Die EnWG-Reform, Teil 4: Intelligente Regeln für intelligente Zähler und Netze

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Das Energiewirtschaftsgesetz wird novelliert. Wir zeigen, was der Gesetzgeber plant und was von der Reform zu halten ist. Teil 4 der Serie: Wie der Wechsel zu intelligenten Strom- und Gaszählern gelingt.

Intelligente Netze, die den Stromverbrauch in Abhängigkeit der Produktion (insbes. Erneuerbarer Energien) steuern können, setzen intelligente Zähler voraus: Messsysteme, die nicht nur erfassen, wie viel Strom verbraucht wird, sondern auch die Nutzungszeit anzeigen und bidirektional kommunizieren können. Die EnWG-Reform verfolgt das Ziel, solche Smart-Metering-Systeme flächendeckend zu etablieren.

Daran gibt es im Prinzip nichts auszusetzen. Allerdings wird die Umsetzung der neuen Vorschriften viel Geld kosten. Diese Zusatzkosten müssen bei der Entgeltregulierung berücksichtigt werden – denn insbesondere die Verteilernetzbetreiber müssen die neue Technik „in die Fläche“ bringen. Das sollte in den relevanten Verordnungen verankert werden, um den Regulierungsbehörden eine belastbare Handlungsgrundlage zu geben.

Das eigentliche Problem im Bereich Zähler- und Messysteme liegt im Grundsätzlichen: Der Gesetzgeber sollte die Entscheidung, diesen Bereich zu liberalisieren, überdenken und die Verantwortung für Messstellenbetrieb und die Erfassung der Ein- und Ausspeisedaten, allein in die Hand der Verteilernetzbetreiber legen. Der Wettbewerb um Kunden mit Energietarifen macht Sinn. Der Wettbewerb um einzelne Messstellen blockiert lediglich den flächendeckenden Ausbau intelligenter Messtechnik – denn dieser muss „straßenzugweise“ und einheitlich erfolgen, ansonsten entstehen immense Mehrkosten.

Mehr Verantwortung vor Ort

Auf die Verteilernetzbetreiber kommt es auch an, wenn das Potential lokaler Energiestrukturen effizient ausgeschöpft werden soll. Sie müssen als aktive Akteure mehr Systemverantwortung übernehmen. Die müssen die Ein- und Ausspeisungen der lokalen Energieerzeuger und –verbraucher lastoptimal managen können.

Dazu gehört auch, dass sie ein umfassendes Informations- und Datenportal über lokale Ein- und Ausspeisungen bereitstellen. Und das wiederum erfordert ein Umsteuern bei der Liberalisierung des Zähler- und Messwesens: Dem Verteilernetzbetreiber muss die alleinige Verantwortung für das Zähler- und Messwesen eingeräumt werden. Die derzeitigen liberalen Marktstrukturen führen zu einer ineffizienten, zeitverzögerten und fehlerhaften Datenkommunikation, die insbesondere nicht den Anforderungen einer intelligenten Systemoptimierung gerecht werden.

Der Teufel im Detail

Was die Einzelregelungen zum Smart Metering betrifft, so gibt es an mehreren Punkten Nachbesserungsbedarf:

  • Nach § 21b Abs. 4 EnWG-E kann künftig auch der Anschlussnehmer den Messstellenbetreiber auswählen, wenn die Anschlussnutzer einverstanden sind. Hier sollte klargestellt werden, dass dieses Einverständnis schriftlich erklärt und im Zweifel vom Anschlussnehmer nachgewiesen werden muss.
  • § 21c EnWG-E schreibt künftig den Einbau intelligenter Zähler vor; bei Altbauten muss dies allerdings „wirtschaftlich vertretbar“ sein – was nach Abs. 2 dann der Fall ist, wenn dem Nutzer keine Mehrkosten entstehen. Problem dabei: Der Netzbetreiber rechnet die Kosten für den Einbau nicht mit dem Anschlussnutzer, sondern im Regelfall mit dessen Lieferanten ab. Was dieser wiederum seinen Kunden in Rechnung stellt, kann der Netzbetreiber nicht beeinflussen. Daher sollte hier klargestellt werden, dass nur „unmittelbare Mehrkosten“ erfasst sind.
  • In § 21d EnWG-E versucht sich der Gesetzgeber an einer Definition des Begriffs Messsystem, stiftet dabei aber mehr Verwirrung als Nutzen. Die Definition sollte sich lieber auf die Vorgaben der EU-Kommission (Ziff. 4.7) stützen.
  • Datenschutz ist von entscheidender Bedeutung, damit Smart Metering von den Nutzern auch angenommen wird. Die Regelung dazu in§ 21e EnWG-E muss aber verhältnismäßig bleiben: Das gilt insbesondere in der Frage, wann bereits eingebaute Geräte, die den jetzt errichteten Anforderungen nicht genügen, ausgetauscht werden müssen. § 21e Abs. 5 EnWG gewährt Geräten, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes bereits eingebaut sind, bis Ende 2013 bzw. bis zum Ablauf der Eichfrist Bestandsschutz. Das bedeutet aber dennoch einen enormen Kraftakt und einen unsystematischen Austausch der vorhandenen Messeinrichtungen. Besser wäre es, den „Roll-Out“ in die Kompetenz der Netzbetreiber zu legen und nur bestimmte Ausbauziele festzulegen. Außerdem ist absehbar, dass die dem neuen EnWG nachfolgenden Regelungen in Rechtsverordnungen und in Festlegungen technische Anforderungen an Messgeräte und –systeme festschreiben werden. Dies wird jedoch erst zeitversetzt erfolgen können, so dass die dann schon bestehende Einbaupflicht umgesetzt werden muss, bevor der Markt weiß, was technisch von ihm erwartet wird. Ein konsistentes, abgestimmtes Vorgehen ist unbedingt vorzugswürdig.

Ihre Ansprechpartner:
zum Stand der EnWG-Novelle u.a.: Prof. Christian Held
zum Smart-Metering: Dr. Christian de Wyl/Dr. Jost Eder/Jan-Hendrik vom Wege

Vertiefende Literatur finden Sie z.B. hier.

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