge – auch für Dienstleistungskonzessionen. Dies hätte für Kommunen, die Wasserkonzessionsverträge vergeben möchten, zu wesentlich mehr Bürokratie – aber auch zu mehr Rechtssicherheit – bei der Gestaltung von Vergabeverfahren geführt.

Allerdings ist nicht zu vernachlässigen, dass auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur In-house-Vergabe und interkommunalen Zusammenarbeit – also zu den wichtigsten Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht – Eingang in die Richtlinientexte gefunden hat und vom europäischen Gesetzgeber in einigen Punkten sogar aufgeweicht wurde. Dies betrifft z. B. die Schwelle, ab der das so genannte Wesentlichkeitskriterium bei der In-house-Vergabe erfüllt ist – nach der Richtlinie dann, wenn der Auftragnehmer mehr als 80 Prozent seiner Tätigkeiten für den Auftraggeber ausübt. Bislang lag diese Schwelle nach der Rechtsprechung des EuGH bei 90 Prozent.

Streng genommen gelten diese positiven Veränderungen durch die Bereichsausnahme nicht für die Wasserversorgung. Vielmehr findet bei der Vergabe von Wasserkonzessionsverträgen weiterhin die derzeitige und insoweit nachteiligere Rechtsprechungslinie des EuGH Anwendung. Selbstverständlich ist nicht auszuschließen, dass der EuGH, sollte er sich mit der entsprechenden Thematik im Wasserbereich befassen, seine Rechtsprechung an den Richtlinientext anpasst. Wann und ob dies so sein wird, bleibt allerdings abzuwarten. Bis dahin gilt grundsätzlich die bisherige Rechtslage fort – sofern man nicht argumentiert, der europäische Gesetzgeber habe mit den Bestimmungen zur In-House-Vergabe, die sich parallel auch in der zeitgleich angepassten Vergaberichtlinie und Sektorenrichtlinie finden, diese Ausnahme von der Vergabepflicht unabhängig vom konkreten Anwendungsbereich der einzelnen Richtlinien umfassend regeln wollen. Jedenfalls führt die Bereichsausnahme – anders als dies in der Öffentlichkeit teilweise wahrgenommen wird – nicht dazu, dass Wasserkonzessionsverträge zukünftig stets ohne vorheriges Auswahlverfahren abgeschlossen werden könnten. Vielmehr muss der Konzessionär, sofern keine Ausnahme greift, weiterhin transparent und diskriminierungsfrei ausgewählt werden.

Daher wäre letztendlich die zunächst vorgesehene Kompromissfassung, die vor allem auf Initiative der deutschen Wasserwirtschaft in den Richtlinienentwurf hineinverhandelt worden war, die bessere Lösung gewesen. Denn diese sah für den Wasserbereich Ausnahmen von der Vergabepflicht vor, die über die Absenkung der Schwelle für das Wesentlichkeitskriterium auf 80 Prozent noch wesentlich hinausgingen.

Politisch war es sicher ein Erfolg, den Wasserbereich aus der neuen Konzessionsvergaberichtlinie herausgehalten und so die kommunale Daseinsvorsorge ohne vordergründige Gewinninteressen gesichert zu haben. Rechtlich jedoch fällt das Urteil weniger eindeutig aus.

Ansprechpartner: Daniel Schiebold/Dr. Sascha Michaels/Jana Siebeck

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